Resilienz – die Lehren der Krise

Montag, 26. Juli 2021
Foto: stock.adobe.com/santima.studio

Unternehmen, die über ein Krisenmanagement verfügen, sind besser durch die Corona-Pandemie gekommen als andere. Welche Massnahmen die eigene Resilienz stärken, zeigt eine internationale Studie.

Wie haben sich Unternehmen während der Corona-Pandemie verhalten und was haben sie dabei gelernt? Wie bereiten Sie sich auf die nächste grosse Krise vor? Diese Fragen sind Gegenstand der Studie «Global Crisis Survey 2021» von PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC). Mehr als 2800 Führungskräfte aus 73 Ländern und 29 Branchen, darunter 158 Unternehmen in Deutschland, haben an der Umfrage Ende 2020 teilgenommen. Sie liefern Einblicke, auf welche Strategien, Massnahmen und technische Lösungen Unternehmen während der Pandemie gesetzt haben, welche davon wirksam waren und jetzt weiterentwickelt werden.

Corona nicht auf dem Radar
Im Jahr 2019, bei der Umfrage zum ersten «Global Crisis Survey», rechneten 95 Prozent der befragten Manager damit, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Krise bevorsteht. Eine Pandemie wie Covid-19 hatte jedoch niemand auf dem Radar. «Das zeigt, wie wichtig es ist, sich systematisch auf unvorhersehbare Ereignisse vorzubereiten», sagt Claudia Nestler, Leiterin Forensic Services und Krisenmanagement bei PwC Deutschland. Entsprechend waren die wenigsten Unternehmen zu Beginn der Corona-Pandemie ausreichend vorbereitet. Mehr als 30 Prozent der Befragten hatten kein ausgewiesenes Kernteam für die Krisenreaktion. In Deutschland waren es fast 50 Prozent. Diese Versäumnisse haben im Zuge von Corona offengelegt, wie wichtig eine durchdachte strategische Planung ist. So erklärt sich, dass 95 Prozent der Führungskräfte in der aktuellen Umfrage angeben, dass ihr Krisenmanagement verbessert werden muss.

Einige Branchen wurden schwer getroffen, andere erlebten eine Sonderkonjunktur oder es gelang ihnen, sich neu zu erfinden und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ganz unabhängig davon stand in allen Sektoren und Ländern als Reaktion auf COVID-19 eine Massnahme über allen anderen – nämlich der Schutz der Mitarbeiter. 80 Prozent der Befragten stimmten darin überein, dass die physischen und emotionalen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter berücksichtigt wurden. Von der Ausweitung des Home-Office und der Umsetzung von Sicherheitsvorschriften bis zur Hilfe für besonders hart betroffene Mitarbeiter legten Unternehmen den Schwerpunkt auf die Unterstützung von Gesundheit und Sicherheit. Ein Vorgehen, das sowohl das Wohlergehen der Mitarbeiter förderte als auch die Resilienz der Firma stärkte, wie die Studie feststellt. PwC zitiert zu dieser Win-win-Situation ein US-amerikanisches Logistikunternehmen, das der Fürsorge für die Angestellten gleich zu Beginn der Krise Priorität eingeräumt hatte und später feststellte: «Als die Beschäftigten erst einmal verstanden hatten, dass sie sich sicher fühlen konnten, stieg die Produktivität sprunghaft an.»

Resilienz in DNA einbauen
Auch bei den deutschen Unternehmen stand der Schutz der Mitarbeiter obenan. Als wichtigste Massnahme im Zuge der Krise nannten 77 Prozent der Befragten die Einführung von Home-Office beziehungsweise «Remote Work» (Arbeiten aus der Ferne). Fast gleichwertig im Massnahmenkatalog sind der Ausbau der IT-Infrastruktur (76 %), das Vorantreiben der technologischen Transformation (73 %) und die Automatisierung von Prozessen (69 %). Der Einsatz von Technologie zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche und hat in der Mehrzahl der Unternehmen – 75 Prozent insgesamt und 66 Prozent in Deutschland – die Arbeit und Koordination der Krisenteams erleichtert.

Interessant ist der Blick auf diejenigen Unternehmen, die während der Krise an Stärke gewonnen haben. Trotz der Disruption durch die Pandemie geben immerhin 20 Prozent der Firmen (15 % in Deutschland) an, dass ihre Position jetzt stärker ist als vor der Krise. Dieser Erfolg ist teilweise branchenbedingt – Beispiel Online-Handel. Aber: Mehr als die Hälfte derer, die in puncto Finanzlage und Shareholder Value an Stärke gewinnen konnten, verfügten über ein Krisenteam und haben dieses bei ihren Reaktionen auf die Pandemie regelmässig zu Rate gezogen. «Mit einer unternehmensweiten Resilienz, die in Ihre DNA eingebaut ist, können Sie gestärkt aus einer Krise hervorgehen und sind gut darauf vorbereitet, neue Chancen zu ergreifen und dem, was als nächstes kommt, souverän zu begegnen», lautet der Rat der Resilienzexperten bei PwC an Unternehmen jedweder Branche.

