Optimistische Stimmung

Mittwoch, 05. April 2017
Foto: Fotolia (xtock)

Der Schweizer Detailhandel hat ein weiteres schwieriges Jahr hinter sich. Die Ökonomen der Credit Suisse erwarten jetzt aber, dass sich die Lage 2017 entspannen wird. Allerdings wächst der Druck des Online-Handels.

Die Schweizer Wirtschaft hat den Frankenschock von Anfang 2015 mehrheitlich überwunden, und auch der Detailhandel zeigt nach schwierigen Jahren wieder eine Stabilisierung. Das ist eine zentrale Botschaft, die die Ökonomen der Credit Suisse im Januar 2017 in ihrem Branchenhandbuch „Retail Outlook 2017“ veröffentlicht haben. 
Für den binnenorientierten Detailhandel rechnen die Ökonomen der Credit Suisse 2017 mit einer allmählichen Stabilisierung der Umsätze. Im Vergleich zu den Rückgängen in den beiden Vorjahren bedeutet dies zumindest eine Entspannung. Zwar dürfte der Einkaufstourismus nicht mehr zunehmen, allerdings wird der Online-Handel weiter wachsen, was den stationären Handel belastet. Insgesamt dürfte der Privatkonsum aufgrund des rückläufigen Bevölkerungswachstums, der stagnierenden Kaufkraft und der unterdurchschnittlichen Konsumentenstimmung „verhalten wachsen“.
 

Schere wird größer zwischen Food und Nonfood 

Erste Anzeichen für eine leichte Verbesserung zeigten sich bereits 2016, wie der Marktmonitor der GfK Schweiz feststellt. Büßte der Schweizer Detailhandel 2015 noch 1,9 Prozent Umsatz ein, fiel der Rückgang 2016 mit minus 0,8 Prozent deutlich moderater aus. In vier Monaten – Februar, April, August und November 2016 – konnte sogar ein Plus erreicht werden.Die Unterschiede zwischen dem Lebensmittelhandel und dem Nonfood-Handel sind weiterhin augenscheinlich. Während der Lebensmittelhandel 2016 ein kleines Plus (0,1 %) erzielte, büßte der Nonfood-Handel 2,3 Prozent ein. Diese Schere hat sich weiter geöffnet, nachdem vor allem der Umsatz mit Mode, Textilien und Schuhen zurückging. Es gibt aber auch positive Ausnahmen im Nonfood-Handel – etwa den DIY-Handel. Beflügelt vom schönen Sommer, legten die realen Umsätze der DIY-Händler 2016 um rund 1,8 Prozent zu. Und: Abgekoppelt vom stationären Handel konnte der Schweizer Distanzhandel (Online- und Versand) 2016 weiter stark wachsen (s. Infokasten).

Kooperationen zwischen Online- und stationären Händlern

Ein für die Schweiz brisantes Thema ist der Einkaufstourismus, der auch 2016 trotz des mehrheitlich stabilen Franken/Euro-Kurses nicht zurückging. Erneut floss rund jeder zehnte von Schweizer Konsumenten ausgegebene Franken in die Kassen ausländischer – vor allem deutscher – Detailhändler. Immerhin zeichnete sich zuletzt eine Stabilisierung ab. Verschiedene Indikatoren deuten sogar auf einen leichten Rückgang des stationären Einkaufstourismus hin, doch im Online-Bereich dürfte der grenzüberschreitende Konsum nach Einschätzung der Credit Suisse weiter gewachsen sein. Aber nicht nur der grenzüberschreitende Online-Handel legte 2016 zu, auch die Schweizer E-Commerce-Anbieter haben erneut Marktanteile gewonnen. Angebotsseitig lancierten 2016 verschiedene Detailhändler ihre Online-Shops oder verfeinerten bestehende.

Es fanden auch Kooperationen zwischen puren Online-Händlern und stationären Anbietern statt, und branchenfremde, aber hochdigitalisierte Großunternehmen traten neu in den Markt ein. „Diese Trends dürften dem Online-Handel auch zukünftig zu einem starken Wachstum verhelfen“, prognostizieren die Autoren des „Retail Outlook“. Die strukturellen Entwicklungen im Handel hatten bereits in den vergangenen Jahren einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Ladenmieten. Nach Einschätzung der befragten Händler sind die Mietpreise der Verkaufsflächen zwischen 2014 und 2016 ausserhalb von Städten am meisten unter Druck geraten, in schlecht erschlossenen ländlichen Regionen um bis zu fünf Prozent. Stabil entwickelten sich einzig gut frequentierte Mietobjekte in der City sowie hervorragend erschlossene Verkaufsflächen in der Peripherie. Auch in den Shoppingcentern haben sich die Preise nach Angabe der Befragten unabhängig von der jeweiligen Centergrösse fast durchweg negativ entwickelt.

