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Die Konkurrenz aus dem Netz wächst. Für nachhaltiges Kategorie-Wachstum muss der stationäre Handel seinen «Vor-Ort-Vorteil» nutzen und Category-Management-Strategien individuell anpassen.
Rund ein Achtel des Gesamtumsatzes mit Tiernahrung und Zubehör werden in Deutschland bereits im Netz erzielt, so Zahlen des Industrieverbands Heimtierbedarf. Das ist schmerzhaft für den stationären Handel. Insbesondere, weil viele Märkte das enorme emotionale Potenzial der Kategorie nicht nutzen. «Heimtiere sind heute Familie, Partner, wenn nicht sogar Kindersatz – die Kategorie ist damit vergleichbar emotional besetzt wie Babynahrung», sagt Dieter Meyer, Sprecher bei Vitakraft. Im LEH sei davon jedoch oft wenig spürbar: «Tierbedarf wird vielfach als Erweiterung der Drogerieartikel behandelt und kaum inszeniert».
Nachhaltig pushen lässt sich die Kategorie am Point of Sale aber nur, wenn Sortiment, Platzierung und Einkaufsatmosphäre den Bedürfnissen von Tierhaltern und ihren Lieblingen entsprechen, so Meyer. Etwa durch die zeitnahe Adaption von Trends wie Premiumisierung und gesunde Ernährung – oder Snacking. Die Leckerlis für zwischendurch sind laut Industrieverband Heimtierbedarf mittlerweile wachstumsstärkstes Segment der Tiernahrung, und dass nicht nur bei Hunden, sondern auch bei Katzen. «Snacks zahlen besonders auf die emotionale Bindung zwischen Mensch und Tier ein», sagt Marius Baumeister, Regional MDO Director bei Nestlé Purina Petcare. Und für den Handel besonders interessant: «Sie motivieren besonders zu Spontankäufen.»
Ganzheitliche Betrachtung
Auch andere Kategorietreiber stammen aus dem Humanbereich: «Heimtierbesitzer wünschen sich etwa eine auf die individuellen Bedürfnisse des Tieres abgestimmte Ernährung statt eines Standardfutters für alle», sagt Kristina Heitzhausen, Category Strategy Manager bei Mars Petcare. «Zudem wird eine naturbelassene Fütterung, ähnlich der Paleo-Diät bei Menschen, immer wichtiger.» Produkte mit hohem Fleischanteil und ohne Zusatz von Getreide oder künstlichen Zusatzstoffen seien gefragt. Auch ein gesundheitlicher Zusatznutzen, etwa zur Stärkung des Immunsystems, neue Rezepturen und Texturen sowie generell innovative Produkte zum Ausprobieren, seien Wachstumstreiber. Weniger wichtig sei dagegen der Preis. «Tierhalter sind bereit für entsprechende Qualität Geld auszugeben», sagt Dieter Meyer von Vitakraft. «Der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg liegt daher in einer Premium-Sortimentsgestaltung», ergänzt Marius Baumeister von Purina Petcare. «Hochwertige Produkte werden sehr geschätzt und stark nachgefragt.»
Category Management sollte jedoch immer auf die individuelle Käuferstruktur des Marktes abgestimmt sein, empfiehlt Mars Petcare (siehe Interview). So unterscheidet sich etwa je nach Region, welche Tierarten in Haushalten leben. Entsprechend gewichtet sollte der Anteil des jeweiligen Futters sein.
Genauso wichtig wie ein ausgewogenes Angebot, ist aber auch die Inszenierung am Point of Sale: «Der stationäre Handel muss mit Sensorik und Emotionalität punkten», sagt Vitakraft-Sprecher Meyer. «Dass man die Produkte anfassen, vergleichen und direkt mitnehmen kann, ist der einzige Vorteil gegenüber Online.» Laut einer von Mars Petcare durchgeführten Studie nutzen aktuell rund 70 Prozent der Online- und Offline-Shopper das stationäre Regal, um sich über die Kategorie und Produktneuheiten zu informieren. Die Aufgabe des Handels bestehe darin, Sortiment und Platzierung so auszusteuern, dass der Kauf tatsächlich vor Ort erfolge, heisst es aus dem Unternehmen.
«Der stationäre Handel hat dann Erfolg, wenn er berät, informiert und Erlebniswelten schafft», hat Marius Baumeister von Purina Petcare beobachtet. Instrumente sind hier etwa eine emotionale Warenpräsentation oder auch anlassbezogene Promotions und Themenplatzierungen.
Ziel sei, den jeweiligen Markt für Tierhalter zur ersten Anlaufstelle zu machen, sagt Dieter Meyer. «Lebensmittelhändler müssen Kunden das Gefühl geben, dass es sich lohnt vorbeizuschauen, weil es hier immer die neusten Produktentwicklungen und Gutes für das Tier gibt. Bislang ist es erschreckend zu sehen, wie wenig Märkte sich entsprechend profilieren.»