Ab Januar 2025 müssen alle Verkaufsstätten von Schädlings-bekämpfungsmitteln die Vorgaben der ChemBiozidDV umsetzen – oder künftig nur noch freiverkäufliche Produkte listen. Was es jetzt zu beachten gilt.
Erklärungsbedürftige Produkte im Handel brauchen Mitarbeiter, die beraten können – weshalb die Fach- und Sachkenntnis von OTC-Produkten mit dem Kräuterschein nachgewiesen werden muss. Auch Schädlingsbekämpfungsmittel sind erklärungsbedürftig, denn der Einsatz gegen Stechmücken, Motten und Co. kann mit negativen Effekten auf schützenswerte Arten verbunden sein. Deshalb ist der Verkauf von Schädlingsbekämpfungsmitteln künftig reglementiert. Im Januar 2025 läuft die Übergangsfrist der ChemBiozidDV ab. Dann muss auch der Handel seine Auflagen umsetzen, denn von diesem Zeitpunkt an ist das Selbstbedienungsverbot unter anderem für Insektizide, Repellentien und Lockmittel, die der Fernhaltung von Schädlingen dienen, in Deutschland verpflichtend. «Die grösste Veränderung für Handel und Verbraucher ist das Beratungsgespräch vor dem Verkauf. Das erfordert zertifizierte Schulungen des Verkaufspersonals sowie die Einführung von Sperrschränken im Laden», sagt David Bernsteiner, als Marketing Director für Zentraleuropa bei Evergreen Garden Care verantwortlich.
Kontroverse Meinungen
Der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) begrüsst, dass die Kunden über alternative Mittel informiert werden müssen – wenngleich der Verein fordert, die Verordnung um Strafen bei Nichteinhaltung zu ergänzen. Der HDE hingegen lehnt das Selbstbedienungsverbot ab; die Abgabevorschriften gingen über die Vorgaben der EU-Verordnung hinaus, seien unverhältnismässig und rechtfertigten den Umfang der Regelungen nicht.
Die Hersteller erwarten, dass zu viele Händler die Vorgaben nicht umsetzen, die betroffenen Produkte aus dem Regal nehmen und stattdessen neue Produkte listen. Eine solche Sortimentsbereinigung kann allerdings eine Chance darstellen, findet Uwe Eckert. Er ist Verkaufsleiter bei Steinfels Swiss Vertrieb und beobachtet, dass immer mehr Endverbraucher nämlich nicht mehr einfach nur Insekten töten wollen. Produkte mit einem nachhaltigen Ansatz in Form einer abwehrenden Wirkung seien gefragt. Deshalb empfiehlt er, künftig solche Produkte anzubieten: «Wichtig ist die Aufklärung der Verbraucher über neue alternative Mittel, die nach dem 1. Januar 2025 freiverkäuflich bleiben.»
Relevante Prävention
Nachhaltige Produkte wie diese zu entwickeln, sieht auch David Bernsteiner als Pflicht der Industrie an. Er nimmt eine Diskrepanz bei den Shoppern zwischen genereller Einstellung und der Verwendung von Bioziden wahr: «Einerseits möchten immer mehr Verbraucher die negativen Auswirkungen auf das Tierwohl geringhalten, andererseits greift der Grossteil nach wie vor zu tötenden Massnahmen.» Die Mehrheit der Verbraucher handele nur reaktiv auf akuten Befall, während es für eine Vielzahl von Schädlingen präventive Lösungen gäbe. «Herstellern und Händlern bietet sich durch Information die Chance, diese Einstellung von der Bekämpfung hin zur Prävention zu beeinflussen.»
Warenkunde
Was sind Biozide?
Biozide sind Produkte mit Wirkstoffen, die Schädlinge und Lästlinge wie Stechmücken, Ameisen und Mäuse, aber auch Algen, Pilze oder Bakterien bekämpfen. Dazu töten sie diese ab oder beeinträchtigen ihre Vermehrungsfähigkeit. Biozide werden in vielen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel als Putz- und Desinfektionsmittel, Antifoulingüberzug bis hin zum Mückenspray und Mäusegift.
Welche Rechtsgrundlage gilt für Biozide?
Die europaweite Rechtsgrundlage für die Zulassung von Bioziden ist die Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/2012. Die Umsetzung in Deutschland regelt die neue Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV), die am grösstenteils am 26. August 2021 in Kraft getreten ist. Sie führt unter anderem ab dem 1. Januar 2025 ein Selbstbedienungsverbot für viele Biozidprodukte im Einzel-, Versand- und Online-Handel ein. In diesem Zusammenhang bestehen auch neue Sachkundepflichten der abgebenden Personen und es muss ein Abgabegespräch durchgeführt werden.
Welche Nachteile können durch Biozide entstehen?
Biozide enthalten Wirkstoffe, die Lebewesen schädigen oder abtöten sollen. Bei unsachgemässer Verwendung können negative Effekte auf schützenswerte Arten entstehen. Ab 1. Januar 2025 müssen Händler ihre Kunden deshalb vor dem Verkauf auf schonendere Produktalternativen hinweisen.
Wie lässt sich dem Einsatz von Bioziden vorbeugen?
Stechmücken, Ameisen und Co. stören vor allem, wenn sie in die eigenen vier Wänden gelangen. Dem lässt sich aber vorbeugen, denn sie alle werden üblicherweise von irgendetwas angezogen: Mücken von hellem Licht, Fruchtfliegen von Essigsäure oder Lebensmittelmotten von Essen. Wenn also die Fenster und Türen bei Beleuchtung geschlossen oder mit Fliegengittern versehen werden, und Lebensmittel geschlossen gelagert, verirren sich bereits deutlich weniger Störenfriede nach drinnen. Zudem lassen sie sich durch moderne Insektenabwehrsprays fernhalten.
Quellen: Bundesumweltamt, Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Insect respect von Reckhaus