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Markant Partner wie Bünting, tegut und Valora leisten mit automatisierten Stores Pionierarbeit. Auch Kaes sieht darin grosses Potenzial und startet einen Pilotmarkt.
Viele Konsumenten schätzen einen schnellen Einkauf im benachbarten Supermarkt – und das bei besonders langen Öffnungszeiten. In diese Lücke stossen neue automatisierte Shop-Formate. Valora lancierte im Jahr 2019 die avec box, der erste kassenlose autonome Convenience-Store der Schweiz. Der gesamte Einkauf kann vollständig autonom Tag und Nacht an sieben Tagen die Woche erledigt werden. Zutritt, Einkauf und Bezahlung erfolgen in der avec box lediglich mit Hilfe der avec 24/7-App. In der Folge eröffnete Valora in der Schweiz, aber auch in Deutschland weitere autonome Stores sowie Hybrid-Stores, in denen tagsüber bedient und nachts automatisch per Selfcheckout verkauft wird.
Innovation im deutschen LEH
Im Juli 2020 hat Bünting seinen neu eröffneten Combi City Markt in Oldenburg um den vollautomatisierten «Combi-24/7-Automat» ergänzt, was seinerzeit eine Innovation im deutschen LEH war. In Ergänzung zum klassischen Einkaufen im Markt während der üblichen Öffnungszeiten gibt das System ein Lebensmittelsortiment mit 500 Artikeln an sieben Tagen rund um die Uhr aus. 2021 hat Bünting dann den Ausbau von innovativen Standorten vorangetrieben. Ein Highlight ist der 500 Quadratmeter grosse Combi-City-Markt mit hybrider Walk-in-Lösung in Emden. Dieses Konzept ermöglicht mit erweiterten Öffnungszeiten Late-Night-Shopping im Supermarkt im autonomen Betrieb und steht laut Bünting für «die Investition in zukunftsweisende technische Lösungen, die auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind».
Komplette Sortimentsvielfalt
Im klassischen Betrieb hat der Combi-City-Markt Montag bis Sonnabend in der Zeit von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet. Darüber hinaus können die Kunden von 6:00 Uhr bis 8:00 Uhr und von 18:00 Uhr bis 23:00 Uhr über den autonomen Zugang im Markt einkaufen, und zwar die komplette Sortimentsvielfalt. Der Schwerpunkt liegt auf der Frische inklusive Feinkost und Salaten. Ermöglicht wird das autonome Einkaufen durch digitale Zugangs-, Artikelerfassungs- und Bezahllösungen. Für den Zutritt wird die Bankkarte oder die Bünting-Kundenkarte (Moin Card) als App oder als physische Karte benötigt. Der Bezahlvorgang läuft bargeldlos über die Self-Checkout-Kassen.
Strategischer Schwerpunkt «teo»
Bei tegut bildete der weitere Roll-out des digitalen, unbedienten Kleinstflächenkonzeptes «teo» im vergangenen Jahr den strategischen Schwerpunkt. 2020 in der Fuldaer Innenstadt gestartet, gibt es mittlerweile 26 Standorte in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Für dieses Jahr plant tegut 15 bis 20 weitere Standorte, der Schwerpunkt wird dabei auf dem Rhein-Main-Gebiet und Baden-Württemberg liegen. Geschäftsführer Thomas Gutberlet: «Wir werden dieses Vertriebskonzept weiterhin mit Tempo und Augenmass vorantreiben und gewissenhaft prüfen, an welchen Standorten der teo seine Stärken voll ausspielen kann.» Auch im teo können die Kunden dank digitaler Verkaufstechnologie mit Selbstscanning-Kassen und einer eigens entwickelten App rund um die Uhr einkaufen. Mit einem Sortiment von rund 950 Produkten auf 50 Quadratmetern ist der teo für den täglichen Bedarf gut sortiert. Thomas Stäb, Geschäftsleiter Vertrieb tegut teo und Lädchen, ist überzeugt davon, dass teo die Antwort auf die Nahversorgungsfragen unserer Zeit ist. Das Konzept sei «hundertprozentig auf die Lebensgewohnheiten und Einkaufsbedürfnisse der Menschen im 21. Jahrhundert ausgelegt». Sie müssten ihren Einkauf nicht mehr bis ins Detail aufwändig planen und könnten ihn wesentlich flexibler in die Zwischenräume ihres Tagesablaufs integrieren, so Stäb. «Der teo ist der Freund in der Nachbarschaft, den man an sieben Tagen die Woche, 24 Stunden lang besuchen kann.»
Automatisierte Grundversorgung
Im November 2022 hat die Georg Jos. Kaes GmbH ein neues automatisiertes Ladenkonzept mit dem Namen «V-mini» in Kaufbeuren eröffnet, das sich mit knapp 400 Quadratmetern Verkaufsfläche auf die Grundversorgung im Wohngebiet konzentriert. Der Zugang und die Bezahlung an der SB-Kasse erfolgen über Giro- oder Kreditkarte. Allerdings muss sich auch dieser Shop an die strengen Ladenöffnungszeiten in Bayern halten und hat montags bis samstags von 07:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnet. Der V-mini bietet rund 3500 Artikel, darunter eine grosse Auswahl an Obst und Gemüse, Brot- und Backwaren, Molkereiprodukten, Feinkost sowie Drogerie- und Haushaltsartikeln. Die Kunden scannen ihre Ware am Ende des Einkaufs selbst und bezahlen mit Giro- oder Kreditkarte. Auf die Akzeptanz von Bargeld wurde aus verschiedenen Gründen verzichtet. Zum einen erhöht sich das Einbruch- und Diebstahlrisiko, zum anderen wird die Bargeldlogistik anspruchsvoller und teurer. Weil der Jugendschutz auch in Geschäften ohne Verkaufspersonal gilt, ist der Alkoholbereich physisch abgetrennt. Die Kunden müssen ihre Volljährigkeit an einem separaten Gate mit Personalausweis oder Führerschein nachweisen – ähnlich wie bei einem Zigarettenautomaten.
Testlabor für Technik
Christoph Hermann, Mitglied der Kaes-Geschäftsleitung, betont ausdrücklich, dass das Konzept V-mini weder die bisherigen V-Märkte ersetzen noch ein versteckter Personalabbau stattfinden soll. Im Gegenteil: Es würden permanent neue Mitarbeiter für die V-Märkte gesucht. Hermann: «Für uns ist der V-mini auch ein Testlabor für Technik, welche die Kolleginnen und Kollegen in den anderen V-Märkten in Zukunft effektiv unterstützen kann.» Der V-mini spiegelt laut Kaes nicht nur die veränderten Rahmenbedingungen im Einkaufsverhalten wider, sondern auch den Fachkräftemangel im LEH. Die bisherige Resonanz sei sowohl bei den Kunden als auch bei Mitarbeitern und Geschäftspartnern «durchweg positiv». Bereits kurz nach Eröffnung hätten sich aus anderen Regionen Kunden und Kommunen mit potenziellen alternativen Standorten gemeldet.