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Der Lebensmitteleinkauf im Internet nimmt langsam Fahrt auf. Von Seiten der Anbieter gibt es kreative Ansätze, aber nur wenige ausgereifte Sortiments- und Logistikkonzepte.
Der Einkauf von Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs im Netz findet immer mehr Interessenten, vor allem bei Verbrauchern in den Metropolen und Großstädten der Republik. Bisher ist das Volumen im Bereich der tagesaktuellen Belieferung noch sehr überschaubar mit einem Anteil von gerade mal einem Prozent am Gesamtumsatz. Doch der gerade erfolgte Einstieg von Amazon in dieses Geschäft dürfte die schon aktiven Branchenwettbewerber unter Zugzwang setzen; wobei allerdings angesichts des enorm dichten Supermarktnetzes und der hohen Preissensibilität der Verbraucher in Deutschland der Start in diesen Markt selbst für den Internet-Riesen riskant bleiben dürfte.
Vieles im Teststadium
Das EHI Retail Institute hat Ende 2016 in einer Studie den Status quo von Home Delivery erforscht. Dabei wurden 35 Vollsortimenter näher betrachtet, die eine Lieferung mit frischen und kühlpflichtigen Lebensmitteln bieten und bei denen der Kunde mit seiner Bestellung weitgehend den Wocheneinkauf tätigen kann. Danach hält sich der Komfort dieser Online-Shops derzeit in Grenzen – etwa was die Nutzerfreundlichkeit der Online-Shops hinsichtlich Sortiment oder Auswahl eines Zeitfensters angeht. Es gäbe durchaus kreative Konzepte wie etwa die Filterung nach verschiedenen Ernährungsformen wie glutenfrei oder vegetarisch, die Spezialisierung auf regionale Produkte, eine umweltschonende Distribution per Fahrrad oder Elektrofahrzeuge, aber die einheitliche Linie fehle, kommentieren die EHI-Handelsforscher die Ergebnisse.
Herausforderung Logistik
Frische und Internet erfolgreich zu vereinen, sei für viele Händler ein echter logistischer Kraftakt, auch in finanzieller Hinsicht, unterstreicht Professor Dr. Christian Kille, Professor für Handelslogistik an der Hochschule Würzburg. Eigenständige Konzepte müssten her, die überzeugende Lösungen zu vielen Fragen lieferten: Distribution regional – oder bundesweit? Selber machen oder externe Dienstleister beauftragen? Die Ware im Laden kommissionieren – oder zentral in einem Lagerhaus? Kille verweist darauf, dass sich die Kommissionierung der bestellten Waren in einer nicht dafür ausgelegten Filiale sehr viel schwieriger gestalte als in einem Lager, das auf die notwendigen Prozesse effizienter ausgerichtet sei. Zudem erfordere die Filial-Kommissionierung eine häufigere Belieferung der Filiale mit Ware; dies führe unter anderem zu einem erhöhten Verkehrs- und Paketaufkommen. Entstehende Verkehrsspitzen zu bestimmten Tages- und Wochenzeiten müssten bewältigt werden, einschließlich der entstehenden Parkprobleme. Und auch nicht zu vernachlässigen ist folgender Aspekt: Was passiert mit dem zunehmenden Verpackungsmüll, wie kann eine effiziente Rückführung organisiert werden? Den Lieferservice einfach an externe Dienstleister zu vergeben, kann hingegen sehr teuer werden.
Tatsächlich, so zeigt die EHI-Studie, nutzen die Vollsortimenter im Lebensmittel E-Commerce derzeit vor allem die eigene Lieferflotte und integrieren die Logistik damit in das eigene Geschäftsmodell. Zum einen geht es darum, Vertrauen beim Kunden zu schaffen, zum anderen darum, sich die aufwändige Verpackung mit Kühlelementen für den Versand zu sparen, da überwiegend in den eigenen Fahrzeugen gekühlt wird. Allerdings liefert die eigene Flotte nicht bundesweit; um diese zu gewährleisten, setzen neun Anbieter auf externe Lieferdienste wie DHL, DPD oder die Lieferung per Kurier.