Alles wächst, manches schneller

Montag, 31. Juli 2023
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Alternativen zu tierischen Erzeugnissen boomen, doch die einzelnen Kategorien befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Grösstes Sortiment sind die Fleischersatz-produkte, während Seafood langsam an Fahrt aufnimmt.

Der Autohersteller VW hat die Currywurst aus der Kantine verbannt, die Stadt Freiburg streicht Fleisch aus Kitas und Grundschulen und bei Ikea sind vegetarische Mahlzeiten günstiger als die Varianten aus Fleisch: Die Ernährungswende ist im vollen Gange. Den Markt für pflanzliche Ersatzprodukte treiben allerdings nicht die 1,58 Millionen Veganer und 7,9 Millionen Vegetarier voran, sondern vor allem die 15 Millionen Flexitarier.

Auf Wachstumskurs
Der deutsche Markt für pflanzliche Alternativprodukte ist 2022 im LEH um elf Prozent auf 1,91 Milliarden Euro gewachsen, seit 2020 sogar um 42 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des gemeinnützigen Think Tanks Good Food Institute Europe (GFI Europe), der die Nielsen-IQ-Daten in 13 europäischen Kernmärkten ausgewertet hat. Im Vergleich ist Deutschland der mit Abstand grösste Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel, gefolgt von Grossbritannien, Italien, Spanien und Frankreich. Beim Pro-Kopf-Umsatz liegt Deutschland mit 23 Euro auf Platz zwei nach den Niederlanden (23,50 Euro).

Fleisch als stärkste Kategorie
GFI Europe hat sich auch die Entwicklung verschiedener Lebensmittel-Kategorien angeschaut. Die Umsätze sind 2022 in neun der zehn untersuchten Kategorien gestiegen, allerdings auf sehr unterschiedlichem Niveau. Der Umsatz von pflanzlichen Fleischalternativen als der am weitesten entwickelten Kategorie ist um sieben Prozent auf 642,8 Millionen Euro gestiegen, der von den Desserts als der am wenigsten entwickelten Kategorie um 32 Prozent auf 26 Millionen Euro. Rückläufig waren nur die Joghurts, die vier Prozent verloren und 153 Millionen Euro eingebracht haben. Fisch und Meeresfrüchte auf pflanzlicher Basis fangen gerade erst an, ihr Potenzial auszuschöpfen: 2022 sind die Umsätze in diesem Bereich um 52 Prozent gestiegen.

Tierische Originale rückläufig
Ausserdem spannend: Während der Absatz pflanzlicher Milch- (+14 %), Fleisch- (+7 %) und Käsealternativen (+12 %) gestiegen ist, war der von den tierischen Originalen (Milch -6 %, Fleisch -3 %, Käse -5 %) im gleichen Zeitraum rückläufig. Allerdings waren pflanzliche Fleischalternativen weniger stark von der Inflation betroffen wie das Original. Während ihr durchschnittlicher Preis nur um ein Prozent gestiegen ist, wurde vorverpacktes konventionelles Fleisch um 15 Prozent teurer. Pflanzliche Fleischalternativen können deshalb den Geldbeutel entlasten. ProVeg setzt sich dafür ein, dass die klimafreundliche Option grundsätzlich für alle bezahlbar ist. Der Verein möchte mit der Kampagne «0 % fürs Klima» erreichen, dass der Mehrwertsteuersatz für alle pflanzlichen Lebensmittel auf null Prozent gesenkt wird.

Produkte haben treue Fans
Auch der Hersteller Endori hat Marktdaten von GfK- und NielsenIQ ausgewertet, Kunden-Fokusgruppen gebildet und Kunden bei ihren Shopping-Trips begleitet, sich dabei aber auf die gekühlten Fleisch-, Wurst- und Fisch-Ersatzprodukte konzentriert. Wichtigstes Ergebnis: Die Käuferreichweite steigt, 2022 hat bereits jeder Dritte diese Produkte gekauft. Sogar die Wiederkaufrate hat mittlerweile mehr als 70 Prozent erreicht. Die Produkte werden also nicht mehr nur von neugierigen, aber später wieder abspringenden Probierkäufern gekauft, sondern haben treue Fans gefunden.  

