Ich bin ein Genussmensch

Montag, 22. November 2021
Foto: Lukas Kirchgasser

Er ist einer der besten Köche der Welt, ist Genussmensch und kauft am liebsten Bio-Produkte ein: Warum für Harald Wohlfahrt Esskultur ein Stück Lebensqualität ist und warum gesunde, nachhaltige Ernährung als Pflichtfach in die Schule gehört, darüber hat das Markant Magazin mit der Kochlegende gesprochen.

Herr Wohlfahrt, worauf achten Sie, wenn Sie einkaufen gehen?
Harald Wohlfahrt:
Grundsätzlich bin ich ein Freund von Bio und kaufe daher in erster Linie Bio-Produkte. Hier kann ich davon ausgehen, dass diese schadstofffreier angebaut werden als beispielswiese Produkte aus kontrolliertem Anbau.

Was ist Ihre Lieblingsküche?
Harald Wohlfahrt:
Wissen Sie, ich würde sagen, ich bin ein Genussmensch. Ich liebe ehrlich gesagt alle Küchen. Ich freue mich über ein indisches Linsen Dal genauso wie über einen schwäbischen Linsen-Eintopf. Ich freue mich auch über ein tolles Trüffel-Gericht, wenn es ein toller Trüffel ist, genauso wie über einen selbst gesammelten Steinpilz. Ich schenke jedem Produkt, was uns die Natur zur Verfügung stellt, den gleichen Respekt und die gleiche Aufmerksamkeit. Und wenn ich es so frisch wie möglich in die Küche bekomme und zubereiten kann, ist die Freude umso grösser.

Erhalten Lebensmittel die Wertschätzung, die ihnen gebührt?
Harald Wohlfahrt
: Ja, das glaube ich. In der jüngeren Generation geht ein richtiger Ruck durch die Köpfe. Ich finde, dass gute, gesunde Ernährung, grundsätzlich ein Grundbedürfnis sein sollte. Und das kann man nicht jedem genug auf die Fahne schreiben. Schliesslich wird über gesunde Ernährung die eigene Gesundheit erhalten, ein Stück weit auch gesteuert. Ich sehe bei jüngeren Menschen, dass sie mit einem grösseren Bewusstsein darauf achten, was sie einkaufen und grossen Wert legen auf gute Qualität.   

Allerdings landen viele Lebensmittel auch in der Mülltonne. Was meinen Sie?
Harald Wohlfahrt:
Ich finde es respektlos, wenn man Lebensmittel wegwirft, das haben sie nicht verdient. Man bezahlt ja auch einen bestimmten Obolus dafür. Hier muss man sich selbst in die Pflicht nehmen und sich fragen: Warum werfe ich was weg? Habe ich zu viel gekauft? Disponiere ich falsch? Hier gilt es dann, sich selbst ein bisschen zu korrigieren.

Gutes, gesundes und auch nachhaltiges Essen, ist das eine Frage des Geldbeutels?
Harald Wohlfahrt
: Nein. Wenn ich mir ein Kilogramm Risotto-Reis kaufe und eine Gemüsebrühe, dann ist das nicht der grösste monetäre Aufwand. Und wenn der gut gemacht ist, habe ich ein tolles Essen. Ich kann mir auch schöne Zucchini oder Auberginen kaufen, die ich dann auf den Grill lege und verzehre sie zusammen mit etwas Feta-Käse. Gutes Essen heisst nicht, dass man nur die teuersten und edelsten Produkte verarbeitet. Aber natürlich muss ich auch wissen, dass ich Steinbutt nicht für einen Cent-Betrag bekomme, sondern dafür einige Euro entrichten muss.

Fordern nachhaltige Produkte ein neues Bewusstsein, also in der Lebensmittelindustrie wie in der Gastronomie?
Harald Wohlfahrt
: Absolut. Ich finde sogar, dass Produzenten von Lebensmitteln genauso wie Köche für ihre Leistung ausgezeichnet werden sollten. Dass der, der etwas besonders Gutes produziert, dafür auch eine entsprechende Beachtung und Aufmerksamkeit erhält. Das bedeutet, dass er seine Produkte an wirkliche Interessenten anspruchsvoller verkaufen kann. Das ist ja in der Spitzenküche genauso. Eine Drei-Sterne-Küche wird einfach teurer angeboten als eine nicht besternte Küche. Das ist  einfach auch ein Ausdruck für eine bestimmte Qualität und für bestimmte Grundansprüche. Da sollte man die Produzenten viel mehr abholen. Ihnen sollte viel mehr Beachtung geschenkt werden bei dem, was und wie sie es machen.

Wie kann das Bewusstsein für nachhaltige Produkte mehr gefördert werden?
Harald Wohlfahrt:
Das Thema nachhaltige, gute, gesunde Ernährung gehört als Pflichtfach in die Schulen eingeführt. Man muss die jungen Menschen abholen und dafür sensibilisieren. Darüber hinaus sind die Medien seit vielen Jahren dahingehend sehr aktiv. Das Fernsehkochen ist ja so populär wie nie, also Informationen gibt es eigentlich genug. Auch Food-Magazine gibt es genug. Ich glaube, es ist wichtig, die Jugend abzuholen. Wissen Sie, ich gehe mit meiner Enkelin an den Herd. Ich zeige ihr, wie man Spaghetti und Tomatensauce zubereitet. Irgendwann wird sie es alleine nachkochen. Und junge Menschen, die nicht an das Thema herangeführt werden, werden es nicht lernen. Klar, woher sollen sie es wissen.

