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Die globale Weinindustrie steht vor einem strukturellen Rückgang und damit vielen Herausforderungen. Doch die Veränderungen am Markt bieten auch Chancen.
Veränderte Konsumgewohnheiten, Nachhaltigkeitsanforderungen bis hin zu neuen Produktkategorien und Vertriebswegen – die Wein- und Spirituosenbranche hat aktuell mit grossen Herausforderungen zu kämpfen. Neben der erforderlichen Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen und der Umsetzung nachhaltiger Produktionsmethoden setzen der Branche zusätzlich ein rückläufiger Weinkonsum, wirtschaftliche Unsicherheiten, steigende Energiepreise und Rohstoffverteuerungen ebenfalls zu.
Trends im Blick
Um künftig weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es, sich diesen Veränderungen zu stellen und innovative Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus sollte der Blick auf aktuelle Trends und Themen gerichtet werden. Dazu bemerkt Peter Schmitz, Director der ProWein: «Wir sehen momentan einen starken Anstieg der Nachfrage nach alkoholfreien und alkoholarmen Weinen sowie Schaumweinen. Diese sorgt für neue Marktchancen in der Zukunft.» Das gestiegene Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher könne eben durch solche no/low-Produkte bedient werden. So zählt auch für Mack & Schühle alkoholfrei zu den grossen Themen in 2025. «Wenn wir über Trends sprechen, sehen wir im Markt aktuell das Thema Alkoholfrei und Low-Alk. Mit der Gallo-Spritz-Linie bieten wir bereits Low-Alk-Produkte an und zur ProWein führen wir aus dieser Serie zusätzlich zwei alkoholfreie Produkte ein», sagt Chris Swanepoel, Direktor Marketing, Mack & Schühle AG. Ferner sieht das Unternehmen in Weissweine aus Italien und Deutschland attraktive Chancen, ferner würden auch Mixgetränke und RTD's ein starkes Wachstum zeigen.
Aber auch die technologische Entwicklung macht vor der Branche nicht halt und bietet Chancen. So zeigt die diesjährige Trendstudie von Rotkäppchen-Mumm: Insbesondere die «Digital Natives» schätzen die Einfachheit von KI-Anwendungen beim Einkauf. 19 Prozent der Befragten haben bereits positive Erfahrungen mit Empfehlungen von digitalen Tools wie ChatGPT und Wine.Finder gemacht, unter den 18- bis 29-Jährigen sogar 32 Prozent. «Mit unserem Wine.Finder sind wir auch hier gut aufgestellt, sehen starkes Wachstum in der Nutzung des digitalen Beratungstools und prägen so die Zukunft des Weinkaufs», sagt Marcel Widmann, Geschäftsbereichsleiter Sekt & Wein, Rotkäppchen-Mumm.
Nachhaltige Chancen
Zudem wird sich der Blick stärker auf Themen aus dem Bereich der Nachhaltigkeit richten, darin sind sich die Branchenexperten einig. «Vor diesem Hintergrund werden Weine in Mehrweggebinden und entsprechende Logistikkonzepte künftig eine grössere Rolle spielen», sagt Dr. Hermann Pilz, Beiratsvorsitzender der EUROVINO. «Neue Weine sind zudem aus dem Bereich der resistenten Rebsorten, der sogenannten PIWI- und Zukunftsweine zu erwarten.» Die Abkürzung stand ursprünglich für «pilzwiederstandsfähig». Es geht aber um viel mehr als eine Resistenz gegen Pilzkrankheiten, so dass man PiWi besser mit «Pioneering Wines» übersetzen sollte. «Diese bestimmten Rebsorten sind einfach robuster und benötigen weniger Pflanzenschutzmittel und Dünger. Im Handel gibt es bereits heute eine grosse Nachfrage nach Bio-Weinen, zu denen PIWIs im weitesten Sinne auch zählen», so Schmitz.
Digitale Technologien
Digitale Technologien und KI werden die Wein- und Spirituosenbranche grundlegend verändern, darin ist sich die Branche einig. Sie optimieren nicht nur Produktionsprozesse und verbessern die Qualität. Sie eröffnen auch vollkommen neue Möglichkeiten bei der Vermarktung. KI-Systeme können basierend auf Kundenpräferenzen und -verhalten zum Beispiel personalisierte Weinempfehlungen geben oder die Kunden mit auf eine virtuelle Betriebsführung nehmen und sie so noch stärker an sich binden. «Allerdings darf man die digitalen Technologien auch nicht überschätzen. Am Ende haben wir es immer noch mit Produkten zu tun, die im wahrsten Sinne des Wortes «Geschmackssache» sind», so der Director ProWein abschliessend.
