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Pflanzenbasierte Produkte sind definitiv auch im Süsswaren- und Snackbereich im Handel nicht mehr wegzudenken. Der Markt wächst seit ein paar Jahren rasant, was auf ein zunehmendes Bewusstsein der Verbraucher für die Themen Umwelt, Gesundheit und Tierschutz zurückzuführen ist. Daten und Fakten.
Yes, vegan! – mit Augenzwinkern rührt Ritter die Werbetrommel für zwei milchfreie Neuzugänge in seinem Schokosortiment. Die Erfolgsgeschichte von Ritter Sport Vegan soll fortgeschrieben werden, lässt das Unternehmen wissen, in den letzten Jahren habe sich der Umsatz kontinuierlich gesteigert, im Vergleich zu 2018 mehr als verdoppelt. Lindt & Sprüngli ist es neben den veganen Lindt-Hello-Produkten sogar gelungen, mit Lindt Vegan Classic vegane Schokolade im Luxussegment erfolgreich zu platzieren. «Die veganen Produkte sind für uns ein unverzichtbarer Bestandteil des Sortiments geworden», kommentiert das Unternehmen, das Spektrum wird ausgeweitet, neue Geschmackssorten sind geplant.
Big Player geben den Ton an
Unverzichtbar ist für die EcoFinia-Marke iChoc die Kombination von bio und vegan, und das bereits seit 2015. Mit mehr als 200 000 Followern im
Social Web zählt iChoc zu einer der beliebtesten deutschen Vegan-Marken. Seit Beginn an arbeitet das Unternehmen daran, die Rezepturen der veganen Schokoladen zu optimieren. «Denn schliesslich ist Schokolade ein Genussprodukt. Gerade haben wir Reisdrink durch Buchweizen und Mandelöl ersetzt – das sorgt für eine dezentere Süsse und lässt die Schokolade noch mehr nach Milchschokolade schmecken», informiert Alexander Kuhmann, Marketingleiter bei EcoFinia. Mit «White Barista Art» und «Salty Pretzel» wurden gerade zwei neue iChoc-Sorten eingeführt – die Kombination aus süss und salzig ist nach wie vor ein anhaltender Trend.
Verbraucher suchen Veganes verstärkt in allen Sortimentsbereichen, auch bei Süsswaren. Nach aktuellen Zahlen von NielsenIQ werden mittlerweile immerhin 3,8 Prozent des Tafelschokoladenumsatzes mit veganen Produkten gemacht. Bemerkenswert für die Marktforscher: «Der Trend hat sich in den letzten zwei Jahren zum massentauglichen Segment entwickelt – die Haupttriebfedern sind hierbei mittlerweile nicht mehr vergleichsweise «kleine» Pure Player, sondern in der Kategorie etablierte grosse Markenhersteller.»
Innovatives bei Fruchtgummi
Ähnliches lässt sich im Segment Fruchtgummi beobachten. Auch hier bieten längst Big Player neben ihrem klassischen Sortiment verstärkt Veggie und Veganes an, wie zum Beispiel Haribo. Laut Unternehmenssprecher hat man sich partiell an die Spitze gearbeitet: «Mit unserem Produkt Haribo Pico-Balla sind wir die Veggie-Marke Nummer 1 im Fruchtgummi-Markt.» Regelmässig werden innovative Produkte an den Start gebracht wie aktuell die «Haribo Rainbow Pixel» – spritzig und vegan.
Trolli ist 2007 mit «Trolli Bizzl Mix» ins Veggie-Geschäft eingestiegen, 2016 komplettierte «Trolli Dino Rex» und 2019 «Trolli Apfelgarten» die Range. Insgesamt konnte das Trolli-Veggie-Sortiment seinen Umsatz in den letzten vier Jahren mehr als verdoppeln. Ein wesentlicher Wachstumstreiber ist laut Hersteller neben dem auch international erfolgreichen Trolli Marken- und Packungsrelaunch auch die Tatsache, dass sich mittlerweile mehr als die Hälfte der Deutschen (55 %) als Flexitarier bezeichnen. Also Fleischesser, die gelegentlich bewusst auf tierische Erzeugnisse verzichten möchten.
