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Verbraucher achten beim Kauf von TK-Fisch immer stärker auf hochwertige Markenqualität, Nachhaltigkeit und einfache Zubereitung. Davon profitieren vor allem die Vollsortimenter.
Fast vier von fünf Haushalten in Deutschland kaufen laut den Marktforschern der Gesellschaft für Konsumforschung (Gfk) Fisch. Und sie zeigen sich dabei zunehmend qualitätsbewusst, wie unter anderem ein seit Jahren steigendes Preisniveau signalisiert, das offenbar nicht allein der Rohstoffsituation geschuldet ist. Wie in anderen Sortimenten auch gewinnt der Markenbereich bei TK-Fisch wieder deutlich an Verbraucherakzeptanz. Marken sind mehr denn je die Haupttreiber des Wachstums; die großen Markenanbieter verzeichnen nach eigenen Angaben ein deutliches Plus. „Es gibt immer mehr Kunden, die Wert auf qualitativ hochwertigen Fisch legen. Allerdings ist der vor allem im gut sortierten Einzelhandel vertreten. Discount ist nicht unser Geschäft“, heißt es beispielsweise bei der Deutschen See Fischmanufaktur. Aktuellen Nielsen-Zahlen zufolge sind es daher vor allem die Verbrauchermärkte und großen Supermärkte, die sich mit einem hochwertigen Angebot bei den Verbrauchern profilieren – der Discount dagegen verliert.
Mehr Transparenz gefragt
Die Markenhersteller bestätigen für den TK-Fischmarkt darüber hinaus den sortimentsübergreifenden anhaltenden Trend zu mehr Lebensmitteltransparenz. Verbraucher wollten einfach wissen, was sie essen und woher die Lebensmittel stammen. Entsprechende Herkunftsangaben, Angaben zu Fangmethoden und Rückverfolgung auf den Verpackungen förderten die Bereitschaft, dafür auch bei TK-Fisch tiefer in die Tasche zu greifen, heißt es bei Followfood (Lesen Sie dazu auch das Interview mit Followfood-Geschäftsführer Jürg Knoll auf Seite 46). Garant dafür ist das blaue MSC-Nachhaltigkeitssiegel, das in diesem Jahr 20-jähriges Jubiläum feiert und in Deutschland bereits auf fast 5.000 Fischprodukten zu finden ist.
Der Trend zum bewussten Konsum, der sortimentsübergreifend unter anderem auch die Nachfrage nach gluten- und oder laktosefreien Lebensmitteln stimuliert, ist ein weiteres Feld für Innovationen in der Kategorie TK-Fisch. Femeg hat hier die Initiative ergriffen: Der Hersteller kommt dem Wunsch vieler Weizen-Allergiker jetzt mit drei neuen gluten- und laktosefreien TK-Fischrezepturen im Sortiment entgegen.
Innovationen für unkomplizierte Zubereitung
Insbesondere bleibt aber der Convenience-Gedanke eine starke Triebfeder für weiteres Wachstum. Das veredelte TK-Fischangebot erlaubt es auch jenen Verbrauchern, unkompliziert Fisch zuzubereiten, die sich mit Frischfisch vielleicht schwer tun würden, weil ihnen das entsprechende Know-how fehlt. Die Hersteller arbeiten daher permanent an Angebotserweiterungen, um das Wachstumspotenzial bei den eher unerfahrenen Fischkonsumenten weiter auszubauen und zugleich für Abwechslung auf dem Teller zu sorgen. Besonders der jungen Generation zwischen 18 und 30 Jahren fehlen einer Iglo-Umfrage zufolge Know-how und Inspiration in der Fischzubereitung. Das bietet Potenzial für Innovationen im Bereich „rezeptierter Fisch“. Für diese Zielgruppe hat Iglo die neue Produktpalette „Marinierter Fisch“ auf den Markt gebracht, die den Naturfisch durch leichte mediterrane Marinaden veredelt. Zugleich soll damit eine Lücke zwischen panierten oder mit Toppings verfeinerten Produkten und Naturfisch geschlossen werden.
Interview
Interview mit Jürg Knoll, Geschäftsführer von followfood, über seinen Einsatz von Transparenz, die Massentauglichkeit von nachhaltigen Lebensmitteln und das Relevant Set potenzieller Käufer von nachhaltigem Fisch.
