Die Nahrung der Zukunft

Freitag, 24. Mai 2019
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Hülsenfrüchte lassen sich vielseitig zubereiten, tragen zu einer abwechslungsreichen Ernährung bei und haben einen hohen Proteingehalt. Wie der Handel das Potenzial für sich nutzen kann.

Hülsenfrüchte hatten einen schweren Stand: Während weltweit 1970 im Schnitt noch 7,6 Kilogramm der kleinen Powerkugeln pro Person und Jahr konsumiert wurden, waren es 2006 laut dem Verein «Vegane Gesellschaft Österreich» nur noch 6,1 Kilogramm. Hülsenfrüchte gelten in einigen Ländern der Welt als «Proteine der Armen», Fleisch hingegen steht für Wohlstand. Dabei könnten Erbsen, Bohnen, Kichererbsen, Linsen und Co. einen Beitrag zur Überwindung von Hunger und Unterernährung sowie zu einer abwechslungsreichen Ernährung leisten. Sie haben viel Protein und liefern auch auf kleinen Anbauflächen grosse Erträge. Diese Pluspunkte hatte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zum Anlass genommen, 2016 zum Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte zu ernennen.

Populäres High-Protein

Im deutschsprachigen Raum hat bereits ein Umdenken stattgefunden. Mit 1,3 Kilogramm hat der Pro-Kopf-Verzehr in Deutschland 2016/2017 laut Statista einen neuen Höchstwert erreicht. In Österreich und der Schweiz ist er laut Statista und dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst LID immerhin auf 0,9 Kilogramm angestiegen. Hülsenfrüchte profitieren von vielfältigen Aspekten. «Viele Verbraucher verzichten vollständig oder teilweise auf Fleisch. Für sie ist die Deckung des Proteinbedarfs aus pflanzlichen Eiweissquellen ein wichtiges Thema», sagt Christian Bauer, Marketingdirektor bei Bonduelle. Auch die Gesundheitsorientierten, die fit und schlank sein möchten, fühlen sich von Produkten mit viel Protein angesprochen, weil es ein wichtiger Baustoff von Zellen und Gewebe ist. Ausserdem sättigt es länger als Kohlenhydrate und kann daher beim Abnehmen hilfreich sein. So hat High-Protein bereits Warengruppen wie Wurstwaren, Molkereiprodukte oder Nudeln erreicht. «Das Thema ist eng mit den Hülsenfrüchten verzahnt und zählt zu einem der am stärksten wachsenden Trendsegmente. Laut GfK Consumer Scan (CP+) 2017 hat sich der Wert dieser Produkte um 62 Prozent erhöht», sagt iglo-Geschäftsführer Markus Mischko.

Vorsicht sollte man walten lassen, wenn es um Gesundheitsversprechen geht. Hülsenfrüchte sind Lebensmittel, weshalb die Werbung gesetzlich reglementiert ist. «Die Werbung muss sich auf entsprechende Studien und Ergebnisse stützen», erklärt Uwe Walter, Geschäftsführer bei Müller's Mühle. Das ist keine Schikane, sondern aktiver Verbraucherschutz. «Diese Regeln für nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen sind wichtig, damit Verbraucher sachlich informiert und nicht verunsichert werden», so der Geschäftsführer.

Wachsende Beliebtheit

Zuletzt sind Hülsenfrüchte eine beliebte Zutat der sogenannten Levante-Küche. Sie kommt traditionell in der östlichen Mittelmeerregion und dem Hinterland auf den Tisch und wurde von zahlreichen Trendscouts als neue In-Küche entdeckt. In der «Fernkost-Studie» von Rila steht sie bei den Deutschen mittlerweile an achter Stelle unter den Lieblings-Länderküchen - und damit vor der türkischen, US-amerikanischen, japanischen und französischen Küche. Das Unternehmen bemerkt die Vorliebe an einer verstärkten Nachfrage nach Hummus und anderen arabisch/orientalischen Produkten auf Hülsenfruchtbasis wie zum Beispiel Falafel-Mixe aus Kichererbsenmehl oder auch Pappadums (Linsenfladen).