Leicht höheres Umsatzplus für Food-Handel erwartet 

Im Gegensatz zum boomenden Online-Geschäft geht die Credit Suisse für den Schweizer Einzelhandel 2017 von einer Stagnation der Umsätze aus – was nach den schwachen Vorjahren aber einer Stabilisierung gleichkommt. „Für eine dynamischere Erholung fehlen nach unserer Einschätzung deutliche Wachstumsimpulse aus der Gesamtwirtschaft“, heißt es. Da 2017 die Inflation in die Schweiz zurückkehren dürfte, wird die Konsumkaufkraft trotz geringfügiger Nominallohnerhöhungen kaum zunehmen.

Immerhin: Die Schweizer Wirtschaft dürfte 2017 um 1,5 Prozent wachsen, der Privatkonsum um ein Prozent. Der Einkaufstourismus wird sich voraussichtlich auf ähnlichem Niveau bewegen wie 2016. Für die Food- und Near-Food-Detailhändler sind die Aussichten der CS-Experten optimistischer: „Wir erwarten für den Food- und Near-Food-Handel 2017 ein leicht höheres Umsatzplus, und im Nonfood-Segment wird sich der Rückgang voraussichtlich abschwächen.“ Die Schweizer Detailhändler selbst sind ebenfalls optimistisch bei ihren Umsatz-und Gewinnerwartungen: 61 Prozent aller Händler planen für 2017 mit wachsenden Umsätzen, 44 Prozent mit höheren Gewinnen. Der Schweizer Detailhandel zeigt sich trotz aller Herausforderungen überaus selbstbewusst. Die Mehrheit der Top-Entscheidungsträger ist laut Umfrage der Meinung, dass man seinen direkten Mitbewerbern „eine Nasenlänge“ voraus sei.

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

Foto: Ben Pakalski

Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

stock.adobe.com/Seventyfour

Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

stock.adobe.com/Racle Fotodesign

In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Info

Der „Retail Outlook 2017“ erscheint in der Publikationsreihe „Swiss Issues Branchen“. Der Bericht wurde von der Abteilung Research der Division International Wealth Management der Credit Suisse erstellt. Die Credit Suisse AG ist einer der weltweit führenden Finanzdienstleister und gehört zur Suisse. Die Credit Suisse mit Hauptsitz in Zürich ist in über 50 Ländern tätig und beschäftigt etwa 47.690 Mitarbeiter.

 

Trend

Hort der Stabilität
Die Teuerung in der Schweiz bewegt sich insgesamt auf stabilem Niveau. Sie betrug im Dezember 2016 gegenüber dem Vorjahresmonat minus 0,1 Prozent, und die durchschnittliche Jahresteuerung lag 2016 bei minus 0,4 Prozent. Auch die Aussichten für die nächsten Jahre sind nicht anders. Für 2017 prognostiziert das Schweizer Bundesamt für Statistik eine Teuerung von null Prozent und für 2018 dann wieder eine leichte Erhöhung von 0,2 Prozent.

Quelle: GfK

 

Trend

Der Online-Handel in der Schweiz und die aktuelle Prognose der GfK Schweiz für die weitere Entwicklung.

  • 2016 kauften Schweizer Konsumenten für 7,8 Mrd. CHF Waren und Güter online, eine Steigerung von 8,3 Prozent gegenüber 2015.
  • Die Online-Auslandseinkäufe legen überproportional um 8 Prozent zu. 
  • Umsatzstärkste Sortimente sind Heimelektronik mit 1,8 Mrd. CHF und Fashion/Schuhe mit 1,54 Mrd. CHF.
  • Bei Food/Near Food werden erst 1,9 Prozent des Gesamtvolumens online eingekauft. 
  • Weiteres Online-Wachstum um 7 bis 10 Prozent. (Textil und Heimelektronik wachsen stärker)
  • Enormer Wettbewerb mit neuen Playern. (Aliexpress und Co. fl uten die Schweiz mit Paketen)
  • Polarisierung (wenige Riesen, viele Nischenanbieter)

„Blick in die Kristallkugel“ 2017 – 2020:

  • Die erste „one hour“-Lieferung in der Schweiz wird Tatsache.
  • Cross-Border-Einkäufe wachsen kontinuierlich und stärker als das „normale“ Online-Wachstum.
  • 20 Prozent Anteil am Nonfood-Retail in der Schweiz spätestens im Jahr 2019.
  • Die Leerstandsquote bei Ladenfl ächen erhöht sich substantiell.