Prognose für 2025
Die Branche muss weiterhin auf ihre Stärken setzen. Der Konsumtrend geht laut Deutschem Weininstitut verstärkt in Richtung leichte Weissweine oder auch frischer. Aromasorten wie Muskateller, Scheurebe oder Gewürztraminer würden ebenfalls ein kleines Revival erleben, insbesondere bei jüngeren Konsumenten oder Neukunden.
Wachstumspotenziale sind absatzseitig vor allem im Sortimentshandel und dem selbstständigen Einzelhandel zu erwarten, so eine Prognose von Dr. Hermann Pilz. «Noch stärker als in der Vergangenheit wird das Thema kompetenter Verkaufsaktionen sowie thematisch und terminlich (Feiertage und Urlaubszeiten) gut geplanter Weinpräsentationen eine Rolle spielen, um Wachstumspotenziale zu realisieren.» Wachstum werde auch dort zu generieren sein, wo das Thema Beratung und Kundenpflege eine grössere Aufmerksamkeit erfährt.
Zudem muss man, um wettbewerbsfähig zu bleiben, auch innovativ sein. Dies zeige die Branche aktuell mit ihren alkoholfreien Weinen und Sekten. «Mit diesen Produkten können neue Zielgruppen angesprochen werden und auf lange Sicht auch Absatzrückgänge beim «normalen» Wein ein Stück weit kompensiert werden», resümiert Ernst Büscher, Ressortleiter Presse beim Deutschen Weininstitut.
Eurovino
Die EUROVINO geht am 9. und 10. März 2025 in die zweite Runde. Das Markant Magazin ONE hat mit Dr. Hermann Pilz, Beiratsvorsitzender der EUROVINO, darüber gesprochen, was derzeit die Branche bewegt und wo zukünftige Chancen liegen.
Was sind die wichtigsten Trends und Treiber für das Jahr 2025?
Dr. Hermann Pilz: Die Verfügbarkeit von Wein wird aufgrund der weltweit kleinen Ernten bei gefragten Qualitäten eingeschränkt sein. Was im Umkehrschluss etwas steigende Preise für bestimmten Weine vor allem aus Italien, aber auch Deutschland bedeuten wird. Dazu spüren die Weinerzeuger den allgemeinen Kostendruck und müssen auch aus diesem Grund die Preise im Frühjahr 2025 anpassen. Treiber für eine weitere Veränderung der Anbieterstruktur wird der sich fortsetzende Strukturwandel sein., d.h. dass kleinere Erzeuger aus der Produktion ausscheiden und von grösseren übernommen werden. Der Handel wird die Veränderung der Anbieterstruktur antizipieren müssen.
In welchem Bereich erwarten Sie die interessantesten und die meisten Innovationen?
Dr. Hermann Pilz: Innovationen wird es im Bereich der alkoholfreien Weine und der gefragten Rebsorten geben, dazu gehören die weissen Burgundersorten und neue interessante Weissweincuvées aus Deutschland und Italien. Der Blick wird sich zudem noch stärker auf Themen aus dem Bereich der Nachhaltigkeit richten, womit Weine in Mehrweggebinden und entsprechende Logistikkonzepte eine grössere Rolle spielen werden. Neue Weine sind zudem aus dem Bereich der resistenten Rebsorten, der sog. PIWI- und Zukunftsweine zu erwarten.
Wo gibt es für die Branche trotz schwieriger Märkte Potenziale für Wachstum? Welche Themen lohnt es, zu besetzen?
Dr. Hermann Pilz: Wachstumspotenziale sind absatzseitig vor allem im Sortimentshandel und dem selbstständigen Einzelhandel zu erwarten. Noch stärker als in der Vergangenheit wird das Thema kompetenter Verkaufsaktionen sowie thematisch und terminlich (Feiertage und Urlaubszeiten) gut geplanter Weinpräsentationen eine Rolle spielen, um Wachstumspotenziale zu realisieren. Wachstum wird auch dort zu generieren sein, wo das Thema Beratung und Kundenpflege eine grössere Aufmerksamkeit erfährt. Gut getimte Aktions- und Jahrespläne, Ideen rund um innovative Produkte und Konzepte bieten Verkaufspotenzial.