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Der deutsche Einzelhandel baut die Elektro-Ladestationen auf seinen Parkplätzen zügig aus. Der Gesetzgeber nimmt den Handel jetzt aber noch stärker in die Pflicht.
Die Elektromobilität steht im Mittelpunkt der Verkehrswende, und dabei hat die Regierung den Handel mit seinen Parkplätzen als Standort für Ladestationen fest eingeplant. Mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, mit möglichen Geschäftsmodellen und Kundenbindungsinstrumenten können Handelsunternehmen nun mit den «strategisch so wichtigen Parkräumen neue, zumindest aber mittelbare Einnahmequellen erschliessen», heisst es beim EHI Retail Institute. Das EHI hat in seinem Whitepaper «Elektromobilität im Handel 2022» den Status quo ermittelt und die weiteren – auch vom Gesetzgeber initiierten – Etappen aufgezeigt.
Laden nicht mehr umsonst
Im LEH stellen 72,2 Prozent der Befragten schon jetzt Ladestationen bereit, und bei 22,2 Prozent sind sie in Planung. Ähnlich sieht es bei Baumärkten aus. Hier haben 71,4 Prozent bereits E-Stationen und 28,6 Prozent planen sie. Wie die Befragung weiter zeigt, wächst auch die Zahl der Händler, die für das Laden Gebühren verlangen. Bei 42 Prozent ist das Laden im Jahr 2022 nicht mehr kostenfrei (Vorjahr: 29 %). Auch bei den Vergütungsmodellen zeigt sich die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur (LIS) als Instrument zur Kundenbindung. Wo noch im Vorjahr Ladestrom kostenfrei für alle war, gibt es jetzt Vergünstigungen explizit für die Kundschaft. Viele Händler (45 %) lassen die Abrechnung über Dienstleister durchführen. Auch die direkte Bezahlung ist bereits bei etwa jedem dritten Handelsunternehmen möglich. So kann der Kunde ohne weitere Identifizierung (ad hoc) an der Ladestation bezahlen. Die Ladesäulenverordnung sieht ab 1. Juli 2023 bei neu in Betrieb genommenen Säulen vor, dass das Bezahlen barrierefrei sein muss. Für das Ad-hoc-Laden ist es dann verpflichtend, mindestens einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mittels gängiger Kredit- und Debitkarte anzubieten. Etwas mehr als 30 Prozent der Händler gehen davon aus, dass ihre Kunden bei AC-Ladestationen (Wechselstrom) maximal 30 Cent pro Kilowattstunde (kWh) zahlen wollen. Weitere 27 Prozent halten maximal 40 Cent für möglich. Bei dem von E-Auto-Fahrern favorisierten DC-Ladevorgang (Gleichstrom) bewegt sich die Einschätzung der Handelsunternehmen grösstenteils zwischen maximal 30 bis 70 Cent je kWh.
Kundenbindung treibt den Ausbau
Das im März 2021 in Kraft getretene «Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetz» (GEIG) besagt, dass neu gebaute Handelsbetriebe mit einem Parkplatz ab sechs Stellplätzen mindestens einen E-Ladepunkt zur Verfügung stellen müssen. Zusätzlich muss für jeden dritten Stellplatz die Leitungsinfrastruktur beispielsweise mit Leerrohren vorbereitet werden. Bei einer Modernisierung gilt dies ab zehn Stellplätzen, und für jeden fünften Stellplatz müssen Leerrohre gelegt werden. Ab 2025 gilt diese Pflicht auch für Bestandsgebäude mit mehr als 20 Stellplätzen. Was dies allein für den deutschen LEH bedeutet, macht eine Hochrechnung des EHI deutlich. Demnach gibt es im LEH rund 28 600 Verkaufsstellen mit mehr als zehn Stellplätzen. Nach EHI-Zahlen werden etwa zehn Prozent der Filialen pro Jahr grundlegend saniert, und so werden rund 2850 Märkte unmittelbar mit einem Ladepunkt auszurüsten sein. Rund 25 700 LEH-Filialen, die im Durchschnitt weit über 20 Stellplätze haben, müssen ab dem Jahr 2025 zusätzlich Leerrohre verlegen. Trotz all dieser Auflagen: Die Kundenbindung bleibt die Hauptmotivation für die Handelsunternehmen, Ladestationen zu errichten. 78 Prozent der Befragten möchten ihren Kunden entsprechende zusätzliche Serviceleistungen anbieten. Erst an zweiter Stelle folgt mit weitem Abstand (49 %) die Gesetzgebung als weitere Motivation.