Christoph Hambloch, Marktanalyst Pflanzenbau, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH, über die Regionalität, Anbau, Angebot und Nachfrage
In diesem Jahr ist hierzulande mit einer guten Kartoffelernte zu rechnen. Wie hoch sind Ernte und Ertrag? Worauf führen Sie dieses gute Ergebnis zurück?
Die Kartoffelerzeuger in Deutschland können insgesamt zumindest bei den Erträgen durchaus mit der diesjährigen Kartoffelernte zufrieden sein. Rund 11,3 Millionen Tonnen Kartoffeln haben sie geerntet, das sind 0,5 Millionen Tonnen mehr als in 2016. Grund dafür ist in erster Linie das gute Wetter. Auch wenn den Kartoffelerzeugern in vielen Regionen Deutschlands Ende April Frost und Regen zu schaffen machten, war das Wetter für die Ertragsbildung der Haupternte ab August optimal: Die Kartoffelpflanzen waren ab dann ausreichend mit Wasser versorgt und Hitzeperioden blieben aus. Wie zu erwarten, ist auch der Ertrag von 444 Doppelzentner pro Hektar im Jahr 2016 auf eine Spitzenmenge von 454 Doppelzentner pro Hektar in 2017 gestiegen. Schliesslich trug auch die um 2,5 Prozent grössere Kartoffelanbaufläche zum guten Ergebnis bei.
Wie wirken sich Angebot und Qualität der Kartoffeln auf die Rohstoffkosten und Verbraucherpreise aus?
Wenig bis gar nicht, da der Grossteil der Kartoffeln aus dem Vertragsanbau stammt. Bei Pommes frites und Klossteigen sind es rund 90 Prozent. Vertragsanbau bedeutet, dass die Hersteller mit den Landwirten Verträge abschliessen, in denen unter anderem die Kartoffelsorten, der Stärkegehalt und die Grösse festgelegt sind. Auch die Preise sind in der Regel schon seit Monaten festgelegt. Schwankende Rohstoffpreise für Kartoffeln auf dem freien Markt spielen für Hersteller von veredelten Kartoffelprodukten daher kaum eine Rolle. So sind die Rohstoffkosten für die Hersteller weitgehend konstant, so dass vermutlich stabile Verbraucherpreise für die Kartoffelerzeugnisse zu erwarten sind.
Regionale Produkte liegen im Trend. Welche Bedeutung haben sie für Kartoffelerzeugnisse?
Die Frage ist vor allem, was man unter dem Begriff «Region» versteht. Viele Hersteller arbeiten zwar mit Landwirten aus der Region oder aus dem Bundesland zusammen. Oft reichen die Kartoffelmengen aus der Region aber nicht aus. Hinzu kommt: Auch wenn Kartoffelprodukte wie die Klossteige oder Schupfnudeln hauptsächlich in einer bestimmten «Region», beispielsweise in Süddeutschland, hergestellt werden, vermarktet werden sie bundesweit. In Norddeutschland würde man hier nicht von einem regionalen Produkt sprechen. Zudem wäre eine Erzeugung vor Ort aufgrund der Marktbedeutung wohl nicht rentabel. Deshalb bieten veredelte regionale Kartoffelprodukte hier und da zwar eine Nische, sie sind aber kein Konzept für den Gesamtmarkt..
Innovative Interpretation
Egal ob Pommes, Gnoccis oder Gratin – bei den Verbrauchern stehen Kartoffeln in veredelter Form hoch im Kurs. Welche Konzepte für neue Akzente am Point of Sale sorgen.
