Hartes Geschäft

Montag, 26. April 2021
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Die Corona-Pandemie führt in der Brauwirtschaft zu massiven Einbussen. Ein Lichtblick ist die akutelle Entwicklung im Handel: Hier steigt die Nachfrage bei stabilen Preisen. Die Preisaktionen sind sogar rückläufig.

Den Brauern geht es nicht gut, da das Fassbiergeschäft mit den Corona-bedingten Schliessungen der Gastronomie zusammengebrochen ist. «Die Situation ist dramatisch und in der Nachkriegszeit ohne Beispiel», kommentierte Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, im Januar 2021 die Lage. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) bestätigen die Misere. Danach wurden 2020 insgesamt 8,7 Milliarden Liter Bier abgesetzt – so wenig wie noch nie seit Reform der Statistik 1993. Im Vergleich zum Vorjahr war dies ein Rekordabsatzminus von 5,5 Prozent. Nach einer Erholung der Nachfrage im Sommer 2020 liessen die wieder verschärften Corona-Auflagen den Bierabsatz im November erneut drastisch sinken: Im Vergleich zum Vorjahresmonat wurden laut Destatis 14,1 Prozent weniger Bier abgesetzt. Im Januar 2021 lag das Minus sogar bei 27 Prozent. Ein Grund für den miserablen Januar waren indes auch Vorratskäufe des Handels aufgrund der Ende 2020 ausgelaufenen Mehrwertsteuersenkung.

Handelsgeschäft wächst
Noch viel stärker als die Mengen sind die Umsätze eingebrochen. Die Brauerei Veltins schätzt, dass Deutschlands Gastronomie allein beim Fassbier einen Gesamtumsatz von 5,4 Milliarden Euro verloren hat. Laut einer Umfrage des Deutschen Brauer-Bundes erlitten die Brauereien 2020 ein Umsatz-Minus von rund 20 Prozent. Hier schlugen sowohl der Wegfall des hochpreisigen Fassbieres als auch der Einbruch der Exporte durch. Für die Brauereien bietet der private Konsum seit Ausbruch der Corona-Krise die einzige Möglichkeit, verlorenen Absatz zu kompensieren. Tatsächlich verlagert sich ein Teil des Ausser-Haus-Konsums in die eigenen vier Wände. Bereits im ersten Halbjahr 2020 verkauften die deutschen Brauer nach Nielsen-Zahlen rund sieben Prozent mehr Bier über den LEH und die Getränkeabholmärkte (GAM).

Radeberger gewinnt Anteile
Dass Brauereien mit starkem Handelsgeschäft bisher vergleichsweise gut über die Runden gekommen sind, zeigen die für 2020 veröffentlichten Unternehmenszahlen. Sie weisen zwar allesamt ein Minus aus, allerdings in unterschiedlicher Höhe. So hat sich die Radeberger Gruppe mit einem Absatzrückgang von minus 4,7 Prozent besser als der Markt entwickelt und Anteile hinzugewonnen. Deutschlands führende Braugruppe konnte am POS mit regionalen Marken, alkoholfreien Bieren und Neuprodukten punkten. Wie viele andere Brauer auch habe man den massiven Einbruch des Fassbierabsatzes durch einen Zuwachs bei Flaschenbier «zumindest nominal etwas abfedern» können, teilt Radeberger mit. Das Streckengeschäft der Gruppe, insbesondere unter dem Dach der Deutsche Getränke Logistik (ein Joint Venture mit der Brauerei C. & A. Veltins), profitiere von einer gestiegenen Flaschenbier-Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel und in Getränkeabholmärkten. Radeberger investiert weiter in den Markt, unter anderem in die Stärkung des Mehrwegsystems. So wird im Bereich der 0,33-Liter‐Gebinde die beliebte Individualflasche von Radeberger Pilsener auf den 0,33-Liter‐Longneck‐Pool der neu gegründeten Gesellschaft für Mehrweg‐Management (GeMeMa) umgestellt. Dieser steht allen Getränkeherstellern offen und soll eine weitere Individualisierung in dieser Gebindegrösse abwenden.

Bitburger legt im LEH massiv zu
Die Bitburger Braugruppe verzeichnete 2020 trotz einer ebenfalls «sehr guten Entwicklung im Handel» insgesamt einen Umsatzrückgang von zwölf Prozent. Das Spannungsfeld, in dem sich die Branche im letzten Jahr bewegt hat, verdeutlichen die folgenden Zahlen: Während für die Bitburger Gruppe der Umsatz in der Gastronomie um 51 Prozent zurückging, konnte «Bitburger Premium Pils» 2020 im Handel seinen Umsatz-Marktanteil auf 8,3 Prozent (2019: 8,0 %) weiter ausbauen. Die Weissbiermarke «Benediktiner» erzielte im Handelsgeschäft sogar einen Umsatzzuwachs von 40 Prozent. Anknüpfen an den Erfolg des Saisonprodukts «Winterbock» soll der Launch von «Bitburger Maibock», der seit März erhältlich ist.

