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Influencer spielen in Zeiten sozialer Medien eine immer grössere Rolle, denn viele Verbraucher folgen ihren Online-Empfehlungen. Sie beeinflussen damit nicht nur Kaufentscheidungen, sondern kurbeln mit ihrer Meinung kräftig den Verkauf der empfohlenen Produkte an.
Die Köperpflegemarke CD hat sich die Schauspielerin Katja Riemann als Markenbotschafterin ins Boot geholt, Griesson de Beukelaer den Social-Media-Star und Sänger Mike Singer für die Prinzenrolle. Auch MARKANT Mitglieder nutzen die Strahlkraft von Influencern. So arbeitet Globus mit der Foodbloggerin Sally zusammen. Sie zählt mit fast zehn Millionen monatlichen Aufrufen ihres Blogs «Sallys Welt» zu den erfolgreichsten Food-Bloggerinnen Deutschlands. Ziel von Globus ist es, sowohl «den Globus-Kunden als auch Sally-Fans ein neues Online- und Offline-Erlebnis zu bieten». Auch die Drogeriemarktkette dm arbeitet «anlassbezogen mit Influencern zusammen, wenn eine Zusammenarbeit mit Blick auf die Kunden sinnstiftend ist“. „Es geht immer darum, eine attraktive Leistung für die Kunden zu generieren», erklärt Christoph Werner, dm-Geschäftsführer für das Ressort Marketing und Beschaffung. Ferner ist es auch ein gutes Mittel der Kundenbindung. «Das Influencer-Marketing ist eine gute Möglichkeit, um neue Kunden zu gewinnen und eine persönliche und langfristige Beziehung mit unseren Kunden über verschiedene Kanäle hinweg aufzubauen», sagt Sigrun Löffelholz, Leitung Marketing bei Globus.
Doch was verbirgt sich hinter den Influencern. «Influencer sind die neuen Supertargets in Sales und Marketing», so eine Definition von Anne M. Schüller, Marketing Consultant und Expertin für Empfehlungsmarketing. Als Multiplikatoren und Meinungsführer stehen sie im Zentrum ihres eigenen Netzwerkes und sind rege mit Anderen vernetzt. Sie stärken die Reputation eines Anbieters, verhelfen Produkten, Marken und Services zum schnellen Durchbruch und sichern so den Erfolg. Influencer sind Menschen, die ein hohes Ansehen geniessen, die einen Expertenstatus besitzen oder im Rampenlicht stehen – und aus diesen Gründen eine Leitfunktion haben. Was dabei zählt, ist inwieweit eine Person Nachrichten an eine grössere Anzahl von Mitmenschen weiterreichen und hierbei meinungsbeeinflussend wirken kann.
Klassische Mundpropaganda nach wie vor wichtig
Der Begriff „Influencer“ ist allerdings weder neu, noch ein kurzfristiger Hype. «Der Begriff des «Influencers» ist bereits vor rund zehn Jahren entstanden, daher lässt sich nur noch schwerlich von Kurzfristigkeit sprechen», erklärt Stephany Plumbohm, Manager Brand Experience bei OMG Fuse, dem Spezialisten für Markeninszenierungen der Omnicom Media Group Germany. Als Grundlage für die Begriffsbildung gilt der 2001 erschienene populärwissenschaftliche Bestseller «Influence: Science and Practice» (Einfluss: Wissenschaft und Praxis) des US-amerikanischen Psychologen und Wirtschaftswissenschaftlers Robert Cialdini. Dort beschreibt Cialdini sechs wichtige Eigenschaften zur Einflussnahme, wie soziale Autorität, Vertrauenswürdigkeit, Hingabe und konsistentes Verhalten.
Grundsätzlich sei jeder ein Influencer, der andere durch seine Hinweise, Empfehlungen oder Bewertungen in einer Kaufentscheidung beeinflusse. Dabei finde ein Grossteil des Influencing nach wie vor offline statt, also durch klassische Mundpropaganda. «Doch die digitalen Influencer sind mächtig im Kommen, da die Kaufvorrecherche immer mehr online passiert», so Schüller, Expertin für Empfehlungsmarketing. Hierbei würden Erfahrungsberichte in Fachforen, Sternesysteme auf Bewertungsportalen und jede Art von Austausch in den sozialen Netzwerken eine entscheidende Rolle spielen. Eine Sonderform seien die bezahlten Influencer, die vor allem im Lifestyle-Bereich zu finden sind. «Es gibt heute kaum ein Produkt, das sich nicht durch den passenden Instagram-Star bewerben oder dessen Erfolg sich nicht durch die Unterstützung eines Bloggers steigern lässt», erklärt Plumbohm.
