Tijen Onaran ist Moderatorin, Speakerin, Autorin, Unternehmerin und Investorin bei «Die Höhle der Löwen». Sie engagiert sich für die Themen Diversity, Equity und Inclusion. Besonders als Investorin ist es ihr ein Anliegen, die Start-up-Szene diverser zu machen. Ihr Motto: ohne Vielfalt keine Innovation! Das Markant Magazin ONE hat mit ihr über diese zeitaktuellen Themen gesprochen.
Frau Onaran, was treibt Sie an?
Tijen Onaran: Mich treibt an, andere zu motivieren ihren Weg zu gehen. Ein erfolgreicher Tag ist für mich, wenn mich Nachrichten erreichen, dass meine Arbeit – egal ob im Bereich Diversität mit meinen Unternehmen oder im Bereich Sichtbarkeit mit meinen Büchern – andere positiv beeinflusst.
Was bedeutet es für Sie, Unternehmerin zu sein?
Tijen Onaran: Unternehmerin zu sein bedeutet für mich jeden Tag aufs Neue die verrückteste, anstrengendste, aber auch erfüllendste Achterbahnfahrt meines Lebens zu erleben. Als Unternehmerin kann und möchte ich dazu beitragen, dass Wirtschaft diverser und inklusiver wird. Und ich möchte mit meiner Geschichte zeigen, dass «self made» möglich ist.
Sind Frauen die besseren Unternehmer?
Tijen Onaran: Das Geschlecht macht Menschen per se nicht zu besseren Unternehmerinnen oder Unternehmern. Wofür ich mich allerdings jeden Tag einsetze, ist, dass Frauen dieselben Zugänge zu Kapital bekommen wie Männer, wenn sie gründen wollen. Das ist bis heute nicht der Fall. Klar ist: Ohne Frauen keine Wirtschaft! Denn, ob es darum geht, dass Vielfalt Teams besser macht oder darum, dass Frauen eben auch Konsumentinnen sind: Eine Wirtschaft, die Frauen schwächer statt stärker macht, ist keine erfolgreiche Wirtschaft!
Wie lassen sich die aktuellen Probleme am besten meistern? Braucht es dazu auch mehr Frauen in Schlüsselpositionen?
Tijen Onaran: Absolut. Es braucht mehr Frauen in machtvollen Positionen. Denn ohne Macht keine Transformation. Und die braucht es derzeit mehr denn je. Ob es darum geht, dass wir Wirtschaft neu und anders denken müssen oder darum, dass wir eine Politik des Aufbruchs brauchen. Es braucht vor allem eines: Haltung und Entscheidungsfreude. Und das ist im Idealfall geschlechterneutral.
Sie setzen sich für Diversity, Equity und Inclusion ein. Was gab den Anlass dazu?
Tijen Onaran: In meiner Karriere war es immer so und es ist bis heute so, je höher ich kam, desto weniger Frauen gab es in Entscheidungspositionen. Als ich das bei anderen Karriereverläufen beobachtet habe, stellte ich fest, dass es nicht nur mich betrifft. Aktuelle Zahlen zeigen, dass es in Vorständen, Aufsichtsräten und auch unter Investoren, noch viel zu tun gibt, was Diversität betrifft. Da ich nicht jammere, sondern mache, gründete ich mein Unternehmen. Heute arbeite ich mit ACI Consulting daran, dass Wirtschaft diverser und inklusiver wird. Es ist noch ein weiter Weg, aber es tut sich was.
Ist Diversity nur ein kurzer Trend?
Tijen Onaran: Diversity ist kein Trend, denn erfolgreiches Wirtschaften ist auch kein Trend. Ohne Diversität gibt es keine Innovation, das zeigen zahlreiche Studien. Dabei reicht es nicht aus, einmal auf dem CSD-Wagen mitzufahren, sondern es geht darum, in echte Veränderung in den Unternehmen zu investieren. Vielfalt ist immer besser als Einfalt. Wer das versteht, versteht Wirtschaft.