Immer näher am Original
«Die Zeiten, in denen bei Fleischalternativen auf leckeren Geschmack und Genuss verzichtet werden musste, sind lange vorbei. Was nicht in Optik, Geruch, Geschmack und Konsistenz überzeugt, bleibt nicht lange am Markt», weiss Claudia Hauschild, Leiterin der Unternehmenskommunikation und des Nachhaltigkeitsmanagements bei der Rügenwalder Mühle. In dem Stimmungsbericht «Angerichtet», den das Unternehmen im Januar veröffentlicht hat, sagen 60 Prozent der Käufer, dass sich die Produkte mittlerweile geschmacklich gar nicht mehr beziehungsweise kaum noch vom Original unterscheiden. Allerdings kann ein Produkt trotzdem lecker sein: Einer Befragung von Epap zufolge, dem App-Anbieter für digitale Einkaufsbelege, bewerten 78 Prozent der Frauen den Geschmack von Fleischalternativen als gut und 62 Prozent der Männer.

Die Fleischesser überzeugen  
«Um auch die Fleischesser zu überzeugen, ist es entscheidend, dass wir «besseres Fleisch als Tierfleisch» produzieren, also ein besseres Geschmackserlebnis und einen niedrigeren Preis bei geringerer Umweltbelastung und guten Zutaten bieten», sagt Vicky Kummer, Kommunikationschefin bei Planted Foods. «Wir kombinieren firmeneigene Strukturierungs- und Fermentierungstechnologien, um Fleisch aus Pflanzenproteinen zu produzieren. Wir fügen keine zusätzlichen Stoffe wie Methylcellulose oder andere Chemikalien hinzu, sondern lassen unsere firmeneigene Technologie das Mundgefühl und die faserige Textur erzeugen.» Besonders stolz ist das Unternehmen auf sein Planted.pulled, das aus Sonnenblumen, Hafer und Erbsen hergestellt ist und ihm einen hohen Proteingehalt verleiht.

Lieblinge nah am Markenkern
Bei Rügenwalder sind die beliebtesten Produkte oft dem Markenkern nahe. «Die Vegane Schinken Spicker und die Pommersche gehören natürlich dazu. Auf der anderen Seite ist unser Veganes Mühlen Mett sehr beliebt, weil es etwas Neues ist, was es vorher noch nicht so gegeben hat und Lust zum Ausprobieren macht», sagt Claudia Hauschild.

Key Insights für den europäischen Markt 

  • Der Einzelhandelsmarkt für pflanzliche Lebensmittel ist von 4,8 Mrd. Euro im Jahr 2020 auf 5,8 Mrd. Euro im Jahr 2022 gestiegen.
  • Der Umsatz in Europa mit pflanzlichen Lebensmitteln stieg zwischen 2021 und 2022 um 6%.
  • Die Zahl der verkauften pflanzenbasierten Produkte stieg zwischen 2021 und 2022 um 4%.
  • Seit 2020 stiegen der Umsatz und die Zahl der verkauften pflanzlichen Produkte jeweils um 21%.

Quelle: Good Food Institute Europe

 

Key Insights für den deutschen Markt

  • Fleisch auf pflanzlicher Basis ist die am weitesten entwickelte Kategorie im Plantbased-Bereich. Der Umsatz mit pflanzenbasiertem Fleisch betrug 2022 642,8 Millionen Euro, und die Kategorie verzeichnet weiterhin Wachstum.
  • Der Umsatz mit pflanzlicher Milch nimmt weiter zu und belief sich im Jahr 2022 auf 552 Millionen Euro, was einem Wachstum von 43% zwischen 2020 und 2022 entspricht.
  • Fast jede Kategorie im Plant-based-Bereich verzeichnete im Jahr 2022 ein Wachstum. Die am schnellsten wachsenden Kategorien waren pflanzlicher Fisch und Meeresfrüchte, pflanzliche Fertiggerichte, pflanzliche Sahne und Cremes und pflanzliche Desserts.