Sie sagen, Sie sind keine Marke, sondern eine Bewegung. Was heißt das konkret? Für was steht followfish?
Mit followfish und followfood verfügen wir über zwei starke und erfolgreiche Marken, die Verbraucher kennen und nachfragen. Aber in der Tat verstehen wir uns weniger als klassisches Unternehmen, sondern als eine Bewegung. Denn wir wollen im Markt etwas verändern und das schaffen wir nur mit der Unterstützung von Gleichgesinnten, die sich ebenso für nachhaltige Lebensmittel und Food-Transparenz einsetzen wie wir. Wir sehen aber ganz klar, dass das Thema nachhaltige Lebensmittel in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Sie gehören zu den Pionieren hinsichtlich nachhaltigem Fischfang. Wie entwickelt sich der Markt für nachhaltigen Fisch im LEH?
Insgesamt gesehen stagniert TK-Fisch. Wachstum ist nur noch im hochwertigen LEH mit Qualitätsprodukten zu generieren. Insofern entwickeln sich unsere nachhaltigen Produkte nach wie vor gut.
Setzen Sie ausschließlich auf Wildfang?
Nein. Wir bieten neben Wildfang auch Fischprodukte aus Aquazucht an. Bei Aquakulturen gehen wir im Übrigen über das ASC-Siegel hinaus. Dort ist Bio unser Standard, die Kriterien hierfür sind noch strenger als die des ASC.
Die Weltmeere sind überfischt. Wie sichern Sie die Rohstoffe für Ihre Produkte und vor allem wie sichern Sie die Qualität Ihrer Produkte bei schwindenen Fischmengen?
Wir engagieren uns sehr deutlich gegen illegale Fischerei zum Beispiel im letzten Jahr mit einer großen Kampagne. Gefährdete Fischarten würden wir nie anbieten, eher verzichten wir auf Geschäft. Bei Wildfang orientieren wir uns an der Liste von Fischen, die vom WWF als unbedenklich eingestuft wird, das heißt, sie müssen mindestens das MSC Siegel tragen. Wir sehen die Bio-Aquakultur als gute Alternative beziehungsweise Ergänzung zu Wildfang-Fisch.
Ist Fisch aus Aquakultur qualitativ genauso gut wie Wildfisch?
In unserem Fall schon, da wir eben Bio-Kriterien ansetzen. Allerdings ist es natürlich schon so, dass ein nachhaltig gefangener Wildfisch aus ökologisch- und qualitativen Kriterien aus unserer Sicht fast immer die beste Alternative ist. Da er in seinem natürlichen Lebensraum leben konnte und ohne Zufütterung etc. auskommen kann.
Was verbirgt sich hinter Ihrem „followfish-Prinzip“ – und welchen Mehrwert ergibt sich daraus für den LEH?
Die Idee hinter unserem Prinzip ist, nur Fisch zu verkaufen, der zu 100 Prozent nachhaltig ist und eine 100-prozentige Transparenz vom Meer zum Verbraucher zu schaffen. Auch bei unseren Biopizzen verfolgen wir diesen Anspruch. Denken Sie an unseren Tracking-Code zur Rückverfolgung von Lieferanten und Beschaffungswegen. Als wir den 2007 eingeführt haben, wurden wir von vielen in der Branche belächelt. Heute ist der Tracking-Code im TK-Fisch-Bereich fast Standard, was wir super finden. Und für den LEH bedeutet das, mehr hochwertige Produkte etwa im TK-Fischsegment anbieten zu können. Und für Qualität sind Verbraucher bereit, durchaus mehr zu zahlen. Qualitätsprodukte wie unsere sind also auch ein Umsatztreiber für den Handel. Letztlich steht dahinter ein spezielles Menschenbild, wir sagen dazu: „Wir glauben an das Gute im Menschen“. Wir glauben also, dass der Mensch letztlich gut ist und dadurch auch gut konsumieren möchte, weil er niemandem schaden will, auch nicht seiner Umwelt.
Was kann Industrie und Handel gleichermaßen tun, um nachhaltig gefangenen Fisch in das „relevant set“ des potenziellen Käufers zu bekommen? Welche Rolle spielen dabei Gütesiegel?
