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Mit ihrem Kreuz bei der Bundestagswahl 2013 stimmen Handelsunternehmer auch darüber ab, wie es bei Themen wie Mindestlohn, Energiekosten und Steuern weitergeht. Die Pläne der Parteien.
Der Mittelstand schultert einen Großteil der Kosten für die Energiewende. Während energieintensive Industriebetriebe von der EEG-Umlage befreit sind, steigen zum Beispiel für einen Supermarkt mit 1.200 Quadratmetern Fläche die durch die EEG-Umlage bedingten Kosten von 18.000 auf 27.000 Euro im Jahr. Nicht nur Wilfried Hollmann, Präsident des Mittelstandsverbundes, plädiert daher für „eine sofortige Korrektur des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“. Die Ausnahmen im EEG für privilegierte Industrien müssen zurückgefahren werden, fordert auch der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Mit ihrer Wahl am 22. September 2013 können Händler nicht nur Einfluss auf die Ausgestaltung der Energiewende nehmen, sondern sie bestimmen auch darüber mit, welche Entscheidungen in anderen wirtschaftspolitischen Bereichen getroffen werden. Etwa beim Verbraucherschutz, beim Mindestlohn oder bei den Unternehmenssteuern. Das MARKANT Magazin hat CDU und SPD, Grüne und FDP, Linke und Piraten nach ihren Plänen befragt – als Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl 2013.
Die Pläne der Parteien:
CDU
Energiewende. „Wir wollen die Kosten der Energiewende fair und angemessen auf möglichst viele Schultern verteilen. Um die steigenden Kosten der EEG-Umlage für Verbraucher und mittelständische Unternehmen zu begrenzen, benötigen wir eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Wir wollen dies so weiterentwickeln, dass die Energie bald zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten wird.“
Verbraucherschutz. „Die staatlichen Kontrollen und insbesondere das Eigenkontrollsystem der Wirtschaft müssen verbessert werden. Das A und O ist die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit. Dafür werden wir die Anforderungen erhöhen. Wir wollen EU- und bundesweit einheitliche Standards der Kontrolle, abschreckende Strafen gegen Lebensmittelbetrug und die Abschöpfung daraus erzielter Gewinne durchsetzen. Zudem setzen wir uns für eine europaweit verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln ein.“
Mindestlohn. „Für uns gilt: Wer hart arbeitet, muss anständig bezahlt werden. Deshalb wollen wir dort, wo es keine Tarifverträge gibt, die Tarifpartner in die Pflicht nehmen. Sie sollen gemeinsam einen tariflichen Mindestlohn festlegen. Eine Lohnfestsetzung durch die Politik lehnen wir ab.“
Steuern. „Steuerhöhungen oder die Wiedereinführung bestimmter Steuern lehnen wir ab. Vielmehr wollen wir die Mittelschicht entlasten. Die Vermögenssteuer lehnen wir ab. Die Erbschaftssteuer wollen wir nicht erhöhen, da dadurch vor allem der Mittelstand getroffen würde.“
SPD
Energiewende. „Knapp die Hälfte des Strompreises sind Steuern, Abgaben und Umlagen. Ziel muss es sein, die Belas-tungen sowohl für den einfachen Stromkunden als auch für die in Deutschland produzierende Industrie so gering wie möglich zu halten. Wir wollen eine von der Steuer weitestgehend befreite Grundversorgung einführen.“
Verbraucherschutz. „Die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung müssen grundsätzlich auch unterhalb von Grenzwertüberschreitungen veröffent-licht werden. Zudem wollen wir Verbraucherinnen und Verbraucher mittels einer leicht verständlichen Form wie der Hygieneampel vor Ort über Überwachungsergebnisse informieren. Um Verbraucherrechte effektiv durchzusetzen, wollen wir Unrechtsgewinne einziehen.“
Mindestlohn. „Die SPD will einen gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von mindestens 8,50 Euro einführen – einheitlich in Ost und West, der auf Vorschlag einer vom Bundesarbeitsministerium eingesetzten Mindestlohnkommission jährlich angepasst wird. Den Mindestlohn werden wir mit klaren Regeln zur Kontrolle und mit Sanktionen bei Umgehung verbinden.“
Steuern. „Die wirtschafts- und finanzpolitische Lage erlaubt derzeit keine Steuersenkungen. Wir werden die Einkommenssteuer für Spitzenverdiener (Spitzensteuersatz, Absetzbarkeit, Begrenzung der Managergehälter) erhöhen, die Abgeltungsteuer und die Umsatzsteuerermäßigung für Beherbergungsleistungen („Hoteliersteuer“) zurücknehmen und die Vermögenssteuer wieder einführen.“
Die Grünen
Energiewende. „Die Ausgestaltung der EEG-Umlage ist mitnichten gerecht – und daher dringend reformbedürftig! Bündnis 90/Die Grünen wollen die Privilegierung der Großindustrie zulasten von Mittelstand und Privathaushalten beenden und setzen sich für eine faire Verteilung der Energiekosten ein. Dazu wollen wir die Befreiung der Industrie von der EEG-Umlage massiv zurückführen.“
Verbraucherschutz. „Mögliche Gesundheitsrisiken oder Verbrauchertäuschung müssen frühzeitig entdeckt werden, und Betrug darf sich nicht lohnen. Dafür brauchen wir Verbesserungen in Kontrolle, Strafverfolgung und Verbraucherinformation. Angesichts der gestiegenen Kontrollanforderungen halten wir eine stärkere Gebührenfinanzierung der Lebensmittelkontrollen für sachgerecht.