Krombacher baut Alkoholfrei aus
Die Marke Krombacher verlor 2020 4,8 Prozent Volumen, schnitt damit ebenfalls besser als der Markt ab und berichtet von einem «äusserst stabilen Geschäft mit Flaschenbier». Ein strategischer Baustein in der Sortenpolitik von Krombacher ist der Fokus und der Ausbau von alkoholfreien Sorten. 2020 seien sowohl der isotonische Durstlöscher «Krombacher 0,0%» als auch «Krombacher´s Fassbrause» und die Marke «Vitamalz» «signifikant gewachsen». Krombacher betont jedoch: «Die positiven Absätze im Einzelhandel täuschen keineswegs über die schwierige Situation in der Gastronomie hinweg.»

Veltins gewinnt mit Flaschenbier
Von einem «rasanten Zuwachs beim Flaschenbier» spricht auch die Brauerei C. & A. Veltins. Damit gelang es den Sauerländern, ihren Rückgang im Gesamtausstoss auf 3,5 Prozent zu begrenzen. Während der Flaschenbierausstoss im zurückliegenden Geschäftsjahr um 7,3 Prozent zulegte, verbuchte das Fassbiergeschäft einen Absatzeinbruch von 56,3 Prozent.  

Kein Preiswettbewerb
Auch wenn keine Woche vergeht, in der nicht eine der nationalen Biermarken mit Aktionspreisen zwischen zehn und elf Euro – teilweise sogar darunter – vom örtlichen LEH oder GAM beworben wird, so hat sich der Preiswettbewerb im Biermarkt gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 nicht verschärft. Im Gegenteil: Das Marken-Aktions-Preis-Informations-System (MAPIS) der Markant weist für den Zeitraum März 2020 bis März 2021 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019/2020 einen Rückgang der Aktionshäufigkeiten bei Bier von 7,5 Prozent über alle Marken, Sorten und Anbieter aus. Auch bei der Aktionspreisentwicklung wurden keine Ausschläge nach unten beobachtet. Aktionspreise unter zehn Euro gab es bereits 2019. Regionale Biere zeigen sich laut MAPIS sogar absolut preisstabil, sind zum Teil sogar teurer geworden.

Ausblick auf zweite Jahreshälfte
Bei Veltins geht man davon aus, dass sich das Konsum- und Genussverhalten insgesamt recht schnell wieder entspannen wird. Laufe alles nach den Erwartungen, könne man im zweiten Halbjahr auch wieder mit Veranstaltungen rechnen. Dennoch werde es nach dem Ende der Pandemie mindestens 30 Monate benötigen, um die marktseitigen Unwuchten hinter sich zu lassen. Erst 2023 werde der Biermarkt wieder «mit ganzer Kraft durchstarten». Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber ist aber bereits für dieses Jahr optimistisch: «Die Jahresmitte kann mit abflachender Pandemie schon eine spürbare Wende bringen.»

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Biermarkt

Österreich
In Österreich gibt es rund 300 Braustätten, die mehr als 1000 verschiedene Biere anbieten und 2019 einen Ausstoss von 950 Mio. Litern erreichten. Rund ein Drittel davon fliesst in normalen Jahren in die Gastronomie. Zahlen für 2020 standen bei Redaktionsschluss noch aus.

Schweiz
In der Schweiz verzeichnete der gesamte Biermarkt im Braujahr 2019/20 (1.10. 2019 - 30.9. 2020) einen Rückgang um 2,2 % auf 463,7 Mio. Liter, so der Schweizer Brauerei Verband (SBV). Das Resultat ist geprägt durch eine Abnahme des Inlandausstosses aller Schweizer Brauereien um 4,8 %. Der Gastronomie-Absatz reduzierte sich um 23,1 % auf einen Gesamtanteil von rund 30 %. Der Absatz im Detailhandel nahm indes um 7,6 % zu. Alkoholfreie Biere kamen auf ein Plus von mehr als 10 %. Nach sechs rückläufigen Jahren verzeichneten Importbiere erstmals wieder einen Zuwachs von 6,9 % auf 112,6 Mio. Liter, konnten damit ihren Anteil am Gesamtmarkt um 2,1 Punkte auf 24,3 % ausbauen.

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