Produkte mit Geschichten

Freitag, 05. Mai 2017
Foto: StockFood

Gin aus München, Whisky von der Havel, Edelkorn aus dem Emsland: Nach Craft-Bieren rücken auch Craft-Spirituosen in den Fokus der Kunden. Ein kleiner, aber interessanter Markt.

Anfang April präsentierten zahlreiche Brennereien auf dem dritten Craft Spirits Festival "Destille" in Berlin „handgemachte“ Spirituosen. Craft Spirits – darunter verstehen die Organisatoren dieses international anerkannten Branchentreffs handwerklich („handcrafted“) produzierte Spirituosen, die regional verankert sind, mit Rücksicht auf die Umwelt produziert werden und ausschließlich aus natürlichen Zutaten bestehen. Auf dem Craft Spirits Festival wurde einmal mehr deutlich, dass für die Mehrheit der Menschen die typischen Craft-Themen Genuss, Herkunft, Rohstoffe, Produktionsverfahren und qualitative Besonderheiten zunehmend wichtiger werden – gerade auch bei Spirituosen. Analog zu den Craft-Bieren, die in Deutschland längst aus der Nische heraus gewachsen sind und im gut sortierten Lebensmittel- und Getränkehandel geführt werden, begeistern sich immer Verbraucher auch für Craft-Spirituosen. Orientierung bieten hier auch die Auszeichnungen mit dem „Craft Spirit Award“, der seit 2012 ein integraler Bestandteil des Festivals in Berlin ist und der auch in diesem Jahr wieder außergewöhnliche Produkte in allen Spirituosengattungen prämierte.

Handewerk und Traditionsgedanke hoch geschätzt

Die Menschen interessieren sich für die Geschichte hinter dem Produkt, deshalb spielt das Storytelling bei Craft-Spirituosen auch eine große Rolle. „Konsumenten schätzen das Handwerk und den Traditionsgedanken im Zusammenhang mit der Herstellung von Spirituosen“, sagt Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. (BSI). „Insofern entstehen spannende Geschichten rund um das Handwerk von Whisk(e)ys, Wodkas, Gins, Rums, Likören und vielen schönen Spirituosengattungen.“ (siehe Statement Randspalte)

Abfüllung in Pfandflaschen 

Eine solche Geschichte kann zum Beispiel die Kornbrennerei Rosche aus Haselünne im Emsland erzählen, die schon seit 1792 besteht und heute Qualität und Nachhaltigkeit in den Fokus stellt. Als einer der ganz wenigen deutschen Korn-Hersteller mit überregionaler Distribution verfügt Rosche noch über eine Brennerei für eigenen Roh- und Feinbrand. Der verwendete Weizen wird selbst angebaut, und die Abfüllung in Pfandflaschen ist in der Branche einmalig. Mit dieser ganzheitlichen Erzeugungsweise „vom Feld bis in die (Mehrweg-)Flasche“ hat Rosche ein Alleinstellungsmerkmal. Eine interessante Geschichte bringen sie alle mit, die Craft-Brenner. Und doch setzt jeder andere, eigene Akzente: „Streuobstbestände pflegen, Wildfrüchte und Kräuter sammeln, die Ernte verlesen, vorbereiten und einmaischen.“ All diese Arbeiten müssen beispielsweise in der Edelbrennerei Bischof in Warthmannsroth erst einmal getan werden, bevor es überhaupt zum eigentlichen Brennprozess kommt. Und auch dann ist noch viel Zeit, Mühe und Fingerspitzengefühl nötig, bevor einer der Whiskys, Gins oder anderen Brände auf Flaschen gezogen und schließlich verkauft werden kann.

Angebot an Craft-Spirituosen meist klein 

Während Craft-Biere inzwischen in größeren Mengen hergestellt werden, ist das Angebot an Craft-Spirituosen, aufgrund der oft nur begrenzten Rohstoffe (z.B. hofeigenes Obst oder Getreide), der aufwendigen (handwerklichen) Destillation in kleinen, oft alten Anlagen oder auch der zeitintensiven Reifung im Fass erheblich kleiner. Von wenigen Ausnahmen überregionaler Distribution abgesehen, sind Craft-Spirituosen also für den einzelnen Lebensmittelhändler nur als regionale Spezialität verfügbar – damit aber ein umso interessanteres Thema und ein echter Ausweis für Sortimentskompetenz.

Interesse an regionaler Produktion steigt

Auf das Interesse vieler Kunden dürfte ein solches Angebot allemal stoßen, denn ähnlich wie bei Wein, Bier und anderen Lebensmitteln steigt auch bei den Hochprozentigen das Interesse an regionaler Produktion, hochwertigen Zutaten und handwerklichen Traditionen. Die Hälfte der Konsumenten in Deutschland, so eine Mintel-Studie, fühlt sich durch Spirituosen von kleinen oder Craft-Brennereien „stark angesprochen“ (siehe Info Randspalte). Auch das Angebot wächst rasant: So stellten laut Mintel Spirituosen, die als Craft-Produkte positioniert sind, im Jahr 2016 etwa 15 Prozent der weltweit neu eingeführten Spirituosen dar; 2011 waren es erst fünf Prozent. Von allen zwischen 2011 und 2016 neu eingeführten Craft-Spirituosen kamen die meisten (49 %) in den USA auf den Markt, dicht gefolgt von Europa mit 42 Prozent. 

News

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Statement

Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin BSI

„Neben bekannten Marken und Importprodukten haben auch Craft-Spirituosen in Deutschland an Interesse gewonnen. Konsumenten schätzen das Handwerk und den Traditionsgedanken im Zusammenhang mit der Herstellung von Spirituosen. Die Verbraucher möchten sich grundsätzlich stärker mit den Produkten beschäftigen, die sie genießen. Insofern entstehen spannende Geschichten rund um das Handwerk von Whisk(e)ys, Wodkas, Gins, Rum, Likören und dergleichen.“

 

Info

Zahlen, Daten, Fakten zu Craft-Spirituosen

Das Londoner Marktforschungsinstitut „Mintel“ hat 2016 eine Studie über die Beliebtheit von Superpremium-Spirituosen veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die Hälfte der Konsumenten in Deutschland sich durch Spirituosen von kleinen oder Craft-Brennereien stark angesprochen fühlt. Zwar kann Deutschland mit den USA, die in Sachen „Craft“ weltweit zu den Spitzenreitern gehören, noch nicht ganz mithalten; das Thema hat jedoch in letzter Zeit auch hierzulande – medial und aktiv auf Anbieterseite – stark an Bedeutung gewonnen. 
 

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