Wichtiger Food-Trend
Auch das Zukunftsinstitut zählt die «Veganisierung» von Rezepten zu den drei wichtigsten Food-Trends im Jahr 2023. «Die Chancen stehen also gut, dass immer mehr vegane Süss- und Backwaren den Weg in die Supermarktregale finden werden», erklärt Virginia Cecchini Kuskow, Project Manager Food Industry & Retail bei ProVeg. Dabei listet die Expertin Unternehmen auf, die den erfolgreichen Schritt in die Regale des Handels bereits geschafft haben. «So hat Nestlé im September 2022 ein veganes KitKat auf den Markt gebracht. Katjes bietet seit vielen Jahren komplett vegetarische Fruchtgummis an und veganisiert Schritt für Schritt das gesamte Sortiment.» Auch die Eigenmarken der Lebensmitteleinzelhändler bedienen bereits den Markt für vegane Süss- und Backwaren mit Muffins, Schokolade und Fruchtgummis, so eine weitere Beobachtung von Kuskow.
Zunehmende Relevanz
Vegane Süss- und Backwaren könnten aufgrund der Inflation künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Den Grund hierfür sieht Kuskow darin: «Die Erzeugerpreise für tierische Produkte steigen stärker als die für pflanzliche Produkte. Unter den tierischen Erzeugnissen ist Milch aktuell der grösste Preistreiber. Da viele Süss- und Backwaren Milch in Form von Butter, Butterreinfett, Milch-, Molke- oder Süssmolkenpulver enthalten, werden auch sie teurer.» Das Interesse der Unternehmen an veganen Süss- und Backwaren dürfte deshalb mit Blick auf die Kosten zunehmen.
Darüber hinaus beschäftigen sich Konsumenten seit Beginn der Corona-Pandemie noch stärker mit der Frage, woher stammt ein Produkt, wie wird es verarbeitet und setzen dabei gezielt auf eine bewusstere Ernährung. «Vegane Süsswaren sind daher kein Trend mehr, sondern längst Teil einer Lebenseinstellung geworden. In den Fokus rücken dabei die Produkteigenschaften, die auch die Manner-Waffeln vereinen, sie sind vegan und fair durch den Einsatz von Fairtrade Kakao», resümiert dazu Josef Stollenwerk, Vertriebschef bei Manner Deutschland.
Kombination bio & plant-based
Dass der Peak der Veganisierung noch lange nicht erreicht ist, davon ist auch Ulf Herrmann, Geschäftsführer von Frusano, fest überzeugt. Auch die Nachfrage nach bio, free-from und low-Fodmap-Produkten wird laut dem Hersteller im kommenden Jahr weiterwachsen. «Ein Trend, den wir ebenfalls beobachten können, ist der zunehmende Fokus auf Nachhaltigkeit. Konsumenten greifen beim Kauf vermehrt zu nachhaltig produzierten Süssswaren. Dieser Trend geht oft mit bio und pflanzenbasiert einher.»
Trend zu Natürlichkeit
Gesundheit spielt nach wie vor bei Süsswaren und Snacks eine wichtige Rolle, so eine Beobachtung von ISM- Director Sabine Schommer im Rahmen der Internationalen Süsswarenmesse. Dies beinhalte einen stärkeren Trend hin zu gesünderen und aus natürlichen Zutaten hergestellten Süsswaren und Snacks. Darüber hinaus bleibe 2023 die Popularität pflanzenbasierter Produkte und Inhaltsstoffe. «Daraus ergibt sich auch kreativer Spielraum für neue Wege in der Anreicherung mit Ballaststoffen. Zutaten wie Fruchtpulver, Nüsse und Vitamine aber auch botanische Extrakte, funktionelle Ballaststoffe oder Proteinkonzentrate auf Basis von Hülsenfrüchten kommen hier zum Einsatz», informiert Schommer.
