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Die Bandbreite alkoholfreier Getränke nimmt weiter zu – als Reaktion auf die wachsende Nachfrage seitens der Verbraucher nach besonders gesunden Getränken. Welche Produkte der Handel parat haben sollte.
Ob mit Matcha, Kurkuma, Spirulina oder Chia-Samen, fermentiert oder nicht, kaltgepresst oder pasteurisiert, ob mit oder ohne Tee – die Range an alkoholfreien Getränken (AfG) ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Längst gibt es nicht nur Früchte in der Flasche, sondern auch Kombinationen von Obst mit Gewürzen, Superfoods und Tee – und das möglichst ohne Zucker oder Geschmacksverstärker. Auf diese Weise reagieren die Markenartikler auf Zielgruppen wie Foodies und Lohas. Aber nicht nur am Markt etablierte Unternehmen – auch zahlreiche Jungunternehmer haben die wachsende Nachfrage der Verbraucher erkannt. So spricht das Start-up-Unternehmen Chia Birds etwa von einem «Ernährungsparadigmenwechsel», den es bedient, und sagt: «Wir jungen Wilden denken und leben die Kategorie Getränke neu.» Chia Birds ist nach eigenen Angaben eine Wellness- und Health-Marke, die Chia-Samen erstmalig im deutschsprachigen Raum in Getränken verwendet hat.
Junge Wilde erobern Segment
Vor allem bei den digital-affinen Verbrauchern, also bei den jungen, berufstätigen Menschen beziehungsweise Kinderhaushalten, stehen laut der Studie «Consumers‘ Choice 2017» diese so genannten «Wellness-Getränke» hoch im Kurs. Der Umsatzanteil des Trends, bezogen auf den gesamten FMCG-Markt, beträgt laut Studie 23 Prozent, der von Lifestyle-Getränken liegt sogar bei 25 Prozent. Die gute Stimmung spürt auch Antidote und berichtet: «Wir sind stark in das Jahr 2018 gestartet und konnten in den ersten Monaten den Absatz im Vergleich zum Vorjahr bereits verdoppeln.» Und Chia Birds spricht hier von einer «Schiene, die extrem am Wachsen ist.»
Den Grund für das Umdenken der Konsumenten sieht das Marktforschungsunternehmen Mintel darin, dass «Selbstfürsorge» für viele Verbraucher zur Priorität geworden ist. «Wenn wir mit unserem Foodtruck in die Shopping-Malls fahren und mit den Besuchern über ihre Ernährung und Gesundheit reden, merken wir: In Stresszeiten wie diesen lieben die Leute das. Es scheint ihr Gewissen zu beruhigen, wenn sie sich mit ihrer Gesundheit auseinandersetzen», resümiert dazu Chia Birds.
Genuss darf nicht auf der Strecke bleiben
Zur Entwicklung der Kategorie sagt Rauch: «Kein anderes Segment ist so innovationsgetrieben wie der Getränkemarkt. Heute dient das Ernährungsverhalten nicht mehr nur der reinen Nahrungsaufnahme, sondern auch der Selbstoptimierung von Körper, Geist und Seele sowie der Selbstinszenierung – vor allem in den sozialen Medien.» Die Verbraucher erwarten also gewisse Mehrwerte von einem Getränk. Herstellern wie etwa Antidote geht es darum, dass ihre Produkte einen Nutzen generiert, der auf Entspannung abzielt oder beim Sport unterstützt. Chia Birds wiederum möchte mit seinen Produkten das Immunsystem seiner Kunden stärken. Das Unternehmen Kanne Brottrunk setzt bei seinem gleichnamigen Bio-Trunk auf Probiotik. Die darin enthaltenen Milchsäurebakterien sollen dazu beitragen, den Aufbau der Darmflora zu verbessern. Dovgan setzt auf Birkensaft, der nach Unternehmensangaben in Osteuropa und Skandinavien für seine Stärkung des Immunsystems sowie für die cholesterinsenkende Wirkung bekannt ist.
Beim Konsum gesunder Getränke geht es aber weit mehr als nur um das Wohlbefinden und die Gesundheit. Es geht um ein Lebensgefühl, das bedient werden will: So spricht Rauch etwa über seine Produkte der Marke Carpe Diem als die «idealen täglichen Begleiter der urbanen Szene». Evasis Edibles, ein österreichisches Start-up-Unternehmen, das sich auf Nahrungsmittel und Getränke auf Algenbasis spezialisiert hat, sieht weitere Zielgruppen in den Gesundheitsbewussten, sportlich Aktiven, ganzheitlich Orientierten, Vegetariern, Veganern oder jenen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Kanne Brottrunk, ein Unternehmen, das mit seinem Produkt seit über 35 Jahren am Markt ist, beobachtet, dass meist «die haushaltsführende Person, zumeist Frauen im Alter zwischen 30 und 60», zum Produkt greifen.
Bei allem Gesundheitsbewusstsein – der Genuss darf nicht auf der Strecke bleiben. So wirbt etwa Proviant mit dem Slogan «Köstlich statt künstlich» und Evasis Edibles erklären, dass ihr Produkt als eine gesunde Limonaden-Alternative einfach natürlich erfrischend schmecke.
Richtige Platzierung gefragt
Die Platzierung der Wellness-Getränke gestaltet sich indes als Herausforderung. Hierzu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, hier ist etwa eine Platzierung bei den Energy Drinks, bei den Frühstückscerealien, bei Smoothies oder auch bei den convenienten to-go-Produkten denkbar. Die Antwort darauf könne jedoch keine generelle sein, das hänge immer vom Konzept des Ladens ab, davon ist Chia Birds überzeugt. Wobei die gekühlten Flächen immer mehr an Bedeutung gewännen. «Auch wenn Getränke nicht kühlpflichtig sind, erachten wir es als Service an den Kunden einen gekühlten Drink anzubieten», heisst es bei Chia Birds. Auch Rauch sieht Wellness-Drinks in der Impulskühlung, um den Abverkauf anzukurbeln. «Optimalerweise sollten die Drinks in einem eigenen Regalbereich stehen, in dem eine Beschilderung mit Erklärung der Benefits solcher Produkte angebracht ist», meint Evasis Edibles. Das unterstütze die Verbraucher bei der Kaufentscheidung.