Obwohl die Kartoffel «typisch deutsch» ist, essen die Bundesbürger immer weniger davon. 57 Kilogramm waren es im Wirtschaftsjahr 2015/16, dies teilt das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) mit. Das sind fünf Kilogramm weniger als im Jahr zuvor. Anders sieht es bei den veredelten Kartoffelprodukten aus, ihr Pro-Kopf-Verbrauch stieg insgesamt leicht auf 34 Kilogramm. Die Gründe dafür: «Die Zubereitung der Kartoffel nimmt mehr Zeit in Anspruch als sich Verbraucher heutzutage nehmen können», berichtet ein Sprecher von Unilever für die Marke Pfanni und ergänzt, «Genau deshalb sind veredelte Kartoffelprodukte so beliebt: Sie sind schnell und einfach zuzubereiten, sie schmecken und leisten einen wichtigen Teil für eine ausgewogene Ernährung.» Nach Angaben von Schnefrost passen sie zu vielen Gelegenheiten, sei es als Hauptmahlzeit, Beilage oder Snack. Gleichzeitig können die Verbraucher aus einer grossen Vielfalt an veredelten Kartoffelprodukten auswählen, die sich wiederum an unterschiedliche Zielgruppen wie Kinder und Erwachsene richten, heisst es aus dem Hause McCain. Und die Sortimentsvielfalt erstreckt sich gleich über mehrere Segmente. Ob als Nass- oder Trockenprodukt, ob gekühlt oder tiefgekühlt, jedes Segment hat seine Anhänger. Trendsegment seien laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) derzeit vor allem die gekühlten Varianten mit einem Umsatzplus von rund vier Prozent. Auch wenn der Markt für TK-Kartoffelprodukte stagniert, sind TK-Pommes frites weiter auf Wachstumskurs (s. Info GfK).
Aktuelle Food-Trends
Neben dem Convenience-Aspekt sieht man bei Unilever und McCain vor allem den Trend zur ausgewogenen Ernährung mit Produkten ohne künstliche Aromen und Zusatzstoffe. Hinzu kommt: Die Kartoffel als Rohstoff ist von Natur aus vegetarisch und vegan, gluten- und laktosefrei. Je nach Rezeptur treffen eine oder mehrere dieser trendigen Eigenschaften auch auf viele veredelte Kartoffelprodukte zu, oft erkennbar an einer entsprechenden Kennzeichnung. So tragen die vegetarischen Pfanni-Produkte von Unilever zum Beispiel das V-Label.
Dem Konsumentenwunsch nach nachhaltigen Produkten werden die Pfanni-Produkte von Unilever durch den kontrollierten Vertragsanbau gerecht, bei dem die Landwirte dabei unterstützt werden, Kartoffeln nachhaltig anzubauen. Gleichzeitig, so ist man bei Popp Feinkost überzeugt, bedienen Kartoffelerzeugnisse den Trend zu traditionellen und heimischen beziehungsweise regionalen Produkten. «Unsere verarbeiteten Kartoffeln stammen zu fast 100 Prozent aus der Region rund um unsere Produktionsstandorte», teilt ein Sprecher von Schnefrost mit.
Rustikal und «to go»
Trotz der grossen Produktvielfalt gehen den Markenherstellern die Ideen für Neues nicht aus. Im Gegenteil: Grosses Potenzial sieht Popp Feinkost bei der Süsskartoffel. Wenn auch nicht aus heimischen Gefilden erfülle sie den Wünsch nach neuen Geschmackserlebnissen und sie habe sich als gesunde Beilage etabliert. Des Weiteren erkennt das Unternehmen den Trend zu Kartoffelprodukten mit Schale, die den Wunsch nach Ursprünglichkeit widerspiegeln. So haben auch McCain für die Bistro Style Pommes frites und Schnefrost für die Schwarmstedter Rosmarin-Kartoffeln Knollen mit Schale verarbeitet.
Der stark wachsende Snacking-Markt hat die Hersteller zu Kartoffelprodukten zum Snacken beziehungsweise «to go» inspiriert. So hat McCain die Bistro Style-Produktreihe gelauncht und damit die modernen Ausser-Haus-Konzepte in die Tiefkühltruhe gebracht. Unilever sieht mit dem Snacking-Becher von Pfanni grosses Potenzial. Snackprodukte seien auch nach Ansicht von Schnefrost stark im Fokus des Konsumenten. Hier bietet Schwarmstedter mit seiner 3er Range Mikrowellen Pommes eine schnelle Alternative für alle Pommes-Liebhaber. Außerdem beliebt: Mini-Knödel, die gleich mehrere Hersteller im Sortiment haben.
Verkauf ankurbeln
Um den Absatz zu steigern empfehlen die Markenhersteller, Knödel & Co. vor allem zu den Festtagen gezielt in den Focus zu rücken. Das gelingt unter anderem mit aufmerksamkeitsstarken Displays, Zweit- und Verbundplatzierungen, Rabattaktionen sowie Verkostungen.