Photocuisine_ Fondacci Markezana Jean Et Hélène
Äpfel sind in der DACH-Region das beliebteste Obst. Neben den Klassikern lohnt es sich saisonal, auch seltene, alte Sorten anzubieten.
Rund 85 Prozent der Deutschen und Österreicher verzehren nach Angaben des Ernährungsportals Food-Monitor und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) Äpfel. Statista zufolge isst jeder Österreicher jährlich 14,1 Kilogramm des Obstes – und damit mehr als von jeder anderen Obstsorte. Die Schweizer kamen 2016 auf einen Pro-Kopf-Verbrauch von 15,2 Kilogramm, und die Deutschen essen laut Norbert Metz vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken sogar rund 20 Kilo jährlich.
Dabei gaben, so Statista, im Jahr 2017 rund 95 Prozent der Deutschen an, Äpfel im Supermarkt einzukaufen, und auch ein Grossteil der Österreicher deckt über diesen Weg seinen Bedarf, so die GfK. Um die Nachfrage zu bedienen, setzen in Österreich beispielsweise Kastner und in Deutschland Globus vor allem auf heimische Produkte, was die Kunden auch bevorzugten, so die Unternehmen. Sind die Bestände allerdings abverkauft, nimmt Kastner Äpfel aus Übersee ins Sortiment. Globus setzt alternativ auf Äpfel aus Südtirol.
Regionalität steht hoch im Kurs
Laut dem Ernährungsportal Food-Monitor wird Deutschland in diesem Jahr den Eigenbedarf weitestgehend durch die eigene Ernte decken können. Hauptanbaugebiete sind dabei das Alte Land bei Hamburg mit 307 000 Tonnen Äpfeln, dicht gefolgt von der Bodensee-Region mit 272 000 Tonnen und Sachsen/Sachsen-Anhalt mit rund 100 000 Tonnen. Waren die Früchte in Deutschland noch im August nach Angaben der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) teurer als im Vorjahr, wird sich der Preis nun aufgrund der besonders guten Ernte (Pink Lady zufolge +36 Prozent in Europa im Vergleich zu 2017) nach unten entwickeln. So waren Äpfel nach Angaben der BVEO Anfang September schon um zwei Prozent günstiger als im Vorjahr. 2017 hatte das Kilo im Mittel 1,72 Euro gekostet.
Einen weiteren Grund dafür, vor allem auf heimisches Obst zu setzen, sieht Food-Monitor in den kurzen Transportwegen, die nicht nur die volle Entfaltung des Geschmacks begünstigten, sondern auch die Kosten senkten. Dabei werden die Äpfel, die nicht sofort nach der Ernte verkauft werden, eingelagert. «Sie fallen in eine Art Winterschlaf», beschreibt es die BVEO. Das heisst: Bei Temperaturen knapp über Null, niedrigem Sauerstoffgehalt und hoher Luftfeuchte werden sie konserviert und können so bis zu einem Jahr auf den Verkauf warten, ohne «alt» zu werden.
Alte Sorten bieten Mehrwert
Dennoch weist Norbert Metz darauf hin, dass Äpfel nach einer dermassen langen Lagerung keine Vitamine mehr enthalten. Deshalb empfiehlt er, auch wieder auf alte Apfelsorten (siehe Infokasten) zu setzen, die im Handel kaum noch erhältlich sind. Auch sie verlören bei der Lagerung alle Vitamine. Da sie aber einen viel höheren Anteil an gesunden antioxidativen Polyphenolen hätten, sei ihre Bilanz als gesundes Lebensmittel auch nach einer langen Lagerung noch deutlich höher als die einer neuen Sorte.
Die Gründe, warum man alte Sorten heutzutage fast ausschliesslich auf Streuobstwiesen, aber nicht im Supermarkt findet? «Die entsprechenden Bäume sind nicht so ertragreich, die Ware ist nicht dauerhaft verfügbar, und ausserdem sind die Früchte druckempfindlich, wodurch sie Transport und Lagerung schlechter überstehen», erklärt Dr. Susanne Becker vom Pomologen-Verein.
Doch gerade bei den vier Millionen Apfel-Allergikern, die es laut Metz in Deutschland gibt, dürfte der Handel mit einem Angebot alter Sorten punkten. «Eine Studie der Berliner Charité belegt, dass solche oft besser sind für Allergiker», argumentiert er. Und auch die Kunden, die bevorzugt zu Bio-Äpfeln greifen, dürften überzeugt sein: «Der Anbau der alten Sorten erfordert einen viel geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln als der der neuen.» Dadurch punkten sie selbst gegenüber der Bio-Ware, die ebenfalls gespritzt werden muss, wie der BVEO berichtet.
Verkostungen als Vermarktungsinstrument
Um Kontakt zu Bauern alter Sorten aufzunehmen, lädt Ulrich Kubina vom Pomologen-Verein den LEH ein, die Landesgruppen seines Vereins anzusprechen. «Auch einige Bio-Landwirte bauen sie an», ergänzt er, schränkt aber ein: «Alte Sorten sind meist nur kurze Zeit nach der Ernte verfügbar.»
Welche Äpfel auch immer der LEH im Angebot hat – um sie optimal zu vermarkten, rät IDM Südtirol zu Verkostungen. So könnten auch Spontankäufer überzeugt werden. Stammkäufern wiederum helfe der Handel am besten durch klare Kennzeichnungen, so dass sie «ihre» Sorte schnell finden. Auch Informationsbroschüren oder Rezept-Booklets bieten IDM Südtirol zufolge einen tollen Mehrwert. Die BVEO wiederum regt an, Äpfel in Verbundplatzierung mit Backzutaten wie Mehl zu präsentieren und so auf die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Früchte hinzuweisen.