Was zählt, ist allein der Geschmack

Montag, 05. Juni 2017
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Viele Fleischersatzprodukte schmecken der wachsenden Veggie-Gemeinde nicht. Wie die Hersteller laut einer DLG-Studie die Akzeptanz dieser Produkte verbessern können.

Die aktuellen Nielsen-Marktzahlen belegen es: Der Veggie-Trend hat seinen Zenit keineswegs schon erreicht. Im Jahr 2016 erzielten Veggie-Produkte im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzplus von 23 Prozent (LEH + DM). Die Discounter verzeichneten dabei mit einem Plus von 39 Prozent das größte Wachstum, gefolgt von den Supermärkten mit 21 Prozent.

Aber: Fleischersatzprodukte wie vegetarische Fleischwurst oder Sojaschnitzel finden bei vielen Käufern keine große Zustimmung.
Nachdem das Segment im gesamten LEH noch im Vorjahr (2015) mit einem Umsatzplus von 41 Prozent kräftig gewachsen war, beobachten die Marktforscher der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hier seit dem letzten Sommer sinkende Verkaufszahlen. „Viele Verbraucher haben das mal ausprobiert, ein großer Teil davon hat es bei dem einmaligen Versuch belassen“, kommentiert GfK-Experte Helmut Hübsch die Ergebnisse.

Test-Ergebnisse ungünstig

Dazu passen andere Untersuchungen der Marktforschung, nach denen die Flexitarier, zu denen sich mehr als ein Drittel aller Haushalte in Deutschland rechnet, sich zwar aus gesundheitlichen Gründen für einen moderaten Fleischkonsum entscheiden, aber nicht völlig auf ein gutes Steak verzichten wollen. Und da kommen Nachrichten wie die Untersuchungsergebnisse der Stiftung Warentest und Öko-Test, die seit dem Sommer 2016 für Schlagzeilen sorgten, nicht wirklich gut. Die Tester stellten nämlich erhebliche Qualitätsmängel bei 22 untersuchten Fleischersatzprodukten fest, sprich: Schadstoffe (Mineralölbestandteile) im Produkt, zu viel Fett, Salz und Überwürzung durch Verwendung glutamathaltiger Zusätze, um den Produktgeschmack auf fleischähnlich zu trimmen. Auch die Konsistenz wurde teilweise bemängelt. Diese Untersuchungsergebnisse dürften zumindest mitverantwortlich für den Meinungsumschwung vieler Probierkäufer sein. Für Hersteller wie die Rügenwalder Mühle nach eigenen Angaben ein Ansporn, die Range fleischfreier Produkte qualitativ weiter zu steigern.

Verbraucher erwarten gute Produkte

Doch was erwarten und wünschen sich Konsumenten, die ihren Fleischverzehr deutlich reduzieren wollen, von sogenannten Fleischersatzprodukten? Dazu ist von der DLG Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft gerade eine neue Studie zu „Akzeptanz und Käuferverhalten bei Fleischersatzprodukten“ veröffentlicht worden.

Punkt 1: Sie erwarten eine klare Kennzeichnung. Mehrheitlich, so besagt die Studie, nehmen die Befragten ein Fleischersatzprodukt nicht als ein Produkt einer Gattung wahr, die traditionell aus Fleisch hergestellt wird. 75 Prozent sind der Meinung, dass eine Bezeichnung wie „Schnitzel“ daher auch nicht zu einem Produkt passe, das gar kein Fleisch enthält. Die Hälfte davon empfindet die Verwendung einer solchen Bezeichnung sogar als Verbrauchertäuschung. Umso wichtiger ist es laut der Studie, dass der ausgetauschte Rohstoff gemäß der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) deutlich kenntlich gemacht wird. Aus Verbrauchersicht empfiehlt sich daher eher eine Formulierung wie „Vegetarisches Produkt nach Schnitzelart“.
Punkt 2: Mit Fleischersatzprodukten verbinden viele Verbraucher durchaus positive Aspekte wie zum Beispiel Gesundheit, Umwelt, Klima und Tierwohl. Allerdings wünschen sie sich laut Studie dabei ein besseres sensorisches Profil: Danach sollte ein Fleischersatzprodukt, wenn es nach einem Produktvorbild aus Fleisch bezeichnet wird wie etwa „Schnitzel“, auch sensorisch weitgehend dessen Eigenschaften entsprechen.

Punkt 3: Obwohl die Probierbereitschaft groß ist, ist laut Studie nur ein sehr kleiner Anteil der befragten Verbraucher als regelmäßige Stammkäufer einzustufen. Meist werden Fleischersatzprodukte nur unregelmäßig und seltener als alle 14 Tage eingekauft. Neben dem sensorischen Profil dürfte dabei auch das Preis-Leistungsverhältnis nicht überzeugt haben, resümieren die DLG-Experten.

