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Der Verbraucher ist ein ambivalentes Wesen: Mal greift er zu weniger stark verpackten Artikeln, dann wieder zum To-go-Produkt. Wie sich das verbinden lässt.
In den Weltmeeren schwimmt der Plastikmüll, das Klima verändert sich, die Ressourcen der Erde werden knapper – für viele Konsumenten sind das Gründe, den eigenen Konsum zu hinterfragen. Fast jeder Zweite (45,4 Prozent) sieht sich bei der Frage nach der Verantwortung für den Plastikmüll im Meer als Teil der Konsumgesellschaft selbst in der Pflicht. 35,8 Prozent der Befragten sehen die Verantwortung bei Industrie und Handel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung von tns Infratest im Auftrag des Deutschen Verpackungsinstituts. Auch bei der Frage, wie sich all der Müll vermeiden lässt, haben die Menschen klare Vorstellungen: Etwa 52 Prozent der österreichischen Haushalte kaufen nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung gezielt Produkte mit wenig Umverpackung. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Splendid Research sind 71 Prozent der Deutschen begeistert vom Konzept so genannter Unverpackt-Läden, in denen sie lose Produkte wie Reis oder Nudeln in selbst mitgebrachten Behälter nach Hause tragen können.
Unverpackt versus take-away
Auf der anderen Seite liegt Coffee-to-go unverändert im Trend. Bei einer Umfrage von Statista haben 17 Prozent der Deutschen geantwortet, dass sie sich häufig einen Kaffee oder ein anderes Heissgetränk für unterwegs holen. 50 Prozent immerhin manchmal. Laut Zahlen der Deutschen Umwelthilfe landen so jährlich knapp 2,8 Milliarden Becher in Deutschland im Müll. Zusätzlich werden für deren Herstellung grosse Mengen an Rohöl, Papier und Wasser verbraucht.
«Das ist völlig normal», weiss Thomas Ebenfeld. Er ist Gründer von concept m research + consulting, das sich als Unternehmen auf tiefenpsychologische Marktforschung spezialisiert hat. Als Psychologe weiss er, wie Verbraucher ticken: «Menschen sind widersprüchlich und wollen immer alles zugleich. Den Einen sind solche Widersprüche gar nicht bewusst; andere merken sie und stören sich nicht daran.»
Zwischen Pflicht und Kür
Diese Facetten sind nämlich nicht nur zwei Extreme aus dem Durchschnitt aller Bundesbürger, sondern sogar im gleichen Verbraucher zu finden. Der Händler steht vor der Herausforderung, dass er beide Bedürfnisse bedienen muss. Dazu kann er selbst viel tun. Immer mehr Händler verbannen Einwegbeutel aus der Obst- und Gemüseabteilung, verzichten auf Umverpackungen, bieten lose Lebensmittel zum Abwiegen an oder überarbeiten die Eigenmarken (siehe Marginalspalte). Bei Industriemarken sollte der knappe Regalplatz gut konzipierten Produkten Vorrang eingeräumt werden. Ein Beispiel: «Bei allen Anbietern von Bio-Fruchtjoghurt bestehen die Töpfchen derzeit aus zwei Schichten: einem dünnen Plastik-Becher, der den Trend zu weniger Plastik bedient, und einer Umhüllung aus Karton», erklärt Ebenfeld. Geschickt: Der Verbraucher freut sich darüber, dass er diese auseinandernehmen und trennen kann. «Es ist eine aktive Tätigkeit, mit der er sein Umwelt-Gewissen beruhigen kann.» Und so werden im gut sortierten Supermarkt bis auf Weiteres unverpackte Lebensmittel neben to-go-Bechern zu finden sein.