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Konzerne unterhalten Treasury-Abteilungen, die Geldströme steuern und finanzielle Ressourcen bereitstellen. Auch der Mittelstand sollte solche Aufgaben professioneller angehen.
In Russland und in Tschechien betreibt die Globus Holding GmbH & Co. KG insgesamt 27 Hypermärkte. Das konzernunabhängige Familienunternehmen mit Zentrale in St. Wendel will in Osteuropa weiter wachsen. «Eine unserer Hauptaufgaben ist es, die finanziellen Mittel dafür bereitzustellen», sagt Markus Rietz, Leiter Treasury bei Globus. Rietz arbeitet dazu mit seinen international aufgestellten Hausbanken zusammen. Für Globus geht es im Rahmen der Expansionsstrategie darum, die Finanzierung der Projekte eigenkapitalschonend, fristenkongruent und zinsgünstig sicherzustellen. Treasury heisst Schatzkammer, der Treasurer ist der Schatzmeister. Damit sind dessen Zuständigkeiten angedeutet. Er steuert die hausinternen Geldströme mit dem vorrangigen Ziel, die jederzeitige Zahlungsfähigkeit zu garantieren. Er muss unnötige Zinskosten durch Kontobeziehungsweise Kreditrahmen-Überziehungen vermeiden und gleichzeitig Überschuss-Liquidität profi tabel und sicher anlegen.
Cybercrime im Mittelpunkt
Der Treasurer muss auch darauf achten, dass ihm seine Schätze nicht ab- handenkommen. Nicht erst seit der Heros-Pleite vor gut zehn Jahren, von der einige grosse Handelsbetriebe betroffen waren, ist das Risikobewusstsein gestiegen. Heute allerdings steht eher das Thema Cybercrime im Fokus. Treasurer wie Markus Rietz bewegen unter anderem die Sicherheit bei neuen Zahlverfahren – zum Beispiel das Projekt Instant Payments des Euro Retail Payments Board (ERPB). Danach werden Zahlungen, im Gegensatz zur klassischen Überweisung, künftig bereits innerhalb weniger Sekunden ausgeführt und auf dem Empfängerkonto gutgeschrieben. «Das birgt Gefahren, denn Betrüger sind erfi nderisch und haben Unternehmen schon in der Vergangenheit mit immer neuen Methoden attackiert», so Rietz.
Auch auf die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank müssen Treasurer reagieren. Einerseits sind langfristige Investitionsmittel preiswert zu besorgen. «Andererseits sind wir froh, wenn wir für kurzfristig freie Liquidität keine Strafzinsen bezahlen müssen», berichtet Rietz. Der Globus-Experte hat dazu mit seinen Hausbanken Maximalbeträge vereinbart. Sie defi nieren Obergrenzen, bis zu denen die Guthaben kostenfrei bei den Banken geparkt werden können.
Steuerung per Software
Treasury-Abteilungen organisieren und verwalten ihre Schätze üblicherweise mithilfe einer speziellen Software – bei Globus ist es eine Anwendung der österreichischen Reval GmbH, Tochterunternehmen der US-amerikanischen ION Group. Sie ist mit Funktionstools für die genannten Arbeitsfelder ausgestattet. Globus wickelt seine Treasury- Geschäfte über ein einziges Konto ab. Andere Händler haben ihre Filialen als eigene Gesellschaften mit eigenen Konten ausgegliedert. In diesen Fällen spielen Intercompany-Zahlungen und Haftungsverhältnisse eine wichtige Rolle. Die Software hilft hier nicht nur, den internen Zahlungsverkehr zu automatisieren, sondern auch bilanzielle Haftungen zwischen den Gesellschaften abzubilden. «Um Insellösungen zu vermeiden, sollten Handelsunternehmen auf ein System setzen, das neben weltweiter Konten-Transparenz und Intercompany-Zahlungen auch die Haftungsverhältnisse zwischen den Gesellschaften unterstützt», empfiehlt Philipp Leitner, Managing Director bei ION Treasury.
Software-Lösungen wie «Reval» verfügen darüber hinaus auch über eine Asset-Management-Anwendung. Ein Konzern wie Beiersdorf verwaltet darüber Wertpapier- und Geldmarktgeschäfte mit einem Volumen von rund zwei Milliarden Euro. Über das System werden alle Assets erfasst, verwaltet und über importierte Marktdaten täglich bewertet. Hierdurch sind Analysen auf aktueller Basis jederzeit möglich.
Nachholbedarf im Mittelstand
Wenn auch nicht in einer Dimension wie bei Beiersdorf: Mittelständler wollen ebenfalls ihr Geld profi tabel anlegen, ihre Transaktionen effektiv verwalten und ihre Finanzströme intelligent steuern. Allerdings geschieht dies eher nebenbei und ohne umfassende Software-Unterstützung. «Professionelles Cash Management spielte bis in die jüngste Vergangenheit in mittelständischen Unternehmen eher eine untergeordnete Rolle», stellt Prof. Dr. Volker Wittberg von der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld fest (siehe Interview). Seine Studie aus diesem Jahr zeigt, dass knapp 60 Prozent der Mittelständler nicht über ein softwaregestütztes Cash Management-System verfügen. Wittberg ist sicher: «Obgleich nicht jeder eine vollumfängliche Software benötigt, könnte mit professionelleren Systemen auch im Mittelstand rationeller gearbeitet sowie fi nanzielle Risiken, Zinslast und Transaktionskosten reduziert werden.»