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Wirtschaft und Gesellschaft erleben gerade einen fundamentalen Wertewandel. Marken von morgen gestalten diesen Wandel mit. Was das für Branding und Markenkommunikation bedeutet.
Wertewandel in Richtung Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Wir-Kultur
In einer Welt, die sich fundamental verändert und die Digitalisierung alle Räume des öffentlichen und privaten Lebens durchdringt, nimmt auch die Rolle von Marken und Marketing eine grundlegend neue Form an. Das hat nicht zuletzt die Corona-Krise deutlich vor Augen geführt. Insbesondere zwei grosse Veränderungen stellen Marken dabei vor einige Herausforderungen: komplexe digitale, neue Kommunikationsmöglichkeiten und ein grundlegender Wertewandel in Richtung Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Wir-Kultur. Auf dieser Basis fokussiert das Frankfurter Zukunftsinstitut in der Studie «Transforming Brands», was passiert, wenn Marken und Marketing auf die Megatrends der Digitalisierung und Neoökologie treffen. Ziel ist es, Marken und damit natürlich auch die Markenkommunikation für die Zukunft fit zu machen. Die Marken von morgen werden dabei zu Gestaltern des Wandels und übernehmen zunehmend gesellschaftliche Verantwortung.
Verschmelzung von Kommerz, Unterhaltung und Social Media
Die fortschreitende Vernetzung sorgt dafür, dass Kommunikationsmöglichkeiten und -kanäle kontinuierlich verändert und erweitert werden – dies führt zu einer stetig zunehmenden Unübersichtlichkeit. Parallel dazu treiben heranwachsende Konsumenten wie insbesondere die Generation Z (nach 1995 geboren) die Verschmelzung von Kommerz, Unterhaltung und Social Media rapide voran. Komplexe Lebensstile treten an die Stelle demografischer Segmentierung von Zielgruppen. Es wird schwerer, Marktpotenziale einzuschätzen, zu erforschen und Kundengruppen passgenau anzusprechen. Gleichzeitig erwarten die Studienautoren in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auch einen kollektiven Wertewandel in der Gesellschaft. Die Bedürfnisse der Menschen wandeln sich – der Wunsch nach individueller Abgrenzung tritt zurück hinter dem – durch Corona forcierten – wachsenden Bedürfnis nach Gemeinschaft. Aus dem Ich-Kult wird eine Wir-Kultur, die sich auch bereits in Begrifflichkeiten wie Co-Working, Co-Living etc. widerspiegelt und neuartige Formen gemeinschaftlicher Lebenskonzepte benennt.
Neue Wertschöpfungskonzepte
Diese Umbrüche kratzen auch am Image der grossen, etablierten Marken und der Global Player: Nach einer Analyse des Wirtschaftsberatungsunternehmens A.T. Kearney wäre es vielen Verbrauchern
egal, wenn drei Viertel aller Marken einfach verschwänden. Schwindende Markentreue, vor allem in den jüngeren Generationen, erklärt sich aus Sicht des Zukunftsinstituts auch daraus, dass wir in einer Zeit der
Markenüberflutung leben, in der ständig neue Produktmarken aus dem Boden schiessen und spezielle Bedarfsräume sehr schnell und punktgenau besetzen. Diese wachsende Reizüberflutung durch Marken und Markenbotschaften auf unterschiedlichsten Kanälen führe zu immer mehr Skepsis und Genervtheit der Konsumenten – und zu einer wachsenden Immunität gegen diese Botschaften und Werbeversprechen.
Zentral für die Markenführung von morgen muss es dagegen laut Studienautor Christian Schuldt sein, der Marke neue Wertschöpfung zu verleihen – jenseits der maximalen Profitorientierung –, und eine Plattform für Resonanz und nachhaltigen Beziehungsaufbau zu bieten – statt auf Daueransprache und Pseudo-Problemlösungen zu setzen. Künftig geht es nicht mehr primär um Produkte und Preise, um das Denken in Kundensegmenten, sondern um Sinnstiftung, Integrität und Verantwortung, um die aktive Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen.
Interessant für Markenkommunikation - Micro-Influencer
Social Media bieten grosse Chancen, um mit Menschen in Beziehung zu treten – wenn man es richtig angeht. Influencer, die bereits eigene Communities im Netz aufgebaut haben, sind in vielen Unternehmen als Markenbotschafter auf Instagram & Co. bereits gang und gäbe in der Markenkommunikation. Dass sie ein klares Profil und eine inhaltliche Verbindung zur Zielgruppe beziehungsweise zu bestimmten Lebensstilen haben müssen und glaubwürdig für die Community sind, versteht sich mittlerweile von selbst. Bislang mass sich der Wert dieser Influencer vor allem an einer möglichst hohen Zahl an Followern. Immer interessanter für die Markenkommunikation werden seit einiger Zeit aber die sogenannten Micro-Influencer. Sie haben zwar weniger Follower – aber dafür umso engagiertere, die ein viel höheres Potenzial an Nähe und Identifikation bieten. Gemeinsame Interessen, Haltungen und Werte sind dabei die Basis solcher Communities. Tauschen sich Follower einer Marke intensiv über Produkte und Markenwerte aus und helfen sich gegenseitig, entstehen so Gruppendynamik und aktive Interaktion, die eine positive Meinungsbildung fördern und damit entscheidend den Erfolg des Community-Marketings beeinflussen. Wichtig ist, dass diese Marken-Communities auch den Freiraum haben, etwas zur Marke beizutragen und sie weiterzuentwickeln. Die Resonanzbeziehungen sind dabei wechselseitig, sowohl zwischen Konsumenten und
Unternehmen als auch zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Community.