Inkontinenz: Tabu brechen

Montag, 06. Juli 2015
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Der Markt für Inkontinenzeinlagen erfährt derzeit immer mehr Impulse. Denn der demografische Wandel hinterlässt Spuren. Wer die Zielgruppen sind, wie sich die Kategorie entwickelt und am POS vermarktet werden kann.

„Blasenschwäche ist so häufig wie Heuschnupfen und sollte auch so thematisiert, vermarktet und platziert werden“, sagt Monika Kern, Marketing Manager Incontinence Care Retail bei SCA. Mit dem zunehmenden demografischen Wandel scheint das Thema Blasenschwäche und Harninkontinenz aus der Tabuzone herauszukommen. Dabei leiden nicht nur unbedingt alte Menschen darunter. „In Westeuropa ist eine von drei Frauen unabhängig vom Alter zumindest gelegentlich von Blasenschwäche betroffen“, weiß man beim Always-Hersteller Procter & Gamble. Mögliche Ursachen dafür können sein: Geburt eines Kindes, Übergewicht, Hormonmangel in der Menopause oder anstrengender Sport. Vor allem aber durch die immer älter werdende Gesellschaft wird das Problem verschärft. Neben der richtigen medizinischen Behandlung ist es für die betroffenen Menschen wichtig, Produkte an die Hand zu bekommen, mit denen sie ohne Einschränkungen ihren Alltag bewältigen können. Allerdings: „Das Thema ist immer noch tabuisiert - noch mehr bei Männern als bei Frauen“, sagt Prof. Christl Reisenauer, leitende Oberärztin Urogynäkologie an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen und zweite Vorsitzende der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Männer seien allerdings seltener betroffen als Frauen. Eine von Always Discreet unterstützte und im British Journal of Urology International (BJUI) publizierte Studie hat ergeben, dass 74 Prozent aller befragten Frauen in Deutschland aufgrund ihrer Blasenschwäche nicht entspannt durchschlafen können. Oft ist auch der Alltag der Frauen von psychischen Belastungen, bedingt durch das Thema Inkontinenz, geprägt: 72 Prozent der in Deutschland befragten Frauen geben an, dass sie sich um den Geruch sorgen, und 57 Prozent fühlen sich durch die Blasenschwäche in ihrer Reisefähigkeit eingeschränkt. Hier setzen die Konzepte der Hersteller an. Die Produkte sollen den Verbrauchern in erster Linie Sicherheit bieten und auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein.

Segment mit Wachstumspotenzial

Inkontinenz ist derzeit klarer Treiber in der Kategorie Hygiene. Das zeigt auch die Marktforschung: Über alle Vertriebslinien hinweg weisen die Marktforscher von IRI hier ausschließlich Steigerungen aus. Insgesamt ist das Segment 2014 wertmäßig um 13 Prozent und in der Menge um 15 Prozent gewachsen. Auch in Zukunft wird die Kategorie aufgrund des fortschreitenden demografischen Wandels gute Wachstumschancen am Markt haben. „Bis zum Jahre 2040 soll der Anteil der über 65-jährigen Männer und Frauen in Deutschland auf über 25 Prozent der Gesamtbevölkerung ansteigen.“, sagt Reisenauer. Auch für Procter & Gamble ist Erwachseneninkontinenz das Segment Nr. 1 für langfristiges Wachstum der gesamten Hygiene-Kategorie.

Wie Verbraucher Inkontinenzprodukte kaufen

Das Wissen um den Umgang mit der Krankheit und was die Verbraucher dabei beschäftigt sowie eine gute Produktkenntnis ist auch am Point of Sale nicht nur für die Beratung, sondern auch für die Platzierung bedeutend. „Es besteht ein ungeheurer Informationsbedarf“, weiß Artur Wozniak, Vertriebsleiter Bella bei TZMO und sieht hier sowohl Hersteller als auch Handel gefordert. Bei der Beratung sollte eine Fachkraft über gute Produktkenntnisse verfügen und über Größen und Saugstärken der Produkte informieren können. Vor allem aber ist Feingefühl am Regal gefragt. So empfehlen alle Hersteller, das Inkontinenzregal so zu platzieren, dass sich der Kunde unbeobachtet bei der Auswahl fühlen kann. Mit Informationen wie etwa Flyern oder Info-Broschüren der Hersteller am Regal sollte es den Verbrauchern, die aus Scham keine Beratung in Anspruch nehmen wollen, ermöglicht werden, sich über die Produkte zu informieren. Bei der Platzierung der Produkte empfehlen die Hersteller, dieses in das Regal der Damenhygiene zu integrieren. Eine klare und erkennbare Differenzierung zur klassischen Damenhygiene sollte jedoch auf den ersten Blick zu erkennen sein. Bei SCA und P&G empfiehlt man folgende Platzierungsfolge im Regal: Tampons als Anker, dann in Laufrichtung Binden als Produkte für die klassische Monatshygiene. Dann sollten Produkte der täglichen Hygiene, also Slipeinlagen, folgen. Anschließend sollten Produkte für die Blasenschwäche platziert werden. Innerhalb der Blasenschwäche dann aufsteigend nach Absorptionsstärke. „Für das Inkontinenzregal sollte darauf geachtet werden, dass Produkte für leichte Blasenschwäche oben stehen und für starke Blasenschwäche, etwa Höschen, weiter unten“, sagt Sandra Broich, Brand Communications DACH für die Marken Pampers & Always bei P&G. Ebenfalls empfehlen SCA und P&G eine Platzierung in Markenblöcken, um den Verbrauchern Orientierung zu geben. „Blasenschwäche ist eine klare Wachstumskategorie, eine gute Vermarktung kann das Bewusstsein über die Warengruppe vorantreiben und zu einer Normalisierung und Enttabuisierung der Warengruppe beitragen“, sagt Monika Kern von SCA.

News

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Verkaufstipps

  • Gemeinsame Platzierung: Platzieren Sie Inkontinenzprodukte gemeinsam mit der klassischen Damenhygiene. Dabei sollten jedoch beide Segmente klar erkennbar für den Verbraucher sein.
  • Markenblöcke erleichtern den Verbrauchern die Orientierung am Regal.
  • Platzierungsfolge im Regal: Tampons als Anker, dann in Laufrichtung Binden als Produkte für die klassische Monatshygiene. Dann sollten Produkte der täglichen Hygiene, also Slipeinlagen, folgen; anschließend Produkte für die Blasenschwäche.
  • Suchlogik: Innerhalb der Blasenschwäche sollte das Regal aufsteigend nach Absorptionsstärke sortiert werden. Produkte für leichte Blasenschwäche sollten oben und für starke Blasenschwäche, etwa Höschen, weiter unten stehen.
  • Diskreter Standort: Viele Verbraucher möchten beim Einkauf der Produkte ungestört sein. Dies sollte bei der Standortwahl des Regals im Markt berücksichtigt werden.
  • Zusätzliche Informationen in Form von Flyern oder Broschüren zu den Produkten ermöglichen es den Verbrauchern sich ungestört über die Produkte zu informieren.
  • Beratungskompetenz ist wichtig, jedoch erfordert dies große Sensibilität. Die Hersteller empfehlen: Sprechen Sie die Verbraucher nicht am Regal an, sondern warten Sie lieber, bis diese mit Fragen auf Sie zukommen. Eine Fachkraft sollte auf jeden Fall über die Produkteigenschaften Bescheid wissen und eine Empfehlung aussprechen können. Zudem sollte die Fachkraft den Unterschied zwischen Inkontinenz- und klassischen Damenhygieneprodukten kennen.

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