Zukunftsperspektiven weiterhin glänzend

Eine Rückkehr zum bedenkenlosen Fleischkonsum wird es nach Einschätzung der Marktforscher der GfK allerdings nicht geben. Vor allem unter den jüngeren Verbrauchern gebe es eine wachsende Gruppe, die den Fleischkonsum generell aus ethisch-moralischen Gründen ablehne. „Solche Überzeugungen wirft man nicht einfach so über Bord, wenn man älter wird“, sind die GfK-Experten überzeugt und sehen weiter gute Zukunftsperspektiven für vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte im Lebensmittelhandel.

News

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Statement

Katya Witham, Senior Food and Drink Analyst bei Mintel

„Deutsche Konsumenten sind zunehmend skeptisch gegenüber den Zutaten in Fleischersatzprodukten und bewegen so Firmen dazu, natürliche Rezepturen mit kürzeren Zutatenlisten zu priorisieren. Es gibt bereits eine Reihe innovativer Marken in diesem Bereich, die „Clean Label“-Fleischersatzprodukte aus natürlichen Zutaten anbieten. Für Hersteller ist es hier wichtig, die Vorteile verschiedener Gemüsesorten zu nutzen, um erfolgreiche Fleischersatzprodukte zu konzipieren.“

 

Info
Deutschland Nr. 1

Nach einer Studie der Marktforscher von Mintel ist der weltweite Trend zu veganen Lebensmitteln bei deutschen Verbrauchern besonders ausgeprägt. Deutschland ist weltweit das führende Land bei veganen Produktinnovationen: Die Bundesrepublik war 2016 Schauplatz für fast ein Fünftel (18%) aller als vegan gekennzeichneten Produkteinführungen, gefolgt von den USA (17%) und Großbritannien (10%). Das spiegelt sich auch im Handel wider: Innerhalb von vier Jahren ist der Anteil der als vegan gekennzeichneten Lebensmittel- und Getränkeneueinführungen von nur einem Prozent auf 13 Prozent aller neuen Produkteinführungen gestiegen (weltweit: 4%).

Auch vegetarische Produkteinführungen haben hierzulande zugenommen: Innerhalb von fünf Jahren ist der Anteil der entsprechenden Produkt-Launches von drei auf sieben Prozent gestiegen.

Die fleischfreie Ernährung scheint besonders jüngere Konsumenten anzusprechen. Die Mintel-Forschung zeigt, dass sich 14 Prozent der 16 bis 24 Jahre alten Deutschen als Vegetarier identifizieren und einer von zehn als Veganer – doppelt so viele wie im deutschen Durchschnitt.

 

Tipps

Aus Sicht von Rügenwalder bieten sich für die Platzierung von fleischfreien Produkten verschiedene Möglichkeiten an:

  • Für die Platzierung in der Nähe von Fleisch und Wurst spricht, dass die meisten Verbraucher sich nach Verwendungsanlässen im Markt und am Regal orientieren. Vegetarische Produkte werden zwar als einheitliche Kategorie gesehen, die idealerweise zusammen in ein Regal gehören, werden aber auch in der Nähe von verwandten Produkten wie Wurst und Teilfertigkeiten gesucht.
  • Für eine Platzierung im Bereich Obst & Gemüse wiederum spricht die Zielgruppe Vegetarier und Veganer und die ebenfalls hohe Frequenz in diesem Bereich.
  • Aktuell findet derzeit meist die Platzierung als eigener Bereich im Regal neben der SB-Wurst oder zwischen SB-Wurst und Convenience statt. Letztere bietet auch deutlich bessere Werbe- und Kommunikationsmöglichkeiten – so können beispielsweise Cross-Promotions leichter umgesetzt werden. Zusätzlich werden die Kunden animiert, etwas Neues auszuprobieren.

Aus Sicht von Allos Hof-Manufaktur tragen folgende Vermarktungstipps zu zusätzlichen Abverkäufen bei:

  • Vegane, vegetarische und Produkte in Bio-Qualität gewinnen im LEH weiter an Relevanz und sind echte Umsatztreiber. Doch ein Großteil der Verbraucher sucht nicht gezielt danach, sondern entscheidet sich im direkten Vergleich zu Alternativ-Produkten für die veganen, vegetarischen oder Bio-Varianten. Deshalb benötigen sie keine gesonderte Platzierung. Stattdessen können Regalstopper auf Produktbenefits hinweisen und Aufmerksamkeit am Regal garantieren. Sinnvoll sind auch Verbundplatzierungen zum Thema Grillen oder Frühstück. Sie heben Verwendungsmöglichkeiten hervor, aufmerksamkeitsstarke Zweitplatzierungen generieren zusätzliche Abverkäufe für Produktneuheiten.

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