Online-Influencer erreichen vor allem junge Zielgruppen
Dass die digitalen Influencer zunehmend eine gewichtige Rolle spielen, zeigt auch eine Studie von Twitter, dem Online-Dienst für Kurznachrichten, aus dem vergangenen Jahr. In Partnerschaft mit Annalect, einer Abteilung der Omnicom Media Group, die führend im Bereich Marketing-Daten ist, führte Twitter ein zweiteiliges Experiment durch. In der ersten Phase der Analyse, wurden mehr als 300 Menschen befragt, um zu verstehen, wie Influencer bei Twitter, im Gegensatz zu alternativen Anzeigenformaten, die Empfänglichkeit der Verbraucher für Marken beeinflussen. So gaben 49 Prozent der befragten Verbraucher an, dass sie bei der Suche nach Produkten auf die Empfehlungen von Influencern vertrauen; 56 Prozent der Twitter-Nutzen vertrauen auf Produktempfehlungen ihrer Freunde. Influencer Marketing kann indes auch den Vertrieb unterstützen. So kommt die Studie auch zu dem Ergebnis, dass rund 40 Prozent aller Befragten angaben, schon einmal etwas gekauft zu haben, nachdem sie gesehen hatten, wie ein Influencer dieses Produkt benutzt hat. Rund 20 Prozent haben entsprechende Inhalte sogar schon einmal geteilt.
Der Einfluss der Influencer ist immens, dies bescheinigt auch der aktuelle, repräsentative Social-Media-Atlas der Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Marktforschers Toluna: So haben 13 Prozent aller Internet-Nutzer in Deutschland innerhalb eines Jahres Produkte gekauft oder Dienstleistungen in Anspruch genommen, weil sie von einem Youtuber empfohlen wurden. Fünf Prozent folgten Einkaufstipps von Bloggern. Besonders gross ist der Einfluss auf junge Zielgruppen. Unter Teenagern zwischen 14 und 19 Jahren hat sich sogar jeder zweite Onliner innerhalb von zwölf Monaten für Produkte oder Dienstleistungen entschieden, weil sie von Youtubern, Bloggern oder anderen prominenten Personen empfohlen wurden. Unter Twens liegt diese Quote bei einem Drittel, bei 30- bis 39-jährigen Internet-Nutzern immer noch bei 24 Prozent. Am geringsten ist der Einfluss dieser Influencer mit drei Prozent bei Onlinern ab 60 Jahren. «Der Einfluss von Youtubern und Bloggern auf Kaufentscheidungen wird in Zukunft noch stark anwachsen», prognostiziert Dr. Roland Heintze, Geschäftsführender Gesellschafter und Social-Media-Experte des Faktenkontors. «Denn der Erfolg dieser Influencer ist bei den jungen, nachwachsenden, besonders Internet-affinen Zielgruppen am stärksten ausgeprägt.»
«Man muss empfehlenswert sein, um empfohlen zu werden»
Doch für den Erfolg gibt es auch gewisse Spielregeln einzuhalten, wie die Managerin Brand Experience Plumbohm, beobachtet hat: Beim Influencer Marketing ist es unverzichtbar, eine echte Beziehung zwischen Influencer und Marke herzustellen. Die Follower der Social Media Stars erwarten sinnvollen Content, der ihnen einen echten Mehrwert bietet. Eine Influencerin mit Millionen von Followern lediglich ein Produkt in die Kamera halten zu lassen, liesse sich vor fünf Jahren noch als Influencer Marketing verkaufen. Heute setzen immer mehr Unternehmen auf langfristige Beziehungen und Kooperationen mit Influencern, die die Produkte ihren Followern auf eine möglichst authentische Art und Weise nahebringen.
