Foto: Fotolia (Irina Schmidt)
Von der Wurstscheibe lacht ein Bärchen, in der Suppe schwimmen Gespenster und im Müsli bunte Kringel – Kinderprodukte sind in fast jeder Kategorie zu finden. Sie bringen Umsatz, polarisieren aber auch.
Sie sind bunt, schmecken unverschämt gut und laden zum Zugreifen ein: Kinderlebensmittel. Was Handel und Industrie gleichermassen erfreut, sehen andere kritisch. Verbraucherschützer picken regelmässig beispielhafte Produkte heraus, mit deren Rezepturen sie nicht einverstanden sind. Meist ist es der Zucker- oder Fettgehalt, dem sie die rote Karte zeigen. Oft sind auch die Boni an Vitaminen und Mineralstoffen zu reichhaltig bemessen. Trotzdem gibt es diese Produkte. Und sie werden gekauft. Und zwar von Eltern, die darauf vertrauen, dass diese Produkte auf die Bedürfnisse ihrer Kinder ausgerichtet sind oder die ihren quengelnden Kindern nachgeben. «Der Haben-wollen-Effekt dieser Lebensmittel ist stark», weiss Dr. Uwe Lebok vom Beratungsinstitut K&A Brand Research.In Österreich beispielsweise haben neun von zehn Müttern schon Kinderprodukte gekauft (Quelle: Markettagent). «Der Haben-wollen-Effekt dieser Lebensmittel ist stark», weiss Dr. Uwe Lebok vom Beratungsinstitut K&A BrandResearch.
Impulstarke Begehrlichkeit
Welches Volumen absatz- und umsatzmässig wirklich hinter dieser Fülle an Produkten steht, lässt sich nur schätzen. Die Marktforschungsunternehmen winken ab: «Nicht möglich, bestenfalls mit einem erheblichen Aufwand verbunden», so Nielsen. «Leider gibt es keine Möglichkeit, Kinderlebensmittel valide auszuweisen», sagen die Marktforscher der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Der Grund: Kinderlebensmittel sind keine feste Produktkategorie und lebensmittelrechtlich nicht klar definiert. Stattdessen tauchen sie in so gut wie jeder Warengruppe auf. «Bei den Knabberwaren, den Molkereiprodukten, den Wurstwaren», zählt Lebok auf. Unverarbeitete Produkte wie Obst und Gemüse oder Mineralwasser sind eher noch die Ausnahme. Das macht es für die Marktforscher schwer, sie valide zu messen. Einen Anhaltspunkt können hingegen einzelne Produkte geben. Hipp verrät beispielsweise, dass das Unternehmen den Marktanteil seiner Kindermilche im vergangenen Jahr um 1,1 Prozent im Vergleich zu 2017 steigern konnte.
Händler sitzen hier zwischen den Stühlen. Wie sollen sie sich positionieren, wenn Verbraucherorganisationen wie Foodwatch Werbeverbote fordern? Haben sie als Anbieter von Lebensmitteln eine Verantwortung gegenüber ihren jüngsten Kunden? Einerseits dürfen Kinderlebensmittel in den Regalen nicht fehlen, soviel ist sicher. Denn sonst greifen die Kunden beim Mitbewerber zu. Andererseits muss es konzeptionell gut zur eigenen Strategie passen, empfiehlt Dr. Uwe Lebok. «Wenn sich ein Händler als Anbieter von gesunden Lebensmittel darstellen möchte, sollten er eher dezent damit umgehen», so der Experte. Denn in Grossbritannien prangen auf vielen Produkten bereits rote Nährwert-Ampeln. Das kommt in Deutschland auch, ist sich der Experte sicher. «Aktuell bekommen wir die Bierampel. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein solches Symbol auch für Süsswaren eingeführt wird», so Lebok.