Nachhaltige Zukunft

Freitag, 29. September 2023
Foto: Koelnmesse GmbH/Harald Fleissner

«Sustainable Growth» ist das Leitthema der Anuga, die vom 7. bis 11. Oktober in Köln stattfindet. Damit will die Messe den Diskurs zum Thema nachhaltiges Wachstum unter Einbeziehung von Umwelt- und Klimaaspekten stärken. 

Die Herausforderungen unserer Zeit sind enorm. Die sich verstärkenden Auswirkungen des Klimawandels führen zu Verlust von Anbau- und Weideflächen, zerstören Existenzen, schwächen nach Ansicht der Welthungerhilfe vor allem die Ärmsten im Globalen Süden. «Das Menschenrecht auf Nahrung lässt sich für Millionen Menschen nicht mehr umsetzen. Rund 735 Millionen Menschen weltweit leiden chronisch Hunger. Kriege und Konflikte sowie die Folgen des Klimawandels zählen zu den stärksten Hungertreibern weltweit», berichtet Susanne Fotiadis, Vorständin Marketing & Kommunikation der Welthungerhilfe. Wirtschaftliche und humanitäre Auswirkungen, wie unterbrochene Lieferketten durch den Ukraine-Russland-Konflikt sowie steigende Energie- und Nahrungsmittelkosten, verschärfen die Situation ebenfalls. Herausforderungen, die die Ernährungsbranche zu bewältigen hat, sind gross. Um die globale Ernährung sicherstellen zu können, wird ein gerechtes, nachhaltiges und krisenfestes Ernährungssystem benötigt. «Die Herausforderung der Zukunft wird sein, wirtschaftliches Wachstum und nachhaltige Entwicklung zu fördern und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die erforderlichen natürlichen Ressourcen weiterhin zur Verfügung stehen», erklärt Jan Philipp Hartmann, Director Anuga. 
 
Offenheit und Vertrauen
Um die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen, braucht es nach Einschätzung der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e. V. vor allem eines: «Offenheit für einen freien Welthandel, von dem alle profitieren, und Offenheit für neue Technologien, etwa unterschiedliche Anbau- und Herstellungsmethoden, neue Züchtungstechniken und innovative Produkte», so BVE-Geschäftsführer Olivier Kölsch. Gleichzeitig brauche es Vertrauen in die Unternehmen, die bereits heute die Weichen für morgen stellen. «Wenn wir ihre Innovationskraft fördern, statt sie auszubremsen, können wir zuversichtlich in die Zukunft schauen», sagt Kölsch.
 
Zukunftsfähige Versorgung
Nach Einschätzung des Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) wird es eine zukunftsfähige Ernährungsversorgung nur dann geben, wenn die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems gelingt. Und wenn es einfach und selbstverständlich sei, dass alle Menschen gleichermassen Zugang zu gesunden, nachhaltig erzeugten Lebensmitteln aus einer intakten Umwelt haben. Nachhaltige Ernährungsweisen haben laut BZfE geringe Auswirkungen auf die Umwelt, tragen zur Lebensmittel- und Ernährungssicherung bei und ermöglichen heutigen und zukünftigen Generationen ein gesundes Leben. In dem Kontext sieht das BZfE folgenden Bedarf: «Die nachhaltige Ernährungsweise muss künftig viel mehr auf Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen liegen und viel weniger Fleisch. Wir brauchen mindestens 50 Prozent mehr Obst und Gemüse, aber auch Fisch aus Aquakultur, ein Vielfaches mehr an Nüssen und Hülsenfrüchten sowie deutlich weniger Fleisch», fordert Britta Klein, die Dipl.-Agrarwissenschaftlerin ist für Fragen der Transformation von Ernährungssystemen zuständig. Gleichzeitig müssen laut BZfE global die Lebensmittelabfälle halbiert werden, die Landwirtschaft ökologisch intensiviert und internationale Vereinbarungen zum Schutz der Meere umgesetzt werden. «Die Einführung einer beitragsfreien und nachhaltigen Kita- und Schulverpflegung sollten dazu kommen und Preisanreize für eine Reduktion des Konsums wenig nachhaltiger Produkte.»
 
Essen der Zukunft
Die Digitalisierung wird ein wichtiger Baustein für die Zukunftsfähigkeit der Branche sein, davon ist die BVE überzeugt. Sie fördere die Effizienz, den nachhaltigen Rohstoffeinsatz und verbessere Prognosen. Ausserdem könne sie bessere Verbraucherinformationen bereitstellen, damit es keine Verbote brauche, sondern mündige Bürger, die eigenständige Entscheidungen treffen. Abgesehen davon ist nach Ansicht der BVE auch hier Offenheit sehr wichtig, etwa für neue Proteinquellen von Insekten bis Laborfleisch. «Hier gibt es nicht den einen richtigen Weg, sondern viele Lösungsansätze, die gemeinsam angegangen werden müssen», berichtet Kölsch. Hingegen vertritt das BZfE die Ansicht, dass Technik eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung nur ergänzen, aber nicht ersetzen kann. «Derzeit wird intensiv an Zellfleisch und -fisch geforscht, viele Firmen machen weltweit erste Versuche und Verkostungen in einzelnen Restaurants. Aber für den normalen Kunden wird es noch Jahre dauern, ehe tatsächlich sichere, zugelassene und erschwingliche Produkte im Laden zur Verfügung stehen», so Klein.  
 