Die wichtigste Voraussetzung ist jedoch: «Man muss empfehlenswert sein, um empfohlen zu werden», so das Resümee von Anne M. Schüller. «Nur herausragende Leistungen erhalten grossartige Mundpropaganda.» Und schliesslich leben wir in einer Empfehlungsökonomie. Mundpropaganda von „wissenden Dritten” ist die mit Abstand wichtigste Werbeform – so ein Ergebnis der Expertin für Loyalitätsmarketing. «Die meisten Verbraucher glauben dem Werbegeplärre der Anbieter nur noch sehr bedingt», sagt Schüller. So würden nach einer Nielsen-Studie aus dem Jahr 2015 die Deutschen in erster Linie auf persönliche Empfehlungen vertrauen, nämlich zu 78 Prozent. Den zweiten Platz belegen demnach Konsumentenmeinungen im Web mit 62 Prozent. Die Inhalte von Websites liegen mit 50 Prozent auf Platz vier.
Auch Lebensmittel können per Influencer beworben werden
Fakt ist auch: Generell lässt sich kein Produkt pauschal vom Influencer Marketing ausschliessen. «Vor Kampagnenstart sollte sich jedes Unternehmen über drei Dinge im Klaren sein: Wen will ich ansprechen, welcher Influencer hat genau diese Zielgruppe als Fans? Was genau will ich am Ende erreichen?», sagt Plumbohm. Erst wenn die Rahmenbedingungen stimmen, könne ein Konzept entwickelt und der passende Influencer ausgewählt werden. «Gerade in einer Zeit, in der sich immer mehr Influencer etablieren, wäre es nicht zielführend, einfach nur die reichweitenstärksten Social-Media-Stars der Branche zu buchen», so Plumbohm abschliessend.
Die Expertin für Markeninszenierung sieht auch im Lebensmittelhandel attraktive Chancen: Als Lebensmittelhersteller dem eigenen Produkt via Influencer zu mehr Prominenz zu verhelfen, kann durchaus eine erfolgsversprechende Strategie sein, dies gilt speziell für alle Produkte rund um einen gesunden Lebensstil. Das steigende Angebot der Gesundheit und Fitness versprechenden Produkte nimmt so rasant zu, dass die zumeist jungen Käufer die Empfehlung eines favorisierten Influencers gerne annehmen. Die Bewerbung eines solchen Produktes durch einen Influencer aus dem Fitness und/oder Ernährungsbereich erzeugt dabei das «Stiftung-Warentest»-Gefühl: Die Follower vertrauen der Expertise des Influencers und erkennen seine Empfehlung als eine Art «Prüfsiegel» an.
Produkt und Influencer müssen hundertprozentig zusammenpassen
Doch dabei gilt: Authentizität ist alles. «Was nicht echt wirkt, fällt bei der jungen Zielgruppe durch», sagt Plumbohm. Für die Unternehmen sei dies die grösste Herausforderung und auch die grösste Stolperfalle. «Die Generation Z hat den Adblocker immer aktualisiert und lässt sich nichts vormachen. Pre-Rolls und dynamische Banner erzielen vielleicht noch ausreichend Kontakte, doch es darf nicht vernachlässigt werden, dass der User davon womöglich genervt sein könnte, wenn der Inhalt für ihn nicht relevant ist.» Es gehe vielmehr darum, ein freiwilliges und echtes Erlebnis mit einer Marke zu schaffen. Das Produkt und der Influencer müssen hundertprozentig zusammenpassen, sonst gehe ein Grossteil des Influencer-Effekts verloren. Lebensstil, Image und Vorgeschichte des Influencer spielen laut der Expertin bei der Auswahl eine genauso wichtige Rolle wie beispielsweise auch die Anzahl seiner Follower und seiner Reichweite.
Wer erfolgreiches Influencer Marketing betreiben will, kommt nicht drum herum, sich umfassend und gründlich mit dem Thema auseinander zu setzen. Mit der schnellen Suche nach einem passenden Influencer in einem gängigen Tool und dem Versand von Gratis-Produkten sei es heute längst nicht mehr getan, wenn man erfolgreiche Influencer-Relations aufbauen möchte. Doch die gute Nachricht ist: Hat man erstmal einmal gute Beziehungen aufgebaut, dann bieten die Social Media-Stars den Unternehmen einen direkten Draht zu ihren Followern.