Welche Food-Konzepte haben aus Ihrer Sicht langfristig Erfolg im Lebensmittelhandel?
Harald Wohlfahrt
: Lebensmittel müssen richtig zelebriert werden. Hierzu braucht es vielleicht vor Ort mehr Informationen für den Verbraucher und er muss mehr sensibilisiert werden, was ein gutes Produkt ist. Für mich ist ein gutes Produkt, wenn ich es mit verbundenen Augen probiere und der Eigengeschmack so eindeutig ist, dass ich es mit verbundenen Augen erkennen kann. Dieses Produktbewusstsein muss jeder Verbraucher für sich entwickeln und zelebrieren. Sprich, dass er nicht irgendwelche Kirschen mitnimmt, sondern dass er die Möglichkeit hat, zu probieren und sie dann kauft, wenn sie ihm schmecken und wenn nicht, diese liegen zu lassen.

Wie kann man so eine Produktsensorik denn entwickeln?
Harald Wohlfahrt
: Da braucht es eigentlich nicht viel dafür, da braucht es Interesse und man muss immer wieder probieren, probieren und probieren. Das ist wie beim Wein. Wenn man Wein schmecken will, muss man Wein probieren. Grundsätzlich muss man da einfach wie gesagt das Gute vom Besseren lernen zu unterscheiden und dann darauf setzen, dass man sowas auch als Standard bekommt.

Sie sind seit 2018 Genuss-Botschafter für die Scheck-Märkte. Was hat Sie dazu bewogen und wie passt die Sterneküche zu Convenience?
Harald Wohlfahrt
: Adolf Scheck und ich lieben gutes Essen, haben höchste Qualitätsansprüche und möchten mit der Manufaktur-Range ein Stück Lebensqualität und Esskultur vermitteln, die er in seinen Märkten als Eigenmarke integriert hat. Wir produzieren keine Convenience, sondern Suppen, Saucen, Fonds und Pasta, die frei sind von künstlichen Farbstoffen und Würzmitteln. Den ambitionierten Hobby-Koch oder auch die ambitionierte Hausfrau holt man mit Produkten wie etwa einem Kalbsfond sehr gut ab, weil wir ihnen da Arbeit abnehmen. Sie können bei uns auch eine Bernaise oder Sauce Hollandaise kaufen, die sind frisch zubereitet. Jemand, der das nicht kann oder keine Zeit hat, kann sein Spargel-Gericht damit bereichern. Das Ziel ist, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten.

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Steckbrief

Harald Wohlfahrt absolvierte von 1970 bis 1973 seine Kochlehre in «Mönch’s Waldhotel» in Dobel (Nordschwarzwald). Von 1974 bis 1976 arbeitete er als Commis bei Willi Schwank im damaligen Zwei-Sterne-Restaurant «Stahlbad» in Baden-Baden, 1977 im Restaurant «Tantris» bei Eckart Witzigmann in München. 1978 wurde er Souschef in der «Schwarzwaldstube» von Wolfgang Staudenmaier im Hotel Traube in Baiersbronn. 1980 besuchte er die Meisterschule in Baden-Baden und machte ein Praktikum bei Alain Chapel in Mionnay. Seit Herbst 1980 war Wohlfahrt Küchenchef im Restaurant «Schwarzwaldstube» im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn-Tonbach. Von 1992 bis zu seiner Übergabe 2017 wurde die Schwarzwaldstube vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichnet. 25 Jahre lang drei Michelinsterne zu tragen, ist die am längsten vergebene Spitzen-Auszeichnung in Deutschland. Harald Wohlfahrt ist verheiratet und Vater von drei Kindern sowie stolzer Opa von zwei Enkeln.

Prämiert

Auszug seiner Auszeichnungen
• 3 Michelin-Sterne im Guide Michelin
• 19,5/20 Punkte im Gault&Millau
• 5/5 Punkte im «Feinschmecker Magazin»
• 5/5 Löffel im «Schlemmer Atlas Magazin»
• Platz 1 Hornstein im Ranking
• 1991 ernannte ihn der Gault&Millau zum «Koch des Jahres»
• 1994 wählte die New York Times Wohlfahrt unter die zehn besten Köche der Welt
• 2002 Verdienst Medaille des Landes Baden-Württemberg
• 2003 erhielt er die Verdienstmedaille des Tourismusverbandes Baden-Württemberg  
• 2004 bekam er das Bundesverdienstkreuz am Bande
• 2005 wurde er «für die Förderung der kulinarischen Hochkultur in Deutschland und für seine aussergewöhnliche Lebensleistung» mit dem l’Art de Vivre
Ehrenpreis geehrt