Der Handel baut seine E-Ladestationen mit hohem Tempo aus. Das Hauptmotiv ist für ihn die Kundenbindung. Richtig ausgelastet sind laut einer aktuellen Studie vom EHI Retail Institute bisher aber nur wenige Stationen.
Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet die Bundesregierung den Einzelhandel, auf seinen Parkplätzen eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge aufzubauen (s. INFO). 75 Prozent der Einzelhändler haben bereits Ladestationen für ihre Kundschaft installiert, wie aus dem aktuellen EHI-Whitepaper «Elektromobilität im Handel 2024» hervorgeht. Die Hauptmotivation für die Handelsunternehmen, ihre Ladeinfrastruktur auf- und auszubauen, ist die Kundenbindung. Das sagen 81 Prozent der für die EHI-Studie befragten Händler. Danach folgen als Motive die eigenen Klimaziele (58 %) und die Gesetzgebung (55 %).
DC-Lader setzen sich durch
Im Interesse der Kundenbindung forciert der Handel vor allem den Ausbau der leistungsstarken Gleichstrom-Ladepunkte (DC-Technologie). Mehr als die Hälfte seiner Ladepunkte arbeiten damit. In den drei Leistungsklassen ist der Anteil der High-Power-Charger (HPC) mit über 150 Kilowatt (kW) im Filialnetz der Händler von 21 Prozent im Vorjahr auf jetzt 27 Prozent gestiegen. Weitere 28 Prozent (Vj. 33 %) entfallen auf Schnelllader mit bis zu 150 kW. Die Normalladestationen (AC-Stationen), die Wechselstrom mit einer Leistung von elf bis 22 kW verwenden, haben einen Anteil von 45 Prozent. Das Kalkül hinter dem Investment in Schnelllader: Wenn viele Kunden in kurzer Zeit laden, kann sich das Angebot an Ladeinfrastruktur wirtschaftlich lohnen. Voraussetzung ist, dass sich die Zahl der Elektro-Fahrzeuge deutlich erhöht und damit der Ladebedarf der Kunden steigt. Schliesslich hat der Handel bisher viel Geld dafür aufgewendet. Der HDE taxiert das Investitionsvolumen im Bestand auf vier Milliarden Euro und beziffert die Kosten einer Schnellladestation mit 30 000 Euro. Bislang sind nach Angaben der befragten Händler nur zehn Prozent der Ladestationen zu 75 Prozent und mehr ausgelastet. Bei 32 Prozent der Stationen liegt die Auslastung zwischen 26 und 50 Prozent. Jede Vierte (26 %) wird weniger als zehn Prozent ihrer Zeit genutzt. «Dies verdeutlicht, dass bei den bereits installierten Ladestationen noch erhebliches Potenzial für eine höhere Auslastung besteht», so die EHI-Experten den derzeitigen Nutzungsgrad.
Monatelange Wartezeiten
Gleichwohl treibt der Handel den Ausbau weiter voran, nicht zuletzt, um die Anforderungen des Gesetzgebers zu erfüllen. Denn ab dem Jahr 2025 müssen auch kleinere Bestandsmärkte mit mehr als 20 Parkplätzen Ladestationen errichten. Schon jetzt klagen Händler laut EHI-Studie, dass die Abläufe zwischen Antrag und Installation nicht schnell genug gehen. Meist dauert es sechs bis zehn Monate, bis eine Ladesäule betriebsbereit ist. Diese Zeitspanne nennen 47 Prozent der Händler. Für jeweils 25 Prozent der befragten Händler liegt die Spanne von der Genehmigung bis zur Inbetriebnahme bei ein bis fünf beziehungsweise bei elf bis 15 Monaten. Nur drei Prozent berichten, dass die Prozedur zuletzt länger als 15 Monate gedauert hat. Bei der letzten Umfrage mussten noch elf Prozent so lange warten. Ein Teil der für 2023 geplanten Installationen konnte aber auch gar nicht umgesetzt werden. Als Gründe hierfür nennen die Befragten unter anderem Schwierigkeiten mit den Netzbetreibern oder Lieferengpässe bei Komponenten. Aber auch Abstimmungsprobleme mit Vermietern oder Eigentümern verlangsamen die Prozesse. Allen Widrigkeiten zum Trotz: Bis 2028 plant der Handel viele weitere Ladestationen, vor allem Schnelllader, in denen er grosses Potenzial zur Kundenbindung sieht.
tegut setzt auf Akku-Lösung
Eine DC-Schnellladeinfrastruktur aufzubauen, erfordert erheblich mehr Aufwand als eine AC-Normalladestation. Das Stromnetz muss die hohe Leistung bereitstellen können, in der Regel ist eine eigene Trafostation erforderlich. Unter dem Strich sind hohe Investitionskosten zu kalkulieren. Vor diesen Herausforderungen sah sich auch tegut bei der Planung einer Schnelllade-Infrastruktur auf seinen Parkplätzen und setzt auf eine Lösung der Numbat GmbH, mit der sich ein Schnellladeangebot netzverträglich realisieren lässt. Das System basiert auf einer Kombination aus Schnellladesäule und Batteriespeicher. Dank der Batterie kann die Ladesäule an das bestehende Netz angeschlossen werden, benötigt damit laut Numbat «keinen Anschluss ans Mittelspannungsnetz, keine aufwändigen Baumassnahmen und keine Trafostation». Die Kunden können den Akku ihres E-Autos mit bis zu 300 KW in 15 bis 20 Minuten vollladen, während sie im tegut-Markt ihre Einkäufe tätigen. Die erste dieser Säulen mit zwei Ladepunkten wurde im Mai 2023 am Standort Dipperz installiert, zahlreiche weitere tegut-Märkte folgten bis heute. Insgesamt will der Markant Partner bis zu 1000 Schnellladepunkte an weitestgehend allen Standorten mit Freiflächenparkplätzen in Deutschland einrichten.