Tierfutter darf nicht mehr nur funktionalen Charakter haben. Es muss gesund erhalten und dem Tier ein möglichst langes Leben bescheren. Das lassen sich die Verbraucher etwas kosten.
Laut dem Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) e.V. gilt: Was die Verbraucher vom Bereich Humanfood erwarten, erwarten sie mit Verzögerung auch von der Tiernahrung. So bieten mittlerweile einige Tierfutter-Hersteller Produkte in Bio-Qualität an. Hierzu analysierte Bio-Tierfutter-Erzeuger Yarrah Organic Petfood folgendes: „Wir stellen bei unserer Umsatzentwicklung Parallelen zum Bereich Bio-Lebensmittel fest: Auch dort sind jährliche Wachstumsraten in zweistelliger Höhe keine Seltenheit.“ Dem stimmt die Demeter-Felderzeugnisse GmbH zu und unterstreicht: „Es gibt einen großen Trend hin zu Bio-Tierfutter.“
Bio noch eine Nische
Laut den Branchenverbänden stellt Bio im Tierfutter-Sektor bisher aber nur eine Nische dar – eine von vielen. Wie im Bereich Humanfood differenziert sich das Angebot immer weiter aus: Detlev Nolte, Pressesprecher des IVH, beobachtet etwa einen Trend hin zu „free from“-Produkten, also Artikeln, die zum Beispiel ohne Zucker, Getreide, Farb- oder Konservierungsstoffe auskommen.
Tiernahrung muss Gesundheit des Tieres unterstützen
„Tiernahrung darf heute nicht mehr nur funktionalen Charakter haben, sie muss das Tier gesund erhalten und ein möglichst langes Leben garantieren“, sagt Antje Schreiber vom Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands (ZZF). „Ebenso wie Menschen sich verstärkt mit der eigenen Ernährung und Fragen der Herkunft und Inhaltstoffe beschäftigen, wird immer mehr über Tierfutter diskutiert“, beobachtet Detlev Nolte. Nach wie vor sei hierbei der Lebensmitteleinzelhandel die Haupteinkaufsstätte für Tiernahrung. „Es ist also kein Wunder, dass der Kunde das, was er dort für die Familie einkauft, auch für sein Tier sucht.“
„Natural Trend“ verspricht Wachstum
Auch die Hersteller erkennen die veränderte Verbrauchernachfrage. Nestlé Purina etwa spricht vom so genannten „Natural Trend“. Ein Trend, der nach Aussage des Markenartiklers lange anhalten und dem Handel langfristig stärkeres Wachstum bescheren werde. So zitiert Nestlé Purina etwa eine Mintel-Studie, nach der sich 65 Prozent der Tierbesitzer mehr natürliche Tiernahrung wünschen. „Die Verbraucher erwarten immer mehr Transparenz und interessieren sich für die Herkunft der Zutaten.“
Dementsprechend setzen die Hersteller stärker auf den Natural Trend und free from-Produkte als auf Bio. Gimborn, Affinity Petcare, Vitakraft, Nestlé Purina und andere etwa haben bereits entsprechende Produkte in das Sortiment aufgenommen. Weitere Hersteller haben dies für die Zukunft angekündigt.
Wohlergehen des Tieres ist Kunden das Geld wert
Die Investitionen dürften sich lohnen, denn das Wohlergehen ihres Tieres lassen sich die Kunden etwas kosten: „Wenn es gelingt, dem Tierbesitzer den Zusatznutzen des Futters zu vermitteln, ist der Preis nicht das ausschlaggebende Kriterium“, heißt es bei Nestlé Purina. Und Yarrah Organic Petfood vergleicht Tiernahrung mit Produkten für Kinder: „Auch hier wird nicht immer nur das billigste vom billigsten verwendet. Dieses Kaufverhalten treffe vor allem auf die weibliche Käuferschicht zu, die bewusster einkaufe und auch eher zu einem Bio-Produkt greife.
Als Produkt eines derart emotional getriebenen Segments empfehlen die Hersteller, die Produkte aufmerksamkeitsstark am Point of Sale zu platzieren und zusätzlich mit Promotions zu bewerben. Ebenfalls sind Informationen und Produktproben lohnenswert, um so das hohe Wertschöpfungspotenzial, das im Segment steckt, noch stärker ausschöpfen zu können.
Interview
Interview mit Klaus Meyer-Kortenbach, Geschäftsführer Das Futterhaus, zur Bedeutung von Tiernahrung
Gibt es einen Trend hin zu Bio-Tiernahrung?
Bio ist ein großer gesellschaftlicher Trend. Wer sich bewusst gesund ernährt und viel Wert auf Regionalität und nachhaltig produzierte Lebensmittel legt, möchte diese Voraussetzung auch bei der Ernährung seines Vierbeiners erfüllt sehen. Entsprechend wächst die Nachfrage nach naturbelassenem Futter, bei dem Umwelt- und Tierhaltungsbedingungen besonders ökologisch sind.