Entscheidende Kaufkriterien
Dabei stehen die Hersteller vor allem vor der Herausforderung, tierische Inhaltsstoffe (Proteine, Öle/Fette, Eier) so zu ersetzen, dass weder Textur noch Geschmack und Nährwerte des Produkts beeinflusst werden. «Erfolgsentscheidend ist und bleibt der Geschmack. Schmecken die Produkte den Verbrauchern, dann werden sie auch gekauft», erklärt Schommer. Hinzu kommen Aspekte von nachhaltigem Anbau und Verpackung, fair gehandelten Zutaten sowie regionaler Herkunft. «Was heutzutage zudem nicht zu vernachlässigen ist, dass Aufmachung und Verpackung, Storytelling und eine breite Kommunikation über alle relevanten Kanäle inklusive Social Media und Influencer-Marketing wesentlich dabei unterstützen, ein Produkt noch besser zu vermarkten.»
Prognose für 2023
Global betrachtet wächst der Markt für vegane Süsswaren stark – und soll laut Experten auch in den nächsten Jahren weiterwachsen. So prognostiziert Grand View Research für vegane Süsswaren weltweit ein jährliches Wachstum von 11,8 Prozent bis zum Jahr 2030. Dass die Verbraucher zunehmend zu einer pflanzlichen Ernährung tendieren, hat das Wachstum des weltweiten Marktes in den vergangenen Jahren vorangetrieben. Social-Media-Posts über den veganen Lebensstil und seine Vorteile ermutigen die Konsumenten dabei sich pflanzlich zu ernähren, und tragen so zum Marktwachstum bei.
Markt
Marke oder Handelsmarke?
«Auch die Eigenmarken werden nun zunehmend aktiv», analysieren die Marktexperten von NielsenIQ beim Angebot veganer Schokolade. Aufgrund hoher Inflation und klammer Geldbeutel bei den Verbrauchern, gehen die Marktforscher von Mintel bei Schokolade insgesamt davon aus, «dass Eigenmarken in naher Zukunft weitere Anteile an Produktentwicklung und Markteinführung gewinnen werden.» Während die Strategieberater von Simon-Kucher & Partners im Lebensmittelbereich derzeit einen regelrechten Handelsmarken-Boom erkennen (48 % greifen überwiegend oder fast ausschliesslich zu Handelsmarken anstatt zu klassischen Markenprodukten), gibt es bei Genussmitteln wie Snacks und Süsswaren die Ausnahme: Hier sei der Handelsmarkenanteil trotz Inflation stabil. Laut den Mintel-Analysten sehen immerhin 58 Prozent der Deutschen vor allem Schokolade als ein erschwingliches Luxusgut an.
Vegane Alternativen
Die Kauf-Motivation der Shopper
Umweltschutz, Klimawandel und Tierleid: 63 % der Befragten greifen zu veganen Alternativen, weil diese kein Tierleid verursachen. Zudem sind vegane Süsswaren laut 44 % der Shopper besser für die Umwelt. 40 % der Studienteilnehmer halten vegane Süsswaren für gesünder, während 23 % vegane Süsswaren aufgrund ihrer veganen Ernährung kaufen.
Quelle: POSpulse, Online-Befragung: 09.02. – 09.03.2022, N = 1.370
Alternative Süsswaren
Die Shopper sind durchaus experimentierfreudig und probieren gerne Neues aus: 63 % der Befragten haben bereits schon mal vegane Gummibärchen getestet, zu veganer Schokolade haben 45 % der Shopper gegriffen, veganes Eis haben 41 % gegessen und 33 % der Verbraucher vegane Kekse geknabbert.
Quelle: POSpulse, Online-Befragung: 09.02. – 09.03.2022, N = 1.370