CO2-Footprint entschlüsselt

Montag, 29. April 2024
Foto: stock.adobe.com/photobyphotoboy

In der Logistik und Infrastruktur des Online-Handels liegen erhebliche ökologische Einsparpotenziale. Eine Fraunhofer-Studie schlüsselt jetzt den CO2-Footprint eines Online-Einkaufs genau auf.

Betrachtet man vergleichbare Paketsendungen im E-Commerce im Detail, zeigen die jeweiligen CO2-Bilanzen signifikante Unterschiede. Im schlechtesten Fall ist die verursachte Treibhausgasmenge zehn Mal höher als beim ökologisch besten Sendungsverlauf. Das zeigt die «Studie zur ökologischen Nachhaltigkeit des Online-Handels in Deutschland» (OeNO) vom Fraunhofer-Institut im Auftrag des E-Commerce-Verbandes bevh. Sie schlüsselt erstmals detailliert die gesamten klimatischen Umweltauswirkungen eines Online-Einkaufs von der Bestellung, digitalen Weiterbearbeitung, Verpackung, Logistik bis zur Zustellung (ggf. mit Retoure) auf und skizziert Massnahmen für mehr Nachhaltigkeit. «Wir haben uns bewusst für eine sehr offene Bestandsaufnahme unserer eigenen Umweltauswirkungen entschieden, um daraus abzuleiten, wo unsere Branche noch besser werden kann», erklärt bevh-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer das Forschungsziel. 
 
Gravierende Unterschiede
Eine Standard-Paketlieferung bis zur Haustür verursachte im Jahr 2021 durchschnittlich 1421 Gramm CO2-Äquivalente. Im Einzelfall liegen diese Werte aber deutlich höher oder niedriger. In einem hypothetischen «Best Case» würde eine Bestellung nach kurzer Produktsuche per Smartphone (im WLAN), bei optimal geplantem Versand (letzte Meile durch E-Fahrzeug an eine Packstation) mit einer recycelten Mehrwegversandverpackung (hohe Anzahl von Umläufen), über energetisch optimierte Logistikzentren sowie ohne folgende Retoure 469 Gramm verursachen, also nur ein Drittel des Durchschnitts. Beim «Worst Case» würde der Bestellung eine lange Produktsuche am PC vorangehen, der Transport per Dieselfahrzeug (Zustellung erst im dritten Versuch an der Haustür) über energetisch suboptimale Verteilzentren und mit einer materialintensiven Mehrwegversandverpackung erfolgen. Inklusive der Retoure in diesem Szenario entstehen 4426 Gramm CO2-Äquivalente. 
 
Grösstes Potenzial in der Logistik 
Die grössten Sparpotenziale entdeckte das Fraunhofer-Institut in der Logistik. Allein auf der «letzten Meile», also dem Weg vom Lager zum Kunden, würden elektrische Lieferfahrzeuge 24 Prozent aller Emissionen sparen können. Weitere bis zu 25 Prozent fielen potenziell weg, wenn sich Logistiker bei der Belieferung ländlicher Regionen zusammenschlössen. Auch die gebündelte Zustellung an Paketshops und Packstationen birgt grosses Potenzial: Sie verursacht nur 51 Prozent der Emissionen einer Haustürzustellung. In den Logistikzentren führt die energetische Optimierung vor allem der Beleuchtung und Fördertechnik in Verbindung mit eigenen Solaranlagen und der Nutzung von Abwärme im Idealfall dazu, dass das Lager klimaneutral arbeitet. Durch den Transport in versandfähigen Produktverpackungen bei Verzicht auf einen Versandkarton können bis zu 24 Prozent des Verpackungsmaterials wegfallen. 
 
Jeder Einzelne in der Pflicht
Die Studie weist auch nach, dass der Handel nur einen kleinen Teil am ökologischen Fussabdruck ausmacht. Bei Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus fallen die meisten Emissionen bereits bei der Produktion an, auf den Handel selbst entfällt durchschnittlich nur ein einstelliger Prozentanteil der gesamten CO2-Äquivalente. «Ein grosses Stück der Verantwortung fällt auch auf die Verbraucher, wenngleich der Handel durchaus bei nachhaltigeren Kaufentscheidungen unterstützen kann», so die Autoren der OeNO-Studie. Sie empfehlen nachhaltige Produktinformationen und transparente Informationen über Verpackung und Versand. Bei der Verantwortung für Umweltauswirkungen sei jeder Einzelne – Hersteller, Handel, Logistiker und Verbraucher – in der Pflicht, appelliert Christoph Wenk-Fischer. «Es hilft dem Klima nicht, mit weit hergeholten Vergleichen die Schuld auf vermeintlich grössere Umweltsünder abzuschieben.»

News

Foto: stock.adobe.com/karepa

FIZ. Trotz Inflation und hoher Lebenshaltungskosten bleibt Fisch unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Ernährung.

Jens Kundrun von Behn (links) und Lars Malachewitz von Bela (rechts). Fotos: Anna Leste-Matzen, Karsten Dollak

Bela und Behn meistern mit der Gründung des Joint Venture, der GLN Getränkelogistik GmbH & Co. KG, künftig gemeinsam die Herausforderungen der Mehrweg-Logistik.

Foto: Franz Oss

MPREIS. Durch die Nutzung der Software-Plattform von Hoffrogge richtet MPREIS das Sortiment und die Produktplatzierung in seinen Filialen noch mehr auf Kundenbedürfnisse aus.

Foto: stock.adobe.com/Maurice Tricatelle

Vion/GfK. Knapp 40 Prozent der deutschen Verbraucher bevorzugen Fleisch aus Deutschland und verzichten sogar bewusst auf importiertes Fleisch.

E-Commerce

Insgesamt werden in Deutschland für den Transport der 2,1 Milliarden nationalen B2C-Pakete circa 1,7 Millionen Tonnen CO2e ausgestossen. Dies entspricht 3,7 % der Emissionen des Strassengüterverkehrs. Von dieser Paketmenge sind 20 % Retouren, die für 13 % der gesamten Emissionen verantwortlich sind. Insgesamt 58 % der Emissionen werden auf dem Nachlauf, der sogenannten Letzten Meile, ausgestossen. Den grössten Anteil am Verpackungsverbrauch haben Sendungen im Bereich Telekommunikation, IT, Consumer Electronics mit 15 %, Heimwerker- und Baubedarf mit 12 %, Bürobedarf mit 10 %, Textilien und Möbel mit jeweils 9 %. 
 
Quelle: bevh/OeNO-Studie