Wie macht dies im Angebot bemerkbar?
Seitens der Hersteller gibt es ein ständig wachsendes Angebot, das sich mehr und mehr differenziert und neben Futtermitteln auch Zubehörartikel wie etwa Shampoos, Leinen und Halsbänder beinhaltet.
Welchen Mehrwert bietet Biofutter den Tieren?
Der Mehrwert von Bio-Futter wird durch das von den Herstellern auf der Ware angebrachte „Bio-Siegel“ ausgelobt und kann laut deren Aussage dazu beitragen, etwa Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei Hunden und Katzen zu verringern.
Wie preissensibel sind Verbraucher bei Tierfutter?
Preissensibilität spielt bei den Kunden, die im Fachhandel einkaufen, eine eher untergeordnete Rolle. Es gibt selbstverständlich Unterschiede beim Kaufverhalten je nach Vermögensverhältnissen. Aber die meisten Kunden sind bereit, zu hochpreisigeren Produkten zu greifen, wenn sie dafür etwas qualitativ Hochwertiges für ihr Tier erhalten.
Gibt es Unterschiede bei Hunde-, Katzen- und Kleintierhaltern, wie sehr sie auf Bio-Futter achten?
Da in Deutschland vorrangig Katzen und Hunde als Haustiere gehalten werden, wird für diese beiden Tierarten auch das meiste Bio-Futter nachgefragt. Gerade beim Barfen werden gerne Bio-Produkte verwendet, zudem gibt es immer mehr Snacks in Bio-Qualität für beide Tierarten. Darauf gehen die Hersteller ein und daher findet sich in diesen Bereichen auch das größte Angebot. Heu und Kräuter für Kleintiere aus dem Bio-Anbau sind seit jeher in unseren Märkten erhältlich. Mit der Zugabe von Gemüse aus ökologischem Anbau kann der Halter zusätzlich Einfluss auf eine biologische Fütterung seines Tieres nehmen.
Interview
Interview mit Antje Schreiber, Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands (ZZF), zu den Verbraucheransprüchen an Tiernahrung
Frau Schreiber, immer mehr Verbraucher greifen zu Bio-Lebensmitteln. Wirkt sich das auch auf ihre Auswahl von Tierfutter aus?
Bio ist nur eine von vielen Nischen im Tierfutter-Segment. Der Markt differenziert sich immer stärker. Generell gilt, dass die Menschen sich bei Tierfutter die gleiche Qualität wünschen, die sie auch in Bezug auf ihre Lebensmittel akzeptieren. Viele Tierhalter bevorzugen demnach Produkte ohne Zusätze wie Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe oder Farbstoffe sowie Futter, das ohne Gentechnik hergestellt wurde. Auch kaufen sie vermehrt Nahrungsergänzungsprodukte wie vegetarische Kausnacks für Hunde oder spezielle Snacks zur Reduzierung von Zahnstein, Plaque und Mundgeruch.
Nun ist auch ein Trend hin zum Vegetarismus für das Tier erkennbar. Wie beurteilen Sie dies?
Oft schließt der Mensch von sich auf das Tier. Er denkt, was für ihn gut ist, gilt auch für Hund oder Katze. Ob dem so ist, daran scheiden sich die Geister. Es ist grenzwertig, wenn Hunde kein Fleisch bekommen und ganz sicher tierschutzwidrig, Katzen fleischlos zu ernähren.
Ist der Trend hin zu getreidefreien Produkten ebenfalls eine Eins-zu-eins-Übertragung der eigenen Ernährungsgewohnheiten auf das Tier?
Der Trend hin zum getreidefreien Futter ist entstanden, weil Tierhalter bei ihren Hunden und Katzen Reaktionen wie Juckreiz, Verdauungsprobleme oder Haarausfall beobachtet haben. Mit einer getreidefreien Ernährung wollen sie Allergien oder einer Glutenunverträglichkeit vorbeugen. Aber es werden auch Stimmen laut, die auf die guten Eigenschaften von Getreide für die Tierernährung hinweisen und sich für eine ausgewogene Fütterung aussprechen.
Bemerken Sie Unterschiede im Kaufverhalten von Hunde- und Katzenhaltern?
Wir stellen vor allem einen Unterschied im Auswahlverhalten der beiden Gruppen im Vergleich zu früher fest. Vor fünf oder zehn Jahren kaufte jeder Katzen- und Hundebesitzer immer das jeweils gleiche Futter für sein Tier. Heute stellen die Tierhalter sich auf die unter anderem im Jahresverlauf sowie altersbedingt wechselnden individuellen Bedürfnisse ihres Vierbeiners ein. Es gibt zum Beispiel Futter für unterschiedliche Lebensphasen, für verschiedene Rassen oder für übergewichtige Tiere.