Bei der Vielfalt der Ernährungsformen kann man schnell die Übersicht verlieren. Das Markant Magazin ONE berichtet in drei Teilen, was die verschiedenen Ernährungsstile ausmacht und wie der LEH das Potenzial für sich nutzen kann.
Die deutschen Verbraucher haben sprichwörtlich die Qual der Wahl, wenn es um die Ernährung geht: Aus rund 170 000 verschiedenen Lebensmitteln können sie laut dem Lebensmittelverband Deutschland das auswählen, was ihnen schmeckt und was zu ihrem individuellen Lebensstil am besten passt. Ob vegetarisch oder vegan, Vollkost oder Rohkost, regional oder bio – wie sich die Konsumenten dauerhaft ernähren werden, ist jedoch schwer zu erheben, da viele unterschiedliche Auffassungen und Ausprägungen der verschiedenen Ernährungsformen bestehen. Hinzu kommt, dass für viele Menschen die Ernährung zu einer wichtigen Ausdrucksform von Individualität und Persönlichkeit geworden ist. Fakt ist, dass sich der Trend zu einem geringeren Fleischverzehr in Deutschland weiter fortsetzt. Laut Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) lag der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch im Jahr 2023 bei 51,6 Kilogramm und ist damit um 430 Gramm im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Gründe für den sinkenden Fleischverzehr dürften unter anderem sich verändernde Ernährungsweisen sein. Auch ein generell gewachsenes Bewusstsein, welche Auswirkungen ein hoher Fleischkonsum auf die eigene Gesundheit, Klima und Umwelt haben, dürfte eine Rolle spielen.
Pflanzliche Ernährung auf dem Vormarsch
In dem Kontext steigt auch der Anteil der deutschen Konsumenten, die jeden Tag zu vegetarischen oder veganen Alternativen greifen. Laut dem BMEL-Ernährungsreport 2024 «Deutschland, wie es isst» lag der Anteil der Veganer und Vegetarier in 2024 bei zehn Prozent (2 % Veganer, 8 % Vegetarier), im Jahr 2022 lag dieser noch bei fünf Prozent. Die pflanzenbasierten Produkte stehen vor allem bei Jüngeren häufiger auf dem Speiseplan. 18 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und 12 Prozent der 30- bis 44-Jährigen essen sie täglich. Bei den 45- bis 59-Jährigen sind es acht Prozent, bei den über 60-Jährigen fünf Prozent. Das sind weitere Ergebnisse des aktuellen BMEL-Ernährungsreports 2024.
Gezielte Angebote für den POS
Vielfalt ist der Schlüssel, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Ansprüchen der Verbraucher gerecht zu werden. Diese sollte der Handel am Point of Sale für sich nutzen. Dabei gilt es zu wissen, was die Unterschiede und Feinheiten der unterschiedlichen Ernährungsweisen sind. Mit diesem Wissen kann der Handel die verschiedenen Käufergruppen mit gezielten Angeboten ansprechen und für sich gewinnen.
Das Markant Magazin ONE berichtet in einer dreiteiligen Serie über die verschiedenen Ernährungsformen (siehe Info), der Fokus von Teil 1 liegt auf Verbrauchern, die aus verschiedenen Gründen kein Fleisch konsumieren wollen. Und auch hier gibt es wiederum Unterformen – ein Überblick.
Vegetarier
Mit einer vegetarischen Ernährungsweise verbinden viele eine pflanzenbetonte Ernährung ohne Fleisch. Das stimmt auch, aber nicht nur. Es gibt verschiedene Formen der vegetarischen Ernährung, bei denen in unterschiedlichem Ausmass auf tierische Lebensmittel verzichtet wird – also nicht nur auf Fleisch, sondern je nach Form auch auf Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte bis hin zu einem vollständigen Verzicht auf tierische Lebensmittel. So verzichten Lacto-Vegetarier auf Fleisch, Fisch und Eier, sie konsumieren aber Milchprodukte. Indessen verzichten Ovo-Vegetarier auf Fleisch, Fisch und Milchprodukte, allerdings verzehren sie Eier. Semi-Vegetarier greifen hingegen zu pflanzlichen Lebensmitteln, Eiern, Milch und Milchprodukten, zusätzlich Fisch und Geflügelfleisch. Sie meiden jedoch rotes Fleisch.
