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Wer wissen will, wie die nähere Zukunft aussieht, der schaut auf die nachfolgenden Generationen. Das IFH Köln durchleuchtet die «Gen Z» und kommt zu interessanten Ergebnissen – auch für den Handel.
In einer Zeit, die herausfordernder nicht sein könnte, wachsen derzeit die 16- bis 26-Jährigen heran. Eine Generation «die wie keine andere vor ihr in einer globalisierten, digitalisierten Welt aufwächst und viele Fragestellungen von grosser Komplexität zu lösen hat», skizziert IFH-Geschäftsführer Dr. Kai Hudetz die Besonderheit der sogenannten «Gen Z» und ihre Relevanz für die Gestaltung der Zukunft. Grund genug für ein grosses Team des Kölner Instituts, im Rahmen des «ECC Club» eine umfangreiche Befragung unter mehr als 1000 Angehörigen der Gen Z mit einem Durchschnittsalter von 21,7 Jahren durchzuführen. Dabei werfen die Autoren der Studie «Future Needs der Generation Z» auch einen Blick auf den Handel: Wie tickt die Gen Z hier, und was können Unternehmen für ihr eigenes Management mitnehmen?
Hin- und hergerissen
«Wir sehen Zerrissenheit, auch ein Auseinandergehen von Anspruch und Wirklichkeit. Nachhaltigkeit propagieren, aber nach Preis kaufen. Das Auto verteufeln, aber gerne Spritztouren machen», kommentiert ECC-Bereichsleiter
Dr. Ralf Deckers die Studienergebnisse. Konkretes Beispiel: 54 Prozent wollen «auf keinen Fall so leben wie meine
Eltern». Aber 93 Prozent sagen: «Finanzielle Stabilität und ein fester Wohnsitz sind mir wichtig.» Und für 86 Prozent bedeutet ein Auto »Freiheit und Unabhängigkeit«. Mehr als die Hälfte (52 %) der Befragten ist auch überzeugt: «Wir packen das mit der Klimakrise noch.»
Im Zweifel optimistisch
Bei der Gen Z stehen Identitätsthemen wie Menschenrechte und Gleichberechtigung neben der Bedrohung durch den Klimawandel auf der Agenda. Hinzu kommt der immanente Drang nach Ehrlichkeit und Offenheit in einer zutiefst digitalisierten Welt ohne wirkliche Möglichkeit der Orientierung. Der Ruf nach Verantwortung und Handlung, politisch wie gesellschaftlich, an Regierung wie an Unternehmen adressiert, wird in dieser Generation immer lauter, je mehr die aktuell brisante Lage der gesamten Welt deutlich wird. Die Folge: noch mehr Orientierungslosigkeit, nur wenig Anker, nur wenig Halt. Einerseits führt dies zu Resignation, vor allem mit Blick auf fehlende Einflussmöglichkeiten. Andererseits findet sich diese Generation zusammen und übt an vielen Stellen Druck auf die relevanten Akteure aus. Das erklärt auch den insgesamt recht optimistischen Blick in Richtung Zukunft: Nämlich dann, wenn man die Dinge selbst in die Hand nimmt und aktiv wird.
Traditioneller Wertekanon
Auch für Handel und Markenanbieter gibt es eindeutige Botschaften. Gefragt sind ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe, keine versteckten Aktivitäten und ein immerwährender Blick auf die wirklich wichtigen Themen, um die Zukunft positiv zu gestalten. «Wer dieser Generation die Hand reicht und in unsicheren Zeiten eine verlässliche Partnerschaft bietet, kann am Ende punkten», lautet ein Rat der Studienautoren. «Denn auch wenn die Gen Z als hochdigitalisiert und immer unter Strom beschrieben werden kann, zählen am Ende weiter traditionelle und fast schon konservativ anmutende Werte.» Diese müssten die Unternehmen verbinden und daraus ein Wertangebot schaffen, das dem besonderen Fokus der Gen Z gerecht wird und deren Sorgen und Wünsche ernst nimmt.
Der Preis muss stimmen
Grüne Themen wie Umweltschutz und Tierwohl sind zwar die Hauptmotivatoren für den Konsum nachhaltiger Lebensmittel – aber nur wenn auch der Preis stimmt. «Ehrlich gesagt, ist mir der Preis wichtiger als Nachhaltigkeit», sagen 72 Prozent. Ökologisches Engagement wird aber durchaus an den Tag gelegt, unter anderem beim Kauf von nachhaltigen Lebensmitteln. Im Mittelpunkt stehen regionale Produkte, Bio-Produkte, Tierwohlprodukte und Fair-Trade-Produkte. Jeder Zweite legt solche Produkte mindestens einmal in der Woche in den Einkaufskorb. Weil diese Generation sich noch in den Anfängen ihrer Kaufkraftentwicklung befindet, spielen Preis und Verfügbarkeit aber eine entsprechend grosse Rolle. Der Handel könne hier nachbessern und auf die Bedürfnisse der Gen Z stärker eingehen, heisst es in der Studie: «Dem aktuell teils verhaltenen Konsum von Ersatzprodukten kann durch ein breiteres Angebot entgegengesteuert werden.»
Realistischer Blick
Es sind einerseits die sehr persönlichen Themen wie Absicherung für die Zukunft, das eigene Heim und ein sicheres Berufsumfeld, die diese Generation beschäftigen. Andererseits sieht sie sich mit all den Hinterlassenschaften vergangener Generationen konfrontiert und setzt sich aktiv damit auseinander. Aber dennoch schauen die 16- bis 26-Jährigen nicht nur frustriert in die Zukunft, sondern sind sich sicher: «Wir schaffen das.» Auch wenn es anstrengend ist und allen einiges abverlangt. «Die Gen Z ist kein Visionär, sondern sieht den Tatsachen ins Auge», konzedieren die Autoren der Studie.
Voller Tatendrang
Auch wenn Nachhaltigkeit, ökologisches Bewusstsein, Tierwohl und angepasste Ernährungsgewohnheiten im Fokus stehen, am Ende geht es der Gen Z nicht um kompletten Verzicht. Es darf gern weiter convenient und zumindest, wenn es um den täglichen Konsum geht, einfach erreichbar und schnell abrufbar sein. Hierbei geht es um unkomplizierte Einkaufs- und Bezahlprozesse, veränderte Beratungsansätze bis hin zu Punkten wie Lieferung und Retouren. «Die Gen Z tickt noch einmal etwas anders als die Generation vor ihr», so das Fazit der Umfrage. «Sie macht deutlich, was sie belastet, ist dafür aber noch einmal mehr voller Tatendrang.»