Silos aufbrechen
Die Studie zeigt auch, wie die Unternehmen sich auf künftige Krisen noch besser vorbereiten wollen. Vor der COVID-19-Pandemie haben viele den Aufbau von Resilienz als isolierte Aufgabe verstanden. Die Praxis hat aber gezeigt, dass isolierte Resilienz-Teams nicht in der Lage waren, effektiv zu reagieren. Für ein wirksames Krisenmanagement müssen laut PwC «Silos aufgebrochen werden». Nur so könne die Organisation alle erforderlichen Gegenmassnahmen schnell ergreifen und den Einsatz von wirksamen Strategien und Massnahmen zusammenhängend koordinieren.

News

Foto: Christoph Assmann

Die hohe Inflation und ein verändertes Einkaufsverhalten belasten den Konsum von Mineralwasser.

Foto: Unternehmen

Das Tiroler Handelsunternehmen Wedl zieht eine positive Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr und legt den Fokus nun auf sein 120-jähriges Jubiläum.

Foto: stock.adobe.com/photoschmidt

Die Deutschen werden in 2024 mehr Geld zur Verfügung haben, ihren Konsum aber kaum steigern.

Foto: Marcus Buck

Im November 2023 wurde in Bad Tölz nach einer Umbauzeit von insgesamt 17 Monaten eine der bisher am nachhaltigsten modernisierten Kaufland-Filialen wieder eröffnet.

Definiton

Resilienz einfach erklärt
Resilienz ist die Fähigkeit, sich nach einem disruptiven Ereignis zu erholen. In einer Organisation mit einer ausgereiften, wirksamen Krisenreaktionsstrategie umfasst Resilienz jedoch mehr. Es geht nicht nur darum, dass Ihr Geschäft wieder auf die Beine kommt. Es bedeutet, dauerhaft zukünftige Entwicklungen zu antizipieren und Prozesse zu etablieren, mit denen betriebsnotwendige Funktionen im Ernstfall wiederhergestellt werden. Und es bedeutet, aus jedem einzelnen Ereignis zu lernen, neue Erkenntnisse einzubinden, und dadurch beim nächsten Mal negative Auswirkungen zu reduzieren.

Fakten

Fokussiert investieren
Die Herausforderung des Krisenmanagements besteht laut PwC nicht darin, jedes konkrete Ereignis, das Auswirkungen auf das Unternehmen haben könnte, vorherzusagen oder zu bemessen. Vielmehr sollten Organisationen, auch wenn sie das Jahr 2020 hinter sich zurücklassen, die Unausweichlichkeit und Unvorhersehbarkeit von störenden Ereignissen erkennen. Wer fokussiert in eine Basis für Resilienz investiert, um Krisen aller Art in Angriff zu nehmen, ist besser aufgestellt, um künftige Ausnahmesituationen zu bewältigen.

Strukturen

Integrative Prozesse
Was sind die Kernelemente eines effektiven Krisenmanagements? PwC empfiehlt den Aufbau einer klaren Struktur, die auf allen Unternehmensebenen transparent und verbindlich ist.
• Zu konzipieren ist ein integriertes Programm, das Rollen und Verantwortlichkeiten für das Krisenmanagement klar definiert.
• Entscheidend: Das Programm sollte nicht als reine Absicherung für einen Notfall behandelt werden. Es ist wichtig, dass es an 365 Tagen im Jahr aktiv ist und sich kontinuierlich verbessert.
• Das setzt die Entwicklung eines integrierten Governance-Modells und Investitionen in Ressourcen, Technologie und eine dauerhafte Betreuung voraus.
• Wichtig ist es, die Resilienzkultur im gesamten Unternehmen zu fördern und zu pflegen. Resilienz sollte sich wie ein Schirm über die Kernkompetenzen des Unternehmens spannen.
• Bewährt hat sich ein Krisenreaktionsplan. Dieser bestimmt die Dringlichkeitsstufen und Auslöser für Eskalationen, zudem definiert er klar die Kette der Verantwortung, besetzt und schult die nötigen Rollen in den jeweiligen Teams.

Quelle: PwC