Quelle: Good Food Institute Europe

News

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Statements

Der Markt der pflanzlichen und alternativen Proteine ist ein Zukunftsmarkt mit grossen Weiterent-wicklungs- und Wachstums-chancen, der langsam erwachsen wird und sich etabliert: So sind in den letzten Jahren viele neue Marken und Handelsmarken in diesem Segment hinzugekommen. Eine Entwicklung, die zeigt, dass die üblichen Marktmechanismen inzwischen auch in dieser noch recht jungen Kategorie angekommen sind.
Claudia Hauschild, Leiterin Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeits-management bei der Rügenwalder Mühle 

Die derzeitigen Technologien und Lösungen für pflanzliches Fleisch sind nicht in der Lage, mehr als ein bis drei Prozent des Fleischkonsums zu ersetzen und haben daher nicht den notwendigen Einfluss auf unser Lebensmittelsystem. Die Verbraucher begründen dies mit mangelndem Geschmack, einem unattraktiven Preis und fragwürdigen Inhaltsstoffen. Um auch die Fleischesser zu überzeugen, ist es entscheidend, dass wir besseres Fleisch als Tierfleisch produzieren.
Vicky Kummer, Sprecherin bei Planted Foods 

Obwohl der Markt für Alternativ-produkte zwischenzeitlich Wachstumspausen aufgrund aktueller weltweiter Entwicklungen eingelegt hat, steigen die Käuferreichweiten seit Jahren. Deshalb rechnen wir damit, dass der Markt für Fleisch- und Wurstalternativen dauerhaft wachsen wird. Dabei wird der Gesamtmarkt der Alternativen besonders von den langfristigen Treibern Gesundheit, Tierwohl und Klimaschutz bestimmt. USPs, die diese Anforderungen bedienen, haben daher besonders viel Potenzial. Die Produkte von Billie Green sind frei von Zusatzstoffen bei gleichzeitig hohem Proteingehalt. Mit diesen beiden Aspekten bedienen unsere Produkte die Bedürfnisse unserer Kund:innen nach einer bewussten Lebensweise und damit den Treiber Gesundheit. 
Sven Wieken, CEO The Plantly Butchers

Gerade beim klassischen Abendbrot mangelt es oft an leckeren Alternativen zu Käse und Wurst. Da sind unsere vielfältigen Gemüseaufstriche von Tartex einfach super. Nicht nur gesund, sondern auch beste Bio-Qualität, vegan, ohne Zugabe von Zusätzen, Geschmacks-verstärkern und Farb- und Aromastoffen und nur aus alternativen Zutaten. Neben einer grossen Sortenvielfalt bieten die beliebten Brotaufstriche damit gute Argumente für eine nachhaltige Abwechslung beim Abendbrot. Das zeigt sich auch in den sehr guten Wachstumszahlen von Tartex. So haben wir unseren Marktanteil MAT um 3,4 %-Punkte gesteigert auf 14,5 %. Was ein Umsatzwachstum von 38 % bedeutet.
Sandra Spremberg, Marketing Direktorin DACH, Allos Hof-Manufaktur 

Rücker Vega Lecker ist Vorreiter für hoch-funktionale, eiweisshaltige Produkte aus heimischen Rohstoffen. Damit entspricht Vega Lecker dem Wunsch ernährungsbewusster Menschen nach innovativen Lebensmitteln. Proteine aus Bio-Hanf und Kichererbsen sind daher auch das Superfood der neuen Pfannen-Taler – angereichert mit wichtigem Calcium. Das macht sie insbesondere wertvoll für die Zielgruppe der Ernährungsbewussten. Ein weiteres Plus: Sie sind reich an ungesättigten Fettsäuren, denen ein gesundheitsfördernder Effekt zugeschrieben wird. Zudem hergestellt ohne Zugabe von Zusatzstoffen und: ohne Palm- oder Kokosfett  
Insa Rücker, Leitung Markenführung und Kommunikation 