Interview
Interview mit Christoph Werner, dm-Geschäftsführer und verantwortlich für das Ressort Marketing + Beschaffung
Sie setzen auf das Thema Influencer Marketing. Warum?
Influencer sind kein wirklich neues Phänomen sondern die aktuelle Ausprägung des Prinzips der Meinungsmultiplikatoren. Der Unterschied besteht, unserer Meinung nach darin, dass Influencer früher vor allem vertraglich gebunden werden konnten. Heute arbeiten Influencer in der Regel ungebunden und entscheiden frei, was sie empfehlen oder von was sie abraten. Es geht um einen Austausch auf Augenhöhe, wie auch mit Kunden. Daher ist es für uns selbstverständlich in unseren Marketingüberlegungen, auch Influencer zu berücksichtigen.
Mit welchen Influencern arbeiten Sie zusammen und warum?
Wir arbeiten grundsätzlich anlassbezogen mit Influencern zusammen, wenn eine Zusammenarbeit mit Blick auf die Kunden sinnstiftend ist.
Was war der Anlass für die „Kampagne Schachtelbox“ im vergangenen Jahr?
Die Idee zu #schachtelglück entstand spontan im Bemühen um die Frage, was unsere Kunden vielleicht interessieren könnte. Die von uns angesprochenen Influencer fanden die Idee gut und haben sich daraufhin zu einer projektbezogenen Zusammenarbeit bereiterklärt.
Was versprechen Sie sich davon?
Es geht immer darum, eine attraktive Leistung für die Kunden zu generieren. Dies erfolgt mit den verfügbaren Möglichkeiten. Derzeit sind dies auch Influencer.
Planen Sie für 2017 ebenfalls so eine Kampagne?
Stand heute haben wir noch nicht entschieden, ob wir auch in diesem Jahr etwas in dieser Richtung umsetzen werden.
Planen Sie für 2017 weitere Zusammenarbeiten mit Influencern?
Sofern wir gute Ideen haben, für die sich Influencer auch interessieren, ist das durchaus denkbar.
Interview
Interview mit Marina Kellner, Business Development Director DACH der Influencer-Marketing-Plattform indaHash.come
Wie lässt sich der richtige Influencer finden?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, den passenden Influencer für sich und seine Unternehmung zu finden. Man kann eine Media- beziehungsweise Digitalagentur mit der Suche und Konzeptionen beauftragen, was aber erfahrungsgemäss teuer und nicht besonders effektiv ist. Die zwei besten Alternativen sind, erstens: Das manuelle Suchen von Influencern auf den diversen Social-Media-Platformen sowie die manuelle Absprache der Preise und Leistungen mit den Influencern. Zweitens: Das Buchen von Influencern über spezialisierte Influencer Marketing Agenturen oder Plattformen und Dienstleistern wie indaHash, über welche man Tausende von Influencern über ein AdTech-Tool auf einmal erreichen kann.
Worauf sollten Unternehmen bei der Suche nach Influencern achten?
Unternehmen sollten mehr auf Systeme vertrauen, in welchen Influencer sie finden können und nicht nach Influencern „suchen“. Es gibt nichts Spannenderes, als mit Infuencern zusammenzuarbeiten, die sich von selbst für eine Zusammenarbeit mit einer Marke entschieden haben und nicht über Geld motiviert worden sind.
Welche Unternehmen sollten auf Influencer setzen, welche eher nicht?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Die meisten Unternehmen können und sollten auf Influencer setzen. Der ausschlaggebende Punkt ist, wie man Influencer Marketing sieht und definiert. Spannend ist es hier, mit Micro-Influencern zu arbeiten die vielleicht keine grossen Reichweiten haben, aber in einer sehr homogenen Zielgruppe kommunizieren. Hier sind es keine Follower, sondern eher Fans. Hier ist die Annahme eher ein Dialog durch die Influencer und kein Shout wie bei den Digitalstars. Man kann es als eine Art von digitalem Word-of-Mouth Marketing sehen.