Foto: 123RF
Die deutschen Kaffeetrinker schwanken zwischen zwei Extremen: entweder soll der Kaffee schnell gehen oder sie nehmen sich besonders viel Zeit für die Zubereitung.
„Deutschland ist ein Kaffeetrinkerland“, sagt Isabell Eikel, Senior PR Manager bei Melitta im Geschäftsbereich Kaffee. Denn das schwarze Heißgetränk ist das am meisten konsumierte Getränk in Deutschland. 2014 lag sein Pro-Kopf-Konsum bei 162 Litern und hat so wiederholt Heil- und Mineralwasser (144 Liter) sowie Bier (107 Liter) auf die hinteren Ränge verwiesen. Auf den Rohstoff umgerechnet waren das 441.000 Tonnen Röstkaffee und 19.890 Tonnen löslicher Kaffee, wovon 85 Prozent (373.750 Tonnen Röstkaffee, 16.550 Tonnen löslicher Kaffee) im LEH verkauft wurden. Der Rest fiel auf den Außer-Haus-Markt.
Entwicklung im Kaffeemarkt
Der Markt profitiert derzeit von zwei gegensätzlichen Trends. „Auf der einen Seite haben wir Verbraucher, die ihren Kaffee schnell und unkompliziert genießen möchten. Andere zelebrieren die Zubereitung ihres Kaffees regelrecht“, sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes (DKV). Das zeigt sich an den Absatzzahlen der einzelnen Segmente, die der DKV jüngst für 2014 veröffentlicht hat. So waren die Kapselsysteme erneut das Zugpferd für die Einzelportionen, die die einfache und portionsgerechte Zubereitung von Kaffee widerspiegeln. Zudem haben die ganzen Bohnen zugelegt, die für Espresso, als Basis für Caffè Latte, Latte Macchiato und Cappuccino im Vollautomaten oder in einer Siebträgermaschine gebraucht werden. Gemahlener Röstkaffee war zwar rückläufig, bleibt aber in Form von Filterkaffee trotzdem die Nummer 1 unter den Kaffeezubereitungen.
Filterkaffee: Zubereitung per Hand
Insgesamt stellt der DKV fest, dass die Deutschen dem Filterkaffee wieder eine stärkere Wertschätzung entgegenbringen als früher – was die Markenröster nur bestätigen können. „Third wave of coffee ist das Schlagwort“, erklärt Frank Hilgenberg, Geschäftsführer bei J.J.Darboven. Der Begriff „Dritte Welle“ beschreibt die derzeitige Kaffee-Epoche, bei der es den Verbrauchern wieder um Rückbesinnung, Geschmacksvielfalt und Qualität geht. Plötzlich interessiert man sich wieder für das Produkt. „Wie bei einem guten Wein möchte der Verbraucher mehr wissen: Wo und wie er angebaut, geerntet und aufbereitet wurde bis hin zur Bauart des Rösters“, erklärt Simone Werle, Leiterin der Pressestelle bei Alois Dallmayr. Auch die Zubereitung von Filterkaffee bekommt immer mehr Bedeutung. Aber: „Hier geht es weniger um die Zubereitung mit elektrischen Filterkaffeemaschinen, als um klassische Handfiltermethoden“, stellt Frank Hilgenberg klar. Abgeschaut haben sich die Verbraucher das in den Städten, wo sich eine steigende Anzahl an Bars und Cafés auf die manuelle Zubereitung spezialisiert hat. „Wir merken den Trend durch den verstärkten Absatz von ganzen Bohnen und den nötigen Utensilien wie zum Beispiel Hand-Kaffeefilter“, sagt Arndt Liedtke, Director Corporate Communications bei Tchibo.
Kaffeekapseln weiter im Trend
„Neben dem Equipment, Geschick und Können erfordert Handarbeit bei der Kaffeezubereitung aber vor allem eines: Zeit“, weiß Holger Preibisch. Weil über die aber immer weniger Menschen verfügen, sind sich die Röster sicher, dass die positive Entwicklung zu coffee-on-demand und den Einportionensystemen bis auf weiteres anhalten wird. „Dem Euromonitor zufolge wird sich die Entwicklung im Kaffeekapsel-Segment mit einer Wachstumssteigerung von über 50 Prozent im Zeitraum 2013 bis 2018 fortsetzen“, sagt Dirk Friedrichs, Corporate & Governmental Affairs Manager bei Jacobs Douwe Egberts (JDE). Außerdem wird J.J.Darboven zufolge die Begeisterung der Deutschen für hochwertige Kaffeequalitäten, fair gehandelten Kaffee bzw. Direct Trade Produkte sowie helle und mittlere Röstungen anhalten.
Tipps zur Vermarktung von Kaffee
Der Handel hat nun die spannende Aufgabe, diese Trends auf der Verkaufsfläche abzubilden und so eine möglichst große Spanne an Kunden anzusprechen. Die Markenröster haben zahlreiche Tipps, wie das optimal gelingen kann. Einmal spielen Innovationen dabei eine wichtige Rolle. „Spannende Neuheiten sorgen bei den Verbrauchern immer wieder für neue Kaufanreize“, sagt Dirk Friedrichs von JDE. Ihnen sollte der Händler deshalb zügig einen angemessenen Platz einräumen. Eine weitere wichtige Rolle spielen Promotions, optimal als Aufbau im Hauptkundenlauf des Marktes. Das können zum Beispiel Überfüllerpromotions und Zugabeaktionen sein, die sich bei Melitta bewährt haben, oder Verkostungen, die Tchibo zufolge vor allem bei Neuprodukten sinnvoll sind. Außerdem lässt sich mit Promotions die Aufmerksamkeit des Kunden geschickt steuern. J.J.Darboven empfiehlt, darüber den Fokus auf besondere Kaffeequalitäten oder nachhaltige Fairtrade-zertifizierte Produkte zu legen. Für Premiumkäufer muss das Sortiment hochwertig, interessant und abwechslungsreich gestaltet sein. Dabei gilt: „Lieber mehr Varianten von wenigen Topmarken als von möglichst vielen Marken jeweils nur einen oder zwei Artikel. Sonst verliert der Kunde den Überblick“, sagt Simone Werle. Zu guter Letzt sollte sich der Handel den emotionalen Wert des Artikels zunutze machen. Kaffee hat nämlich im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln einen großen Vorteil. „Mit optischen Highlights kann man Lust auf das Produkt machen und den Appetit anregen. Dann spürt der Konsument den Duft förmlich in der Nase“, sagt Holger Preibisch. Eyecatcher sind beispielsweise große Tafeln oder Hängeschilder über den Regalen.