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Kundengruppen typisieren und segmentieren, auf dieser Basis eine neue, differenzierte Marketing-Strategie fahren: Nur so lassen sich sinkende Kundenzahlen kompensieren.
Die Standorte erodieren. Für den Zeitraum Juli 2015 bis Juli 2016 berichten 45 Prozent der Händler mit Filialen in City-Lagen von einer stabilen, aber 32 Prozent von einer rückläufigen Zahl an Passanten – so eine aktuelle Untersuchung des Kölner EHI Retail Institute. Noch stärker unter Kundenschwund leiden die Shopping-Center: 39 Prozent der Kaufleute an diesen Standorten beobachten stabile, 36 Prozent jedoch rückläufige Frequenzen. Lediglich Fachmarktzentren scheinen bislang kaum betroffen: Dort gehen 40 Prozent der Kaufleute von stabilen, 14 Prozent von gesunkenen, aber immerhin 20 Prozent von gestiegenen Besucherzahlen aus.
Von den Onlinern lernen
„Eine Hauptursache für diese Rückgange ist die Konkurrenz aus dem Internet“, erklärt Lena Knopf, Projektleiterin Handelsimmobilien beim EHI. Laut HDE-Monitor 2016 hat der Online-Handel im Nonfood-Bereich bereits einen Marktanteil von 20 Prozent erreicht, im Food-Handel bewegt er sich momentan bei 0,8 Prozent. „Das Online-Wachstum geht weiter, und parallel dazu werden sich die Kundenfrequenzen im stationären Handel in den kommenden Jahren noch deutlicher verringern“, prognostiziert Dr. Andreas Enders vom international tätigen Beratungsunternehmen OC&C Strategy Consultants. Der Experte warnt vor Untätigkeit und empfiehlt den Kaufleuten, umgehend ein individuelles Konzept gegen den drohenden Kundenschwund zu entwickeln. „Das stationäre Geschäft kann und muss von Onlinern lernen, wie man Kundenverhalten versteht und wie man Frequenztreiber effektiv einsetzt, so Enders.
Das heißt in erster Linie, die eigenen (potenziellen)Kundengruppen zu typisieren und zu segmentieren, um darauf eine differenzierte Marketing-Strategie aufzubauen. Denn klar: Nicht-Kunden werden auf anderen Kommunikationswegen erreicht, müssen anders angesprochen und mit anderen Anreizen aktiviert werden als Dauerkunden, Schnäppchenjäger, Besonderheiten-Käufer oder echte Stammkunden (siehe Chart). Nur so lassen sich die hohen Streuverluste der Massenkommunikation vermeiden. „Der Online-Handel beherrscht diese Individualisierung, stationäre Händler haben Nachholbedarf“, konstatiert Enders.
„Köder“ gezielt einsetzen
Idealerweise mündet diese Strategie in einen sehr zielgerichteten Einsatz der Werbemittel und -inhalte. Dr. Andreas Enders empfiehlt den 6-Punkte-Plan:
1. Optimieren Sie die Anteile der Kategorien in Werbebeilagen: Durch Analyse der Kategorie-Performance lassen sich leicht die Kategorien mit dem höchsten Frequenzeffekt identifizieren und entsprechend forcieren.
2. Optimieren Sie die Artikelauswahl für Marketingmaßnahmen: Mit einem Scoring-Ansatz können die bei Marketingmaßnahmen leistungsstärksten Artikel identifiziert und regelmäßig als „Köder“ genutzt werden.
3. Optimieren Sie den Rhythmus: Die Taktfrequenz der Aussendungen sollte zwischen regelmäßiger Ansprache und tragbaren Kosten optimiert werden.
4. Regionalisieren Sie Ihre Angebote: Kundensegmente unterscheiden sich regional deutlich. Werben Sie unterschiedlich und dort intensiver, wo viel Potenzial liegt.
5. Entwickeln Sie klare Discount-Richtlinien: Setzen Sie für verschiedene Produktgruppen unterschiedliche Preisuntergrenzen. 6. Entwickeln Sie klare Leitlinien zur Preisdarstellung: Stellen Sie Preise und Discounthöhen für den Kunden transparent und logisch nachvollziehbar dar. Denn nicht nachvollziehbare Preisgestaltung verwirrt den Kunden.