Mindestlohn. „Bündnis 90/Die Grünen fordern einen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro in Ost- und Westdeutschland, um Beschäftigte vor Niedriglöhnen zu schützen.“
Steuern. „Die Einkommenssteuer wollen wir durch die Erhöhung des Grundfreibetrags auf 8.712 Euro für 90 Prozent der Steuerzahler senken. Für weniger als 10 Prozent wollen wir durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent die Einkommenssteuer erhöhen. Auch Kapitaleinkünfte sollen wieder progressiv besteuert werden. Das Ehegattensplitting wollen wir zu einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag umbauen, um so Kinder zu fördern. Wir wollen eine einmalige Vermögensabgabe zur Schuldentilgung für Vermögen von über einer Million Euro einführen.“
FDP
Energiewende. „Das EEG muss reformiert und die erneuerbaren Energien an den Markt herangeführt werden. Wir Liberalen schlagen unter anderem vor, dass die Förderung weg von der festen Einspeisevergütung und hin zur Direktvermarktung umgestellt wird. Langfristig ist für uns ein europäisches Mengenmodell ein Ziel, um einen Mindestanteil erneuerbarer Energien an den kostengünstigsten Standorten Europas zu produzieren.“
Verbraucherschutz. „Die Rückverfolgung von Lebensmitteln und deren Bestandteilen auf europäischer Ebene sollte vorangetrieben werden. Die Einrichtung einer nationalen Task Force im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist ebenfalls eine wichtige Maßnahme zur Bewältigung von Lebensmittelskandalen.“
Mindestlohn. „Einen allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohn lehnen wir strikt ab. Wir treten dafür ein, dass die Höhe der Lohnuntergrenzen auch in Zukunft im Einklang mit der Tarifautonomie Branche für Branche festgelegt wird – dezentral und differenziert. Dazu wollen wir die bestehenden Regelungen für Mindestlöhne überarbeiten und besser aufeinander abstimmen.“
Steuern. „Wir sind gegen eine Erhöhung der Steuerbelastung von Bürgern und Unternehmen. Dazu gehört, die kalte Progression zu bekämpfen, damit der Staat sich nicht auf Kosten der Bürger an der Inflation bereichert. Der Solidaritätszuschlag soll schrittweise vollständig abgebaut werden. Die Einführung einer Vermögenssteuer oder auch eine Vermögensabgabe lehnt die FDP ab.“
Die Linke
Energiewende. „Die Linke will erstens die Willkür der Stromversorger bei der Preisbildung beenden. Um rund zwei Cent könnte der Strompreis niedriger liegen, gäbe es eine funktionierende Regulierung des Endkundengeschäfts. Zweitens wollen wir unberechtigte Industrie-
rabatte abschaffen. Allein die Industrie-rabatte bei der EEG-Umlage führen zu einer Preissteigerung für gewerbliche und private Stromverbraucher von fast einem Cent pro Kilowattstunde.“
Verbraucherschutz. „Wir unterstützen
einen europäischen ‚Reisepass’ für Lebensmittel und eine verständliche und lückenlose Kennzeichnung von Herkunft und Inhalt auf den Produkten. Außerdem ist es zwingend erforderlich, die Lebensmittelüberwachung personell und materiell deutlich besser auszustatten.“
Mindestlohn. „Die Linke fordert schon lange einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro. Dieser Mindestlohn muss jährlich ansteigen und dabei mindestens die Produktivitäts- und Preisentwicklung berücksichtigen.“
Steuern. „Wir fordern eine Millionärssteuer, also eine Vermögenssteuer für Millionäre, eine deutlich höhere Besteuerung großer Erbschaften und die Erhöhung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent. Die Einkommenssteuer will Die Linke so reformieren, dass 90 Prozent der Steuerzahler entlastet und nur die hohen Einkommen belastet werden. Die Linke fordert Steuerreformen, die das Kleinunternehmertum entlasten, außerdem die Abschaffung von IHK-Beiträgen für Unternehmen bis zu einem Gewerbeertrag von bis zu 30.000 Euro.
Piratenpartei
Energiewende. „Richtig ist es, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) grundlegend zu überarbeiten, da in seiner derzeitigen Fassung die Förderungen von Stromerzeugung und -verbrauch praktisch nicht aufeinander abgestimmt sind. Statt einseitig auf die teure Erhöhung von Stromtransportkapazitäten müsste viel stärker auf Speicherung gesetzt werden. Damit würde auch die Ausfallsicherheit des Stromnetzes erhöht.“
Verbraucherschutz. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Erzeuger vernünftig bezahlt werden. Gerade in der Landwirtschaft kann kaum noch kostendeckend produziert werden. Das geht auf Kosten des Tierwohls, der Tiergesundheit und der Qualität. Die Lebensmittelskandale, die immer häufiger bekannt werden, sprechen da eine deutliche Sprache.
Mindestlohn. „Wer voll berufstätig ist, darf nicht unter der Armutsgrenze leben und auf staatliche Zusatzleistungen angewiesen sein. Deshalb setzen wir uns für
einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn ein. Den weitestgehenden Ansatz hat hier die Piratenpartei Niedersachsen gefunden, die sich für einen Mindestlohn in Höhe der durch die OECD ermittelten Niedrigstlohngrenze ausspricht. Diese beläuft sich aktuell auf 10,36 Euro.“
Steuern. „Wir streben eine einfache und vom Bürger zu verstehende Steuergesetzgebung an. Vorgesehen ist eine Erhöhung des Steuerfreibetrags, sodass weniger Geringverdiener steuerpflichtig werden. Deutlich erhöht werden soll der Spitzensteuersatz. Vorgesehen ist auch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer in
einer modifizierten Version.“