Veganer
Veganer lehnen tierische Produkte in ihrer Ernährung ab, dazu gehören Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte, Honig, Gelatine und weitere tierische Produkte sowie verarbeitete Lebensmittel mit tierischen Zutaten. Ihre Haltung bezieht sich meist auch auf andere Konsumgüter wie etwa Kosmetika und auf Bekleidung (z. B. Wolle, Leder). Auf ihrem Speiseplan stehen pflanzliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sowie Vollkorn und Getreide. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an veganen Fleischalternativen wie vegane Burger, Schnitzel und Würstchen sowie vegane Fischalternativen, die auf Basis von Soja, Seitan oder Lupinen hergestellt werden sowie auch pflanzliche Alternativen zu Milch, Käse und Joghurt, die für eine vegane Ernährungsweise in Frage kommen. Diese werden meist aus Hafer, Soja, Mandeln oder Reis hergestellt. Was die vegetarische mit der veganen Ernährung verbindet, ist der ethische Ernährungs- und Lebensstil, da sowohl Vegetarier als auch Veganer das Töten von Tieren und die industrielle Massentierhaltung ablehnen.
Pescetarier
Der Begriff Pescetarismus kommt vom lateinischen Wort «Piscis» und aus dem Italienischen: «pesce» bedeutet auf Deutsch «Fisch». Pescetarier lehnen den Konsum von Fleisch von Landtieren ab – dafür ernähren sie sich neben pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse und Hülsenfrüchten von verschiedenen Fischarten wie Lachs, Forelle und Co. Oft stehen bei dieser Ernährungsform auch Meerestiere wie Tintenfische, Muscheln und andere Ozeanbewohner auf dem Speiseplan. Auch andere tierische Produkte wie Eier und Milchprodukte können in einer pescetarischen Ernährung vorkommen. Drei Prozent der deutschen Bevölkerung ernähren sich laut Statista pescetarisch. Wenn es um den Anteil der Pescetarier in ausgewählten Ländern weltweit geht, führt Pakistan die Liste an, gefolgt von Saudi-Arabien (jeweils 8 %, Statista).
Frutarier
Frutarismus ist eine Ausprägung des Veganismus mit einer Ernährung auf Grundlage von Früchten und anderen pflanzlichen Lebensmitteln. Frutarier achten grossteils darauf, nur pflanzliche Produkte zu konsumieren, bei deren Gewinnung die Pflanze nicht beschädigt wird. Dies können Fallobst, Nüsse und Samen sein. Teilweise wird von Frutariern – im Kontrast zur veganen Ernährung – Honig konsumiert. In der strengsten Form sind dies Früchte, die gepflückt werden können, ohne die Pflanze zu beschädigen, oder die von allein vom Baum oder Strauch abfallen. Aber Kartoffeln, Rüben, Zwiebeln oder Kohl dürfen nicht gegessen werden. Denn bei diesen Lebensmitteln handelt es sich um Wurzel-, Knollen-, Blatt- oder Stängelteile. Die Pflanzen würden bei der Ernte zerstört werden.
Flexitarier
Flexitarisch heisst die Ernährungsform, bei der Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte die Hauptrolle spielen, aber Fleisch und Fisch nicht ganz weggelassen werden. Flexitarier sind damit also flexible Vegetarier. Strenge Regeln zum Ausmass des Fleischverzichts gibt es dabei nicht. Ihre Gemeinsamkeiten mit Vegetariern: Flexitarier legen besonders viel Wert auf den Tierschutz und die Qualität der Nahrung. Neben Umweltaspekten spielt wie bei anderen Formen des Vegetarismus auch ein verstärktes Gesundheitsbewusstsein eine wichtige Rolle. Wer sich laut WWF Deutschland flexitarisch ernährt, reduziert die Treibhausgasemissionen immerhin um 27 Prozent und den Flächenverbrauch um 18 Prozent.
Zukunft schmeckt
«Nur durch ein breites und innovatives Angebot können wir als Branche sicherstellen, dass wir allen Erwartungen an Geschmack, Qualität und Nachhaltigkeit entsprechen», erklärte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer Lebensmittelverband Deutschland e. V. in einer Presseerklärung anlässlich der Grünen Woche in Berlin. Die Lebensmittelvielfalt zu bewahren und weiterzuentwickeln, sei entscheidend, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.