Zum Wohl des Kindes

Mittwoch, 11. März 2020
Foto: Adobe Stock (Christin Lola)

Hersteller von Kinderprodukten reduzieren Zucker, Fette und Salz, um die Lebensmittel gesünder zu gestalten. Aber reduzieren sie genug? Die Benchmarks von Ministerien und Verbraucherschützern gehen auseinander.

Kinder und Jugendliche nehmen etwa 50 bis 75 Prozent mehr Zucker zu sich, als es Gesundheitsorganisationen empfehlen, warnen die Verbraucherschützer von Foodwatch. Beispielsweise enthalten Frühstücksflocken für Kinder laut Max-Rubner-Institut fast doppelt so viel Zucker wie entsprechende Produkte für Erwachsene. Foodwatch hat im vergangenen Jahr eine Bestandsaufnahme vorgenommen und 78 Frühstücksflocken untersucht, die an Kinder beworben werden.

Strategie des Ministeriums

Das Ergebnis: 70 Produkte enthalten mehr als die von der WHO empfohlenen 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Bei Joghurts erfüllt sogar kein einziger der 32 getesteten Artikel die WHO-Empfehlung von maximal zehn Gramm Zucker pro 100 Gramm. Längst ist die Zuckerreduktion zur Staatsangelegenheit geworden. Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, hat bereits 2018 die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten ins Leben gerufen. Bis 2025 sollen Lebensmittelhersteller Massnahmen ergreifen. Unter anderem soll der Zuckergehalt von Kinderfrühstücksflocken um mindestens 20 Prozent und von Kinderjoghurts um zehn Prozent reduziert werden, um den Anteil der Übergewichtigen und Adipösen zu senken – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Das sei nicht genug, so Foodwatch. «Um die WHO-Kriterien zu erfüllen, müsste der durchschnittliche Zuckergehalt bei Kinderjoghurts um 30 Prozent gesenkt werden.» Bei den Frühstücksflocken wäre eine Senkung um fast 40 Prozent nötig.

In Sachen Zuckerreduktion muss einiges passieren. Doch was unternehmen die Hersteller? Bei Dr. Oetker­ heisst es, man arbeite seit Jahren aus eigener Initiative an vielen Themen, die Gegenstand der Nationalen Reduktionsstrategie seien. So wurden im Paula-Sortiment in den vergangenen Jahren mehrfach Anpassungen des Zuckergehalts vorgenommen. Durch die jüngst durchgeführten Rezepturüberarbeitungen liege der durchschnittliche Zuckergehalt der Range nun bei unter zwölf Gramm pro 100 Gramm. Auch bei den Cerealien von Nestlé hat sich etwas getan: «Wir überarbeiten seit vielen Jahren Rezepturen unserer Cerealien, um den Gehalt an Zucker schrittweise zu reduzieren und gleichzeitig den Anteil an Vollkorngetreide zu erhöhen», sagt eine Sprecherin des Unternehmens. «Einen besonderen Schwerpunkt legen wir hierbei auf die Überarbeitung von Cerealien für Kinder.» Zwischen 2003 und 2017 habe man beispielsweise den Zuckergehalt des «Nesquik Knusperfrühstück» um 38 Prozent reduziert und den Vollkorngehalt auf 51 Prozent erhöht. 2013 wurde der Zuckergehalt aller Cerealien für Kinder um 17 bis 30 Prozent verringert.

Weniger Fette und Salze

Bei nährwertbezogenen Aussagen sind 30 Prozent eine besonders bedeutsame Marke. Denn die in der Europäischen Union geltende Health-Claims-Verordnung sieht unter anderem vor, dass Hersteller die Zuckerreduktion nur auf der Verpackung bewerben dürfen, wenn mindestens 30 Prozent weniger Zucker im Vergleich zu anderen Lebensmitteln gleicher Art enthalten sind. Ein Cerealien-Produkt, dass diese Vorgabe bei Nestlé erreicht hat, ist «Nesquik Alphabet». Kellogg weiss wiederum: «Änderungen an beliebten Lebensmitteln herbeizuführen, ohne diese im Geschmack und in der Gestalt zu verändern, ist schwierig.» Dennoch hat das Unternehmen 2011 den Zuckergehalt in «Honey Pops», «HoneyLoops» und «Chocos» um 15 Prozent gesenkt, in 2017/18 wurde der Zucker in den «Choco Krispies» erst um 14 und dann um weitere 43 Prozent reduziert.

Neben Zucker sieht die Nationale Reduktionsstrategie auch weniger Fette und Salz vor. So spielt für Reinert das Thema Fettreduktion in Bärchen-Produkten eine grosse Rolle. «Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Range zu optimieren.» Die Herausforderung sei dabei, dass der reduzierte Fettgehalt nicht zu Lasten des Geschmacks gehen dürfe. «Unsere Reinert Bärchen-Wurst und Reinert Bärchen-Salami enthalten jetzt schon 30 Prozent weniger Fett als vergleichbare Produkte.» Intersnack hat den Anteil an gesättigten Fettsäuren für Pom-Bär um 80 Prozent sowie den Salzgehalt um mehr als ein Viertel reduziert. «Aktuell arbeiten wir an einer Reduktion des Salzgehaltes um mehr als ein Drittel im Vergleich zur Ausgangssituation bei allen Pom-Bär-Produkten», kündigt das Unternehmen an.

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

Foto: Ben Pakalski

Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

stock.adobe.com/Seventyfour

Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

stock.adobe.com/Racle Fotodesign

In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Info

Die Lebensmittelwirtschaft verzeichnet mit Blick auf die Reduktion von Zucker und Salz in Fertigprodukten erste Erfolge. Das zeigen die Anfang April veröffentlichten Monitoring-Ergebnisse des Max Rubner-Instituts zur Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie. So weisen Joghurts mit Kinderoptik 7,4 Prozent weniger Zucker auf als noch 2016, bei Knuspercerealien mit Schokolade sind es 17 Prozent und bei Erfrischungsgetränken 35 Prozent. Die Ergebnisse gehen zwar in die richtige Richtung, dennoch schliesst Bundesministerin Julia Klöckner nicht aus, gesetzlich nachzusteuern, falls die Zielvereinbarungen nicht erreicht werden.

Mehr zum Artikel

Der «Candy Donut» wird aus drei verschiedenen Fruchtgummi-Sorten zu dem amerikanischen Krapfen zusammengesetzt und von einer recyclefähigen, transparenten Kunststoffhülle in Form gehalten.