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70 Prozent aller Kaufentscheidungen fallen spontan am POS. Vebraucher lassen sich dabei von Tönen, Farben und Düften verführen. Die Irrationalität des Menschen macht sich das Handelsmarketing zunutze.
Als besonders wirkungsvolle Treiber im Neuromarketing gelten Farben und mehr noch Gerüche und Düfte, denen man sich kaum entziehen kann und die ihre Wirkung vor allem im Unterbewussten entfalten. Damit sich Kunden wohler fühlen und die Einkaufslaune steigt, versprühen immer mehr Händler Düfte. „Mittlerweile gibt es wissenschaftliche Studien, deren Ergebnisse von negativen Wirkungen bei unpassenden Düften über kaum messbare Wirkungen bis hin zu positiven Duftwirkungen in Form einer längeren Verweildauer, höherer Umsätze und Spontankaufraten, positiverer Geschäfts- und Sortimentsbeurteilung und sogar Effekten auf die soziale Wahrnehmung (etwa bessere Beurteilung der Verkäuferkompetenz) reichen“, so der Duftforscher Dr. Patrick Hehn vom Göttinger Institut für Sensorikforschung und Innovationsberatung.
Düfte wirken individuell
Dabei sei aber in der Regel der Einzelfall zu beachten. Hehn: „Generalisierte Aussagen sind beim Duftmarketing kaum möglich, da Düfte in unterschiedlichem Kontext je nach Passung anders wirken können.“ Um positiv zu wirken, müsse ein Duft der Zielgruppe gut gefallen und gleichzeitig gut zum Einsatzbereich passen. Dabei müsse der Duft nicht immer im gesamten Verkaufsraum ausgebracht werden. Konzeptionell interessant sei beispielsweise ein so genannter „Welcome-Duft“, der nur im Eingangsbereich ausgebracht wird, um für einen positiven ersten Eindruck zu sorgen. Spannend seien auch Techniken, die am Regal befestigt würden und den Kunden durch kurzzeitige Duftfreisetzung animierten. Als starke Stimulanz beim Einkauf wirken auch Farben, insbesondere in Kombination mit Licht. So ist es bei der Beleuchtung von frischen Lebensmitteln üblich, Lichtquellen zu wählen, welche die vorherrschenden Farben eines Produkts besonders gut darstellen können. Daher werden zum Beispiel für Fleisch und Wurstwaren Lampen mit einem hohen Rotanteil gewählt, für Brot dagegen eher wärmere Lichtquellen mit einem höheren Gelbanteil. Fachleute sprechen hier von der so genannten Eigenfarboptimierung. Die eigentliche Aufgabe der Lichttechnik ist dabei die farbgetreue Produktinszenierung, ohne das Aussehen der Ware zu verfälschen.
Multisensuales Marketing
Ein Thema, mit dem sich viele Händler momentan beschäftigen, ist das multisensuale Marketing. Hierbei geht es in erster Linie um die Frage, wie man Verbraucher stimmig über alle Sinne ansprechen kann. „Unsere Studien im Konsummarketing zeigen, dass sich die Produktakzeptanz erhöht, wenn das Produkt über alle Sinne hinweg sys-tematisch und in sich stimmig gestaltet wird“, erläutert Hehn. Übertragen auf den Handel bedeutet dies, Materialien, Bilder, Bodenbeläge, Licht, Akustik, Musik und auch Duft entsprechend der gewünschten Positionierung des Händlers auszuwählen. „Dabei ist es wichtig, für jeden Händler eine eigenständige Strategie zu entwickeln, mit der er sich vom Rest des Marktes abheben kann“, so Martin Gaber, neuer Geschäftsführer von JosDeVries
(siehe Interviewkasten).