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Einzelhandelsmietverträge haben sich zuletzt zugunsten der Händler entwickelt. Auch deshalb wollen Händler – vor allem aus dem LEH – jetzt ihr Filialnetz ausbauen, wie eine aktuelle Studie feststellt.
Kannten die Mieten für Einzelhandelsobjekte lange Zeit nur eine Richtung, nämlich nach oben, so ist seit einigen Jahren eine Trendwende zu beobachten. Die Laufzeiten der Verträge, die Höhe der Miete und auch Vertragsdetails wie Sonderkündigungsrechte entwickeln sich aktuell eher zu Gunsten der Mieter. Das ist eine zentrale Erkenntnis des EHI-Whitepaper «Expansionstrends 2019», das das Kölner EHI Retail Institute gemeinsam mit der auf Handelsimmobilien spezialisierten Hahn Gruppe in Gummersbach veröffentlicht hat. Drei von vier Mietern arbeiten in ihren Mietverträgen aktuell mit Sonderkündigungsrechten. Am meisten verbreitet sind diese abhängig vom Umsatz (62 %) oder abhängig vom Leerstand im Gesamtobjekt (50 %).
Die Gründe für die tendenziell mieterfreundliche Entwicklung liegen auf der Hand: rückläufige Kundenfrequenzen und zunehmende Leerstände. Sowohl in Innenstädten als auch in Shopping-Centern seien die Besucherfrequenzen in den Filialen «mehrheitlich rückläufig», schreiben die Autoren der Studie. In Fachmarkt-Centern hingegen sei die Situation etwas besser. Und: «Jeder dritte Händler feilt am Konzept der Vertriebslinie – häufig in Bezug auf Sortimentsumfang und Service.»
Eine verbreitet positive Umsatzerwartung des deutschen Einzelhandels geht oftmals mit der Eröffnung weiterer Standorte einher. Zum Zeitpunkt der Befragung (Juli 2019) planten 56 Prozent der Vertriebslinien, die Anzahl der Filialen zu erhöhen. Allerdings stieg auch der Anteil derer, die ihr Filialnetz ausdünnen wollen, auf ein knappes Viertel (23 %). Zu den überdurchschnittlich expansiven Branchen gehören Drogerie, Gesundheit & Beauty, Hobby & Freizeit, Lebensmittel und Gastronomie. Häufiger als andere Branchen setzen Schuhe & Accessoires, Unterhaltungselektronik (UE) & Telekommunikation sowie Bekleidung auf eine Reduzierung der Filialanzahl. Der Lebensmittelhandel steht auch an erster Stelle der Händler, die die Verkaufsflächen je Filiale im Durchschnitt erweitern wollen. Die Händler brauchen den Platz in erster Linie für die Präsentation eines grösseren Warenangebotes und die Aufnahme neuer Produktgruppen (65 %). Ebenfalls häufig genannt werden ein Mehr an Komfort für die Kunden (50 %) und der Trend zum Erlebniseinkauf (45 %).
Das hohe Niveau der Immobilienpreise in Deutschland wirkt sich für die meisten Befragten auf die Immobilienstrategie aus. Mit 45 Prozent setzt etwas weniger als die Hälfte der Händler bevorzugt auf die Anmietung von Immobilien. Nur zwölf Prozent bevorzugen den Kauf von Immobilien, vor allem die Branchen Möbel, DIY und Lebensmittel. Sale-and-Lease-Back ist in diesem Falle eine Strategie der Nische und wird nur von drei Prozent genutzt. Viele der befragten Händler (43 %) lassen sich in ihrer Immobilienstrategie nicht durch hohe Preise beeinflussen und sehen keine Auswirkungen.
Jeder vierte Händler legt im Rahmen der Immobilienstrategie grossen Wert auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Ebenso viele sehen die Nachhaltigkeit für sich aber als nicht relevant an. Knapp die Hälfte der Befragten setzt bereits aktiv Projekte um. Jeder Vierte prüft unterschiedliche Massnahmen zur baldigen Umsetzung, und ebenso viele haben keine klimafreundlichen Pläne.