Warum tun sich aus Ihrer Sicht viele Unternehmen bei der Umsetzung von Zielen und Strategien im Bereich Diversität so schwer?
Tijen Onaran: Viele Unternehmen tun sich schwer, weil Diversität eine tiefgreifende Veränderung erfordert, die nicht über Nacht erreicht werden kann. Wenn der Schmerz am grössten ist, dann nehmen sich Unternehmen des Themas an. Dabei wissen doch alle, dass präventiv zu handeln immer besser ist als reaktiv zu sein.
Sie haben 2017 das Unternehmen ACI gegründet. Welche Vision und Mission verfolgen Sie dabei? Woher nehmen Sie die Kompetenz im Bereich Diversity, Equity und Inclusion?
Tijen Onaran: Mit ACI verfolge ich die Vision, eine Arbeitswelt zu schaffen, in der Vielfalt und Inklusion selbstverständlich sind. Unsere Mission ist es, Unternehmen dabei zu unterstützen, nachhaltige DEI-Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Meine Kompetenz in diesem Bereich beruht auf dem Aufbau von Teams in verschiedenen Organisationen sowie auch aus meiner Expertise als Unternehmerin und Investorin.
Sie verfolgen bei ACI den Ansatz der Entemotionalisierung der Debatte und Diversität im Kontext von Business und Innovation. Können Sie das konkretisieren?
Tijen Onaran: Entemotionalisierung bedeutet, dass wir die Diskussion um DEI auf eine sachliche und lösungsorientierte Ebene bringen. Diversität im Kontext von Business und Innovation bedeutet, dass wir zeigen, wie vielfältige Teams bessere Entscheidungen treffen und innovativer sind. Unser Ansatz: «what get’s measured gets done.» Sprich: Was sich messen lässt, lässt sich umsetzen.
Was können Händler tun, um die Themen Diversity, Equity und Inclusion weiter voranzutreiben?
Tijen Onaran: Der Handel ist prädestiniert für DEI-Themen. Denn ob es um die Entwicklung von Produkten geht oder das Erreichen unterschiedlicher Zielgruppen – wer keine Vielfalt in Teams hat, wird auch keine vielfältigen Produkte entwickeln und damit auch nicht breitere Zielgruppen erreichen können. Händlerinnen und Händler sollten sich Expertenrat von aussen holen und zudem in vielfältige Teams investieren.
Was hat Sie dazu bewogen, Investorin bei der Sendung «Die Höhle der Löwen» zu werden?
Tijen Onaran: Mit meiner Geschichte, der Geschichte des Aufstiegs möchte ich zeigen: Es geht. Selbst, wenn du von Haus aus nicht die finanziellen Ressourcen bekommst: Du kannst dich selbstständig machen und deinen Weg gehen. Zudem sehe ich Geschäftsmodelle, die ich sonst nicht sehen würde. Und als Investorin bin ich immer auf der Suche nach Innovation. Es macht unglaublich viel Spass und bringt grosse Freude.
Was war bislang Ihr grösster Deal bei «Die Höhle der Löwen»?
Tijen Onaran: Mein bisher grösster Deal mit 250 000 Euro war die Investition in FreeMom, eine Freelancing-Plattform, die vor allem Müttern moderne Work-Life-Karrieren ermöglicht und flexible Lösungen für den Fachkräftemangel bietet. Zudem habe ich in Loggä investiert, dabei handelt es sich um eine glutenfreie Brotbackmischung. Mehr kann ich jetzt nicht verraten.
Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesteckt?
Tijen Onaran: Im Herbst dieses Jahres verwirkliche ich mir einen Traum – ich gehe in neun Städten auf Live-Tour und möchte Menschen mit meiner persönlichen Geschichte inspirieren, ihre Ziele niemals aus den Augen zu verlieren. Darauf freue ich mich schon sehr. Es werden Abende voller Mut-Momente! Ein weiteres Ziel lautet: mehr Zeit für mich.