Die Fülle solcher Produktneuheiten führt Carla Teixeira von PortugalFoods auf das Internationale Jahr der Hülsenfrüchte zurück. Von Mitte 2013 bis Mitte 2017 sind genau 27 058 neue Produkte auf den Markt gekommen, die Hülsenfrüchte enthalten. Bei den verschiedenen Produktkategorien hätten vor allem Fleischersatzprodukte mit einer Wachstumsrate von 451 Prozent zugelegt. Es folgen Pasta mit einem Anstieg von 295 Prozent und Snacks aus Bohnen mit einem Zuwachs von 128 Prozent. Die höchste Wachstumsrate war auf dem europäischen Markt zu verzeichnen: 39 Prozent mehr Produkte mit Körnerleguminosen eroberten hier die Lebensmittelmärkte. Spitzenreiter war das Vereinigte Königreich, in dem 19 Prozent der neuen Produkte in Europa zu finden waren, gefolgt von Frankreich (14 %) und Deutschland (13 %).

News

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Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Info

Das EU-Projekt TRUE
TRUE (Transition paths to sustainable legume-based systems in Europe) ist ein EU-weites Forschungsprojekt, dass Hülsenfrüchte bei den Verbrauchern wieder beliebter machen und ihren Anbau vorantreiben soll. Es läuft von 2017 bis 2021 und wird von der Europäische Union mit insgesamt 5 Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind 24 Projektpartner aus zehn Ländern – Kroatien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Griechenland, Ungarn, Irland, Portugal, Slowenien, Spanien und Kenia.
www.true-project.eu

 

Tipps

Rila hat in seiner Fernkoststudie fünf Genusstypen identifiziert: den Patchworker (Berufstätige mit Kindern), die Mama enWok, (Mütter, die über den Tellerrand schauen und alles in einen Topf bekommen möchten, den Joint-Adventure-Typ (junge, experimentierfreudige Köche in geselliger Runde), den Spritz-Tourist (Grenzgänger mit Würze und Spass am Essen) und die Ethno-Expertin (Vielgereiste mit Erfahrung/Wunsch nach mehr Authentizität). Sie stellen unterschiedliche Ansprüche an Einkauf und Produkte und wünschen sich Anregungen, Informationen und Auswahl. Ein Vollsortimenter sollte daher am Ball bleiben und schnell auf Trends setzen. Er sollte gegenüber dem Discount einen Mehrwert bieten und Nischen bedienen. Die Produkte sollten nach ihren Wünschen ansprechender und inspirierender präsentiert werden.

Bonduelle empfiehlt, die Regale im Handel nach 18 Uhr erneut zu befüllen. In der Zeit kurz vor Ladenschluss sei die Nachfrage nach Lebensmitteln, die sich schnell zubereiten lassen besonders hoch.

Müller’s Mühle zufolge kann der Händler mit einem breiten Sortiment Kompetenz ausstrahlen. Impulse lassen sich zur Grillsaison mit Zweitplatzierungen mit       modernen Rezepten für Salate und zum Start der Hauptsaison im September bringen.

Iglo weiss, dass der Lebensmitteleinkauf oft routiniert verläuft. Deshalb sei es wichtig, alte Gewohnheiten der Verbraucher mit neuen Inspirationen zu verknüpfen. Durch attraktive Platzierung und moderne Rezeptideen können Kaufimpulse gezielt und absatzrelevant aktiviert werden. TK-Hülsenfrüchte, deren Vorteile er von TK-Erbsen bereits gelernt habe, könnten hier einen Beitrag leisten.

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Weisse Bohnen sind eine Zutat in der mediterranen Küche.

Die dreieckigen Chips bestehen aus gepufftem Mais, Kichererbsen, roten Linsen, grünen Erbsen und schwarzen Bohnen. Im 50-g-Beutel.

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