Out-of-Stock: Gift fürs Geschäft

Montag, 23. Januar 2023
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Ausverkaufte Ware sorgt für Verdruss beim Kunden. Welche Umsatzverluste dem Händler daraus entstehen, hängt aber von bestimmten Faktoren ab. Diese hat eine Studie der DHBW Heilbronn jetzt genau ermittelt.

Aufgrund verschiedener Ereignisse stocken die globalen Lieferketten. Auch der Lebensmittelhandel kann die Verfügbarkeit aller Waren nur noch eingeschränkt sicherstellen. Wenn Kunden aber ihre gewünschten Produkte nicht vorfinden, kaufen sie bestenfalls ein Alternativprodukt. Oft aber wird das Produkt auch gar nicht oder beim Wettbewerber gekauft. Die Studie «Kundenreaktionen auf Out-of-Stock im Lebensmitteleinzelhandel» der Hochschule DHBW Heilbronn zeigt, dass Out-of-Stocks (OoS) zu erheblichen Kundenverlusten führen. Die Befragung von 1203 LEH-Kunden liefert Aufschluss, wie diese auf ausverkaufte Produkte in verschiedenen Warengruppen und in verschiedenen Betriebstypen des Lebensmittelhandels (Supermärkte, Grossflächen, Discounter) reagieren.

Kunden kaufen bei der Konkurrenz
Grundsätzlich kaufen 42 Prozent der Konsumenten ein Alternativprodukt, wenn ihr Wunschprodukt ausverkauft ist. Die Mehrheit von ihnen (85 %) greift dann zu einer konkurrierenden Marke – vorausgesetzt, diese ist nicht teurer als die ausverkaufte Wunschmarke. 26 Prozent der Kunden verzichten bei OoS auf den Kauf und verschieben ihn auf später, wenn auch beim selben Händler. 29 Prozent der Kunden wechseln bei OoS das Geschäft. Dann werden OoS für den Händler besonders teuer. Denn beim Filialwechsel entscheiden sich die meisten Konsumenten (72 %) für das Geschäft eines anderen Händlers. Fast die Hälfte dieser Kunden holt dann nicht nur das gesuchte Produkt bei der Konkurrenz, sondern erledigt dort den gesamten restlichen Einkauf. «Das führt zu einem erheblichen Umsatzverlust des präferierten Händlers», unterstreichen die Autoren der Studie. Die Probanden, die eine andere Filiale des gleichen Anbieters aufsuchen, erledigen dort ebenfalls oft den gesamten restlichen Einkauf. Dies impliziere für den Händler zwar keinen Umsatzverlust, beeinflusse aber «die Prognose zukünftiger Abverkäufe dieser Filialen».

Frische ist besonders sensibel
Wie die Studie weiter feststellt, reagieren die Kunden der Discounter besonders empfindlich auf OoS bei Lebensmitteln. 31 Prozent der Befragten geben an, dann die Filiale zu wechseln. Dagegen reagieren nur 27 Prozent der Supermarktkunden so drastisch. Die übrigen kaufen eine Alternative (43 %) oder verschieben den Kauf (28 %). Besonders kritisch für alle Vertriebstypen sind OoS in den Frische-Sortimenten. Bei fehlenden Obst- oder Gemüseprodukten verzichten fünf Prozent ganz auf den Kauf, weitere 28 Prozent wechseln das Geschäft. Bei Backwaren reagieren zehn beziehungsweise 22 Prozent in dieser Weise auf OoS. Allerdings sind auch hier die Kunden der Supermärkte deutlich eher dazu bereit, das präferierte Produkt durch ein anderes zu substituieren als die Kunden der Discounter oder der SB-Grossflächen, die dann eher auf den Kauf verzichten.

Viele Ursachen noch im Dunkeln
«Die Warenverfügbarkeit ist ein essenzieller Bestandteil für eine hohe Kundenzufriedenheit und damit auch für den Unternehmenserfolg», halten die Autoren der Studie fest. Diese werde jedoch nicht allein durch externe, oft globale Lieferprobleme eingeschränkt, sondern entstehe auch aufgrund von fehlerhaften Prozessen in den Supply-Chains sowie schlecht organisierten Warenbestellungen und Verräum-Prozessen in der Filiale. Die Wissenschaftler der DHBW empfehlen deshalb nachfolgende Forschungen mit Fokus auf den Ursachen der Störungen in den Lieferketten. Die Ergebnisse versprächen spannend zu werden, da seit der Implementierung der automatischen Disposition und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) keine aktuellen Studien vorliegen.

 

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Info

Eine komprimierte Version dieser Studie mit Fokus auf das Kundenverhalten bei der Konfrontation mit Out-of-Stock  finden Sie im Whitepaper #17. Die gesamte Studie inkl. der Ergebnisse zu allen Leitfragen sind im Band 16 der Schriftenreihe Handelsmanagement nachzulesen. Beide Versionen finden Sie unter: www.handel-dhbw.de

ECR-Award

dm-drogerie markt, Rossmann, Beiersdorf und Markant haben eine KI-gesteuerte Plattform mit dem Ziel entwickelt, Lieferquoten, Logistik- und Produktionsprozesse zu optimieren. Insgesamt zehn Händler und 64 Lieferanten profitieren im Zuge der Kooperation bereits vom übergreifenden Datenaustausch. Das Resultat ist eine 33-Wochen-Prognose je Handelslager hinsichtlich der zu erwartenden Wochenlieferung pro Artikel. Der Einsatz in der Praxis zeigt, dass damit Überbestände und Lieferausfälle vermieden werden können. Das Projekt wurde mit dem ECR-Award 2022 ausgezeichnet.