Grundsätzlich sehen wir einen Trend hin zu Fleisch am Stück. Durch neue Technologien und Produktionsverfahren sind nun auch authentischere Produkte möglich und werden in Zukunft den Markt revolutionieren. Die Kategorie hat noch sehr viel Potential, da nur monatlich etwa 14 Prozent der deutschen Haushalte zu Fleischersatzprodukten greifen. Auf das Jahr gerechnet haben erst ein Drittel der Endverbraucher Fleischersatzprodukte gekauft. Grösste Barriere aber auch Treiber für den Kauf von Fleischalternativen ist der Geschmack – diesen kontinuierlich zu verbessern sollte das Ziel sein. So haben wir von LikeMeat 2023 unsere Bestseller unter anderem im Geschmack und Textur überarbeitet und das «WOW-Sortiment» gelauncht. Neue Haushalte gewinnen und die Wiederkaufsrate erhöhen, diese beträgt in der Kategorie monatlich nur knapp über 50, sind die Wachstumshebel der Zukunft. Durch mehr Visibilität im Markt, einem breiten, innovativen Sortiment und überzeugenden Produkten kann dies gelingen.
Eva Kampendonk, Category & Shopper Marketing Manager DACH, Livekindly Germany GmbH

Produkte

Endori 
Der Veggie-Burger überzeugt mit wenig Fett, jeder Menge pflanzlicher Proteine und ganz viel Geschmack. Bei der Herstellung seiner Produkte setzt das Unternehmen auf die nachhaltige Erbse, die in traditioneller Mehrfelderwirtschaft in Europa und dabei vorwiegend in Deutschland angebaut wird. In der Produktion verzichtet endori auf Soja, Palmöl und künstliche Aromen.
www.endori.de

Planted 
Die «Planted.bratwurst» besteht aus sechs natürlichen Zutaten Erbsenprotein, Sonnenblumenöl, Wasser, Salz, Gewürze und Hefe, angereichert mit Vitamin B12. Im Vergleich zum tierischen Gegenstück spart die pflanzliche Wurst 71 Prozent CO2 und 79 Prozent Wasser. In zwei Geschmacksrichtungen erhältlich: «Original und «Herbs».
www.eatplanted.com

Rügenwalder   
Mit der vegetarischen Sorte «Pizza Art» erweitert die Rügenwalder Mühle ihr Sortiment an Mühlen-Snacks. Das kleine Hefeteig-Brötchen ist mit vegetarischer Salami, Cheddar-Käse und Tomatensauce gefüllt. Im 3er- und 4er-Pack, ungekühlt haltbar.
www.ruegenwalder.de
 

The Plantly Butchers | Vegane Alternative
Macht jede Stulle zum Baguette. Die «Billie Green Vegane Salami Baguette-Style» (70 Gramm) verbindet fein-würzige Aromen mit typischer Edelschimmel-Note zu einem herzhaft-rauchigen Genuss Der Proteingehalt der Billie Green veganen Salami Baguette-Style liegt bei 32 Gramm pro 100 Gramm.
www.billie-green.com

Little Lunch 
Der Hersteller will neue Verwender gewinnen – und dafür will Little Lunch mit einer neuen Kategorie nun auch das Regal der Fertiggerichte erorbern. Ab September sind vier leckeren vegetarischen Fertiggerichte in Bio-Qualität erhältlich: «Ravioli», «Pasta Napoli», «Pasta Volognese» und «Pilz Risotto», jeweils im 350-Gramm-Glas erhältlich.
www.littlelunch.com

Rücker 
Die «RÜCKER Vega Lecker Pfannen-Taler» (150-g-Packung/2 x 75 g) sind eine attraktive wie leckere Brat- und Grillkäse-Alternative für das vegane Kühlregal im Handel. Die Pfannen-Taler lassen sich perfekt in der Pfanne, der Fritteuse und auch auf dem Grill anbraten und schmecken als eigenständiges Gericht beispielsweise sehr gut in Kombination mit Salat, Gemüse oder als Burger-Patties. Die Verpackung ist im Altpapier bzw. in der Wertstofftonne recycelbar.
www.vega-lecker.de

Livekindly Germany 
«Like Chicken» von LikeMeat – das ist leckeres veganes Hähnchen aus Sojaprotein. Jeder Biss besitzt die vertraute Textur und den würzigen Geschmack des Originals. Dank der pflanzlichen Proteine und Ballaststoffe eignet sich das vegane Like Chicken perfekt als Teil der Hauptmahlzeit. 
www.likemeat.com