Gütesiegel sind wichtig als Garant für Nachhaltigkeit und Transparenz. Gerade bei dem Siegel-Wirrwarr, müssen die Vorteile etwa von MSC und Bio noch klarer kommuniziert werden. Der Handel kann das Einkaufsverhalten beeinflussen, indem überwiegend auf streng zertifizierten Fisch setzt. Dadurch wird auch Druck auf die restliche Industrie ausgeübt, die bislang noch Fisch anbietet, von dem man nicht richtig weiß, woher er stammt. Das darf eigentlich nicht mehr sein angesichts der dramatischen Zahlen von Überfischung.
Sind die Verbraucher tatsächlich bereit, für nachhaltigen Fisch mehr Geld auszugeben?
Ganz klares „Ja“. Wir hätten unseren zweistelligen Zuwachs die letzten Jahre nicht ohne die wachsende Nachfrage von Konsumenten nach nachhaltigem Fisch realisieren können. Das macht uns extrem viel Mut, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Warum setzen Sie auch das MSC-Siegel? Was ist der Unterschied zu ASC-Zertifizierung?
Das MSC-Siegel steht für nachhaltigen Wildfisch. Das ASC-Label wird im Zuchtbereich angewandt und zeichnet verantwortungsvolle Fischzucht aus. Wie schon erwähnt, ist bei unseren Zucht-Produkten aber Bio der Standard.
Wer sind die Käufer Ihrer Followfish-Produkte?
Es sind Menschen aus einem eher urbanen Umfeld, die Wert auf einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil legen. Sie kommen längst nicht mehr nur aus dem links-ökologischen Umfeld. Die Gruppe dieser Verbraucher wird immer breiter. Nachhaltige Lebensmittel sind also kein Nischenthema mehr für Ökos oder Besserverdienende. Nachhaltige Produkte werden zunehmend massentauglich, das merken wir tagtäglich an unseren Verkaufszahlen und den Rückmeldungen von der Fläche.
Was bedarf es für einen erfolgreichen Verkauf von nachhaltigen Fisch-Produkten am POS?
Vor allem Glaubwürdigkeit. Wir sind noch ein relativ kleines Unternehmen, dennoch können wir die Branche beeinflussen. Das setzt voraus, dass Verbraucher uns und unseren Initiativen vertrauen können. Das bedeutet, dass wir immer wieder auf Produkte, Geschäftspraktiken (z.B. der Verarbeitung von Fisch in einem Billiglohnland wie China) und damit auf Geschäft verzichten müssen. Außerdem setzen wir auf konsequente Geschmackserlebnisse und Innovationskraft. Wir sind die Erfinder des Tracking-Codes, gerade haben wir den ersten Fair Trade Thunfisch auf den Markt gebracht und seit Anfang diesen Jahres gleichen wir die durch den Transport unserer Waren entstehenden CO2-Emmissionen aus. Für uns ist Umwelt- und Meeresschutz aber kein Marketinginstrument, sondern eine Grundhaltung, die zur Unternehmens-DNA gehört. Wir sind nicht auf das schnelle Geschäft aus. Die Erfahrung zeigt, je besser wir distribuiert sind, desto mehr verkaufen wir. Wer einmal ein Produkt von uns gekauft hat, tut das wieder und sucht nach weiteren Artikeln. Aus Untersuchungen wissen wir, dass unsere Artikel eine besonders hohe Wiederkaufsrate haben. Insofern ist ein breiteres Sortiment von followfish und followfood-Produkten das Erfolgsgeheimnis am POS und hilft auch dem LEH.
Wo rangieren Sie heute im Markt mit Ihren Produkten, wo möchten Sie in fünf Jahren stehen?
Bei den followfood Biopizzen sind wir bereits Marktführer für „Bio-Pizza“ und das wollen wir natürlich bleiben. Im TK-Fischsegment gehören wir zu den fünf stärksten Marken, was in diesem gesättigten Markt mit über 50 Anbietern sehr zufriedenstellend ist für uns. Bei Konserventhunfisch sind wir hinter dem Marktführer die zweiterfolgreichste Marke, auch hier möchten wir gerade mit unseren Fair Trade Produkten weiter wachsen.