Innovationen und Forschungsergebnisse in der Wissenschaft werden auch für den Bereich der Ernährung eine wichtige Rolle spielen. «Ansätze sehen wir bereits heute, wenn in Ländern des Südens traditionelle Gemüse oder Getreidesorten in Laboren weiterentwickelt werden», sagt Susanne Fotiadis, Vorständin Marketing & Kommunikation der Welthungerhilfe. Die Landwirtschaft sei weltweit ein wichtiger Beschäftigungssektor, der für Millionen Menschen die Grundlage für ihre Existenz bildet. «Auch die Frage der Einkommen spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Ernährung der Zukunft geht. Wo und wie in der Zukunft die Nahrungsmittel angebaut werden, hängt von vielen Faktoren ab. Allerdings sollte die Produktion nachhaltig und resilient sein», resümiert Fotiadis. Hier setzt die Anuga mit ihrem Leitthema «Sustainable Growth» an. Die Fachmesse der Ernährungswirtschaft wird dabei von einem anspruchsvollen Kongress- und Eventprogramm begleitet und bietet zahlreiche Gelegenheiten zum Netzwerken. Mit neuen Partnern wie EIT Food, Europas führende Initiative für Lebensmittelinnovationen, werden im Rahmen von Konferenzen und Workshops, die wichtigsten Anliegen der Branche adressiert sowie Innovationen präsentiert und diskutiert. Themen wie die Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs), Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Lieferketten und Produkten, klimafreundlichere Produktion, ressourcenschonender Rohstoffanbau, Food Waste sowie Wege hin zu einem zirkulären Lebensmittelsystem stehen im Fokus. Auch technologischer Fortschritt spielt eine wichtige Rolle, denn dieser ist oft Treiber von innovativen Ideen und Produktneuheiten. 
 
Verantwortungsbewusstes Wachstum

Anuga-Director Jan-Philipp Hartmann über nachhaltiges Wachstum und welche Ansätze dazu global möglich sind.

Sustainable Growth – so lautet das Leitthema der Anuga. Welche Intention steckt dahinter? 
Jan-Philipp Hartmann:
Angesichts der globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Ressourcenknappheit und der wachsenden Bevölkerungszahlen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Lebensmittelbranche nachhaltige Praktiken implementiert, um langfristiges und auch verantwortungsbewusstes Wachstum zu fördern. Wir müssen innovative und umweltbewusste Praktiken fördern, die es ermöglichen, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden. 

Was ist hierfür nötig? 
Jan-Philipp Hartmann:
  Es ist entscheidend, unsere heutige Ernährung zu überdenken. Ebenso ist die Verminderung von Lebensmittelverschwendung ein wichtiger Aspekt. Hier können Technologien und digitale Lösungen in der Lieferkette eingesetzt werden, um Verschwendung zu reduzieren. Die Förderung eines nachhaltigen Konsums ist ebenfalls von Bedeutung, indem Verbraucher dazu ermutigt werden, bewusster einzukaufen und Lebensmittelabfälle zu reduzieren. 

Was sind die aktuellen Trends?
Jan-Philipp Hartmann:
 Es ist ein steigender Fokus der Verbraucher auf pflanzliche Ernährung und alternative Proteinquellen spürbar. Zudem gewinnen regionale und lokale Lebensmittel an Bedeutung, da Nachhaltigkeit und kurze Lieferketten für Konsumenten immer wichtiger werden. Auch Transparenz in der Lebensmittelproduktion ist wichtig, da Verbraucher verstärkt Informationen über Herkunft, Produktionsbedingungen und Nachhaltigkeitsaspekte verlangen. 

Welche Themen sind für Händler besonders interessant?
Jan-Philipp Hartmann:
Das sind Themen, die den nachhaltigen Konsum fördern. Produkte mit Fokus auf Nachhaltigkeit und regionaler Herkunft sind daher für sie besonders attraktiv. Ebenso könnten Lösungen in der Lieferkette, die dazu beitragen, Lebensmittelabfälle zu reduzieren und Transparenz zu gewährleisten, für den Handel von Interesse sein. Der Trend zu pflanzlichen Produkten stellt auch eine Gelegenheit dar, um den Bedürfnissen der Kunden nach nachhaltigen und gesunden Optionen gerecht zu werden.

